Filialnetz der Sparkasse weiter auf dem Prüfstand
Für 2017 erwartet die Führungsriege der Sparkasse Offenburg/Ortenau erneut ein gutes Immobilienjahr. Allerdings sehen die Banker den Höhepunkt des Booms als erreicht an. Weiteres großes Thema bei der gestrigen Bilanzpressekonferenz: Die zunehmende Verlagerung der Kunden auf das Online-Banking wird Auswirkungen auf das Filialnetz haben.
»Die Geschäftsstelle ist wichtig und gehört weiter zum genetischen Code der Sparkassen«, sagte Karl Bähr. Gemeinsam mit seinen Vorstandskollegen Helmut Becker und Jürgen Riexinger machte Bähr gestern bei der Bilanzpressekonferenz der Sparkasse Offenburg/Ortenau aber zugleich deutlich, dass die digitale Revolution auch im Bankenwesen längst begonnen habe. 54 Prozent der deutschen Bevölkerung würden ihre Bankgeschäfte online erledigen, bei der Sparkasse Offenburg/Ortenau betrage der Anteil sogar 58 Prozent. »Diese Kunden nutzen nicht die klassische Filiale aus Glas und Beton, sondern die Internetfilialen«, erläuterte Bähr.
Auf der Internetseite der Sparkasse Offenburg gebe es 19 102 Besucher pro Tag. »Wir bräuchten 100 Mitarbeiter mehr, wenn diese Kunden in die Geschäftsstellen kämen«, so Bähr, der gemeinsam mit Helmut Becker zu einem bankengeschichtlichen Exkurs ausholte. Vor 50 Jahren habe es gerade mal 13 000 Bankfilialen in Deutschland gegeben. Durch die Einführung von Lohnkonten und Papierüberweisungen sei diese Zahl in den 90ern auf über 70 000 geklettert. Durch das Online-Banking sei die Entwicklung wieder rückläufig. Auch die Sparkasse Offenburg habe 2002 noch 75 Filialen betrieben, aktuell seien es nur noch 40.
Bähr erwartet in den nächsten zehn Jahren eine rasantere Entwicklung als in den letzten 50 Jahren zusammen. Was bedeutet das für das Filialnetz der Sparkasse? Es kommt auf den Prüfstand. Der Trend gehe zu größeren Zentren, wo der Kunde umfassende Beratung und Service erhalte, was vielleicht in einer kleineren Filiale nicht leistbar sei, machte Becker deutlich. Wenn eine Filiale geschlossen werde, will die Sparkasse auf jeden Fall das Angebot eines SB-Services am Ort aufrechterhalten, zum Teil in Kooperation mit der Volksbank, erklärte Bähr: »Bei unter 4000 Einwohnern ist ein Geldautomat alleine nicht wirtschaftlich zu betreiben.« Ob die Filiale in Zell-Weierbach wackelt, dazu gab es von der Sparkassenspitze auf Nachfrage keine Aussage. »Es gibt keine Beschlusslage«, sagte Jürgen Riexinger.
Er wisse, dass es auch nicht internetaffine Kunden gebe. Für diese habe die Sparkasse vor neun Jahren das Kundenservicecenter (KSC) aus der Taufe gehoben, so Bähr. In der Zentrale in der Bertha-von-Suttner-Straße würden 36 Mitarbeiter täglich von 8 bis 20 Uhr Kundenanfragen beantworten. 2016 waren es 325 000 Kundenanrufe – Tendenz steigend. Auch im Mobile-Banking mit dem Smartphone seien die Zahlen mit 7700 Kunden (+16 Prozent) steigend. Hier erwartet Bähr ein enormes Wachstum.
Markt genau beobachten
Beim seit Jahren andauernden Immobilienboom ist der Höhepunkt laut Bähr indes erreicht, auch wenn die Sparkasse 2016 wieder Baudarlehen in Höhe von 288 Millionen Euro ausschüttete und man für 2017 erneut ein gutes Immobilienjahr erwartet. »Durch die Niedrigzinsphase hat der ein oder andere investiert, der dies bei Normalzinsniveau nicht getan hätte«, so Bähr.
Die Nachfrage sei indes immer noch hoch: »Sie finden in Offenburg ja fast keine Mietwohnung.« Allerdings seien derzeit einige sehr große Bauvorhaben in der Pipeline und man werde nun sehr genau beobachten, »wie der Markt das aufnimmt«, merkte Riexinger an.
Wussten Sie, dass...
.die Sparkasse Offenburg/Ortenau 203 429 Kunden mit 158 000 Girokonten hat und damit Marktführer ist?
...2368 Familien im Jahr 2016 bei der Sparkasse eine Baufinanzierung abgeschlossen haben und 288 Millionen Euro Darlehen in Eigenheime fließen?
...die Sparkasse 2016 227 Immobilien im Wert von 46,7 Millionen Euro vermittelt hat?
...823 Mitarbeiter (697 Vollzeitstellen) bei der Sparkasse arbeiten?
...die Sparkasse 2016 28 Existenzgründungen ermöglicht hat und dabei 47 Arbeitsplätze geschaffen wurden?
...das Kreditinstitut über die Regionalstiftung 1,8 Millionen für 141 Projekte ausgeschüttet und 2016 weitere 912 000 Euro über Spenden und Sponsoring in die Region flossen?
...man mit dem neuen Service »Kwitt« via Messenger auf dem Smartphone Geld digital weiterleiten kann?