Fahrraddieb zu Jugendarrest verurteilt
Auch wenn es für die Polizei schwer ist, einen Fahrraddieb zu schnappen, geht ihnen doch immer mal wieder ein Fisch ins Netz. So auch ein 18-Jähriger, der gestern unter anderem wegen mehreren Fahrraddiebstählen in Offenburg vor dem Amtsgericht zu Jugendarrest verurteilt wurde.
»Ich schätze, das ist nur die Spitze des Eisbergs«, sagte Richterin Ute Körner am Dienstag. Ihr gegenüber saß ein 18-Jähriger aus Offenburg, der sich vor dem Amtsgericht unter anderem wegen mehreren Fahrraddiebstählen verantworten musste.
Laut Anklageschrift von Isabell Rieger, Vertreterin der Staatsanwaltschaft, soll er im August 2016 mit weiteren, der Polizei bekannten Personen sieben Fahrräder am Omnibusbahnhof in Offenburg gestohlen haben. »Ich war halt dabei«, sagte er zu seiner Verteidigung. Einen weiteren Fahrraddiebstahl soll er dann im Oktober am Hallenbad in der Stegermattstraße begangen haben. Und am Gifizsee soll er einem 16-Jährigen das Fahrrad entwendet haben, nachdem dieser es ihm vorher laut Staatsanwaltschaft nicht für eine »angebliche Probefahrt« zur Verfügung stellen wollte.
Der 18-Jährige ohne Hauptschulabschluss stritt die Tat am Gifizsee ab. Ein Zeuge, der mit ihm befreundet ist, bestätigte den Diebstahl dann aber doch, auch wenn er sich zu Beginn seiner Aussage nicht mehr so genau an den Tag erinnern wollte. Der Zeuge provozierte Richterin Körner mit Aussagen wie »Ich will mich ohne meinen Anwalt eigentlich gar nicht äußern« und grinste sie dabei frech an.
»Er hat mich provoziert«
Neben dem Diebstahl in drei Fällen standen auch vorsätzliche Körperverletzung – er soll einer anderen Person in der Wasserstraße Höhe Zwingerpark drei Schläge ins Gesicht versetzt haben – und uneidliche Falschaussage vor dem Jugendschöffengericht in der Anklageschrift. Der 18-Jährige räumte die Taten ein und lieferte die Begründung: Das Opfer habe ihn provoziert. »Er ist immer frech.« Deshalb habe er ihn geschlagen. Und zur Falschaussage äußerte er: »Ich weiß, es war blöd. Ich habe nicht nachgedacht.«
Der Vater des Anklagten sagte vor Gericht, dass sein Sohn psychische Behandlung brauche. Auch wegen des Cannabis-Konsums. Eine Drogentherapie habe er bisher nicht geschafft, obwohl die Richterin ihn bei einer Verhandlung im Juli – unter anderem wegen Diebstahls, Einbruch und Mitführens von Betäubungsmitteln – neben 70 Arbeitsstunden auch zu Gesprächen mit der Drogenberatung verurteilt hatte. Da er sich nicht an die Auflagen hielt, musste er in Arrest. Das soll laut dem Vater des Angeklagten auch einen Eindruck auf seinen Sohn hinterlassen haben. »Ich traue mich nicht mal mehr, Kaugummis zu klauen«, sagte der Angeklagte.
Neue Taten auf dem Tisch
Dabei liegen der Staatsanwaltschaft laut Isabell Rieger inzwischen schon wieder neue Taten vor, die der Heranwachsende begangen haben soll. In ihrem Plädoyer forderte sie, erzieherisch stärker durchzugreifen. Sie hielt einen zweiwöchigen Arrest sowie die Aufforderung, ihn einem Betreuungshelfer zu unterstellen, für Tat und Schuld angemessen. Richterin Körner schloss sich dem Plädoyer an. Und verurteilte ihn zusätzlich zu 50 Stunden gemeinnütziger Tätigkeit, und er muss zweimal pro Monat ein Gespräch mit der Drogenberatung führen. »Es ist fünf nach zwölf«, gab sie dem 18-Jährigen mit auf dem Weg: »Reißen Sie sich am Riemen!«
Kriminalstatistik
1682 Fahrräder wurden 2016 in der Ortenau geklaut, davon allein 712 Räder in Offenburg. Zum Vergleich: 2015 wurden in der Stadt 545 gestohlene Räder der Polizei gemeldet. Das macht für 2016 einen Anstieg von 30,6 Prozent.
Die Aufklärungsquote lag 2016 auf die gesamte Ortenau bezogen übrigens bei 4,8 Prozent. Demnach wurden lediglich 80 der 1682 Fälle aufgeklärt.
Tipps von der Polizei, wie man sich vor Fahrraddieben schützen kann, gibt es auch auf www.bo.de/4h6.