Fischmarkt ist für Wahlplakate tabu
Pappe und Papier sind geduldig. Das gilt besonders, wenn in wenigen Monaten der Wahlkampf für die Landtagswahl in Baden-Württemberg in die heiße Phase gehen wird und Offenburg wieder mit Wahlplakaten zugepflastert wirkt. Auch wenn es für manchen wie ein Schilder-Dschungel erscheint – fürs Plakate aufhängen gibt es Regeln.
Auf drei Landeshauptstädte wird die Bundespolitik am Abend des 13. März 2016 blicken – nach Stuttgart, Mainz und Magdeburg, wenn nämlich in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt Landtagswahlen anstehen. Dass der Wahlkampf seinen Höhepunkt erreicht hat, wird vor allem daran zu erkennen sein, dass überall in den Städten und Kommunen Wahlplakate hängen. Damit die nicht völlig unkontrolliert in und um Offenburg wuchern, gibt es Regeln.
Grundsätzlich dürfen Wahlplakate erst sechs Wochen vor der Wahl aufgehangen werden. Stichtag ist demnach der 31. Januar 2016. Die vermeintlich gute Nachricht: »Die Anzahl ist nicht begrenzt und die Erlaubnis wird gebührenfrei erteilt«, wie Oliver Basten von der Stadt Offenburg, der unter anderem als Wahlleiter tätig ist, dem OT auf Anfrage mitteilt.
Am Tag nach der Wahl müssen die Plakate weg. »Eine Karenzzeit von einer Woche geben wir aber«, ergänzt Basten. Bei den Wahlplakaten wird zwischen großflächigen, hochwertigen Plakaten, die beispielsweise als Dreiecksständer um Laternen stehen, und solchen aus Presspappe unterschieden.
Jede Sondernutzung der Straße, also auch das Aufstellen von Wahlplakaten und Infoständen, muss genehmigt werden. Wahlwerbung betreiben dürfen alle Parteien, Gruppierungen oder Einzelkandidaten, die offiziell bei einer Wahl antreten.
Doch aufgepasst: Verkehrszeichen, Schildermasten, Ampeln und andere Verkehrseinrichtungen wie auch Verkehrsinseln sind als Stand- und Aufhängeorte tabu. »Die Verkehrssicherheit hat Priorität, Plakate dürfen im Straßenverkehr nicht ablenken«, so Basten. Plakatfrei müssen auch über Gleise führende Brücken bleiben. Ist der passende Platz einmal gefunden, muss nur noch bedacht werden, dass »kein Bindedraht, sondern Plastikstrips zum Anbringen benutzt werden müssen«, warnt Basten. Am Wahltag selbst dürfe an den Wahllokalen keine Werbung hängen. »20 Meter Abstand gelten hier, um den Wähler nicht noch kurzfristig zu beeinflussen, bevor der im Lokal sein Häkchen macht.«
Auf dem Fischmarkt dürften wegen der Nähe zum Bürgerbüro die ganze Zeit über überhaupt keine Plakate hängen, denn: »Es kommen bereits im Vorfeld Wähler, die per Briefwahl wählen«. Oliver Basten rechnet mit etwa 500 bis 1000 Plakaten für die Wahl im kommenden März.
Nicht immer kommen Kandidaten gut weg. Auf Plakaten wird gekritzelt, manchmal wird ein fieser Spruch gesprüht oder Augen ausgemalt. »Frau Merkel bekam bei der letzten Bundestagswahl 2013 einen Bart zugeteilt«, verrät Oliver Basten.
Plakatieren muss gelernt sein
Bei Plakatierungen ohne Erlaubnis wird ein Bußgeld fällig, deshalb:
So geht es richtig:
◼ Ein Antrag muss zwei Wochen vor Plakatierungsbeginn bei der Straßenverkehrsbehörde eingehen.
◼ Plakatieren ist höchstens 14 Tage lang erlaubt.
◼ Erst zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn dürfen die Plakate aufgestellt werden, spätestens drei Tage nach Veranstaltungsende müssen sie entfernt werden.
◼ Genehmigt werden 20 Plakate (Ausnahme Zirkus: 40 Plakate), mit einer Gebührenmarke versehen.
Dort ist die Plakatierung verboten:
◼ an Bäumen und Baumgerüsten;
◼ auf Briefkästen, Mülleimern, Sicherungskästen;
◼ an Brückengeländern, auch auf der Kinzigbrücke;
◼ am Radweg entlang der B3 Richtung Bohlsbach, Rammersweiererstraße zwischen Carl-Blos-Straße und Goethestraße sowie am Geländer im Bereich der Bebauung der »Alten Pfalz« (Mauer am Stadtbuckel);
◼ innerhalb der Stadtmauer (Grabenallee/Bahngraben, Gustav-Rée-Anlage, Zwingerpark).
»Pro Jahr werden 450 bis 500 Erlaubnisse erteilt, das heißt, dass täglich zwischen 350 und 380 Plakate (ohne Wahlwerbung) in Offenburg angebracht sind«, erklärt Daniel Hetzel vom Fachbereich Tiefbau und Verkehr.
Plakatiert wird sechs Wochen vor Wahl
Haben die Parteien die Druckmaschinen denn schon angeworfen? Michael Braun hat zumindest schon einen Plan: »In den nächsten Wochen wird es Versammlungen mit den Ortsvorsitzenden geben«, so der Kreisgeschäftsführer des CDU-Kreisverbandes Ortenau. »Danach wissen wir, wie viele Plakate jeweils in den Wahlkreisen Kehl, Lahr und Offenburg gebraucht werden.« Beginnen mit dem Plakatieren würde man um Aschermittwoch herum mit Kandidaten-Plakaten und Slogan-Plakaten. Letztere seien allerdings noch nicht ausbaldowert. Mit prominentem Besuch rechnet die CDU ganz fest: »Die Kanzlerin wird eine Tour durch Baden-Württemberg machen, auch nach Südbaden«, verrät Braun. »Offenburg ist ein heißer Kandidat. Zumal wir Herrn Schäuble hier im Wahlkreis haben.«
»Wir plakatieren in Offenburg sechs Wochen vor der Wahl mit 40 bis 50 Dreiecksständern, verteilt im ganzen Stadtgebiet«, gibt derweil Julia Letsche von der SPD an. »Zusätzlich gibt es Großplakate der Landes-SPD für den Wahlkreis 51.« Landtagskandidat Daniel Kirchner werde nicht nur auf den Plakaten erscheinen, sondern laut Letsche auch »in echt«, beispielsweise auf dem Weihnachtsmarkt, aber auch auf den Wochenmärkten. Am politischen Aschermittwoch sei Prominenz möglich, »aber Genaueres ist noch nicht klar«.
Für Thomas Marwein und seine Partei beginnt der Wahlkampf erst im neuen Jahr, nach dem Dreikönigstag. Der Landesabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen ist sicher, dass die Wirkung gering wäre, »vorher groß in den Wahlkampf einzusteigen«. »Die Menschen sind da noch mit Weihnachten beschäftigt.« Danach aber werde man die Infostände auf dem Marktplatz aufstellen – unter einer Voraussetzung: »Wenn es stürmt oder schneit, bringt es nicht viel, alles ist witterungsabhängig.«
Dies sei laut Marwein sogleich der Nachteil des Winterwahlkampfes. »Das letzte Mal vor fünf Jahren begann der ein paar Tage später.« Besuch aus Berlin dürfte allen Wetterprognosen zum Trotz dennoch kommen: »Ich habe Cem Özdemir eingeladen.«
Bei der FDP ist auch schon das Gröbste durchgetaktet: Sechs Wochen vor der Wahl seien die Plakate dran, darunter 15 großflächige Plakate in der Ortenau, wie Johannes Huber, Kreisvorsitzender der FDP Ortenau, erklärt. »Hochrangige Politiker« seien ebenfalls zu erwarten: So sei unter anderem mit dem Bundesvorsitzenden Christian Lindner zu rechnen. Insgesamt sehe man sich »gut aufgestellt für die Landtagswahl«.
Diese Einschätzung teilt Taras Maygutiak auch – für seine AfD: »Umfragen meinen es gut mit uns«, so das Vorstandsmitglied des AfD-Kreisverbandes Ortenau. »Wir liegen derzeit bei etwa acht Prozent. Jede Woche legen wir um einen halben Prozentpunkt zu, das ist auch der Flüchtlingskrise geschuldet.« Mit dem Plakatieren werde man aber erst vier Wochen vor der Wahl beginnen. Er spricht auch von »jeder Menge Parteiprominenz«, darunter Frauke Petry und Alexander Gauland.