Offenburg

Geklautes Rad mitgenommen: 22-Jähriger verurteilt

Daniel Wunsch
Lesezeit 4 Minuten
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10. Januar 2017
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(Bild 1/2) Wer ein Rad in solch einem Zustand findet, der kann davon ausgehen, dass es sich um eine herrenlose Sache handelt. Im aktuellen Fall musste sich ein Angeklagter allerdings wegen Unterschlagung vor dem Amtsgericht Offenburg behaupten, weil er ein geklautes Damenrad mitgenommen hat. ©Simone Volk

Für den Angeklagten sah es so aus, als sei das Fahrrad, das er in der Offenburger Innenstadt fand, einfach weggeworfen worden. Er nahm es mit, musste sich nun aber des Vorwurfs der Unterschlagung vor dem Amtsgericht verteidigen. Denn: Das Rad war als gestohlen gemeldet.
 

»Ich habe das Rad mitgenommen, um es zu reparieren.« Mit diesen Worten vor der Urteilsverkündung versuchte der 22-jährige Angeklagte zu retten, was nicht mehr zu retten war: Wegen Unterschlagung eines Damenfahrrads bekam er eine Geldstrafe von zehn Tagessätzen à 35 Euro (350 Euro) von Richterin Eva Weckert aufgebrummt.

Laut Strafbefehl, der vom Vertreter der Staatsanwaltschaft, Rechtsreferendar Fabien Rohr, verlesen wurde, soll das vor einer Apotheke in der Innenstadt abgeschlossene Trekkingrad einer Geschädigten am 30. Mai 2016 entwendet worden sein. Irgendwann zwischen diesem Datum und dem 12. Oktober des vergangenen Jahres soll der Angeklagte daraufhin das Fahrrad – das zwischenzeitlich in der Okenstraße zwischen der Gewerblich-Technischen-Schule und der Stadtkirche abgestellt war – an sich genommen haben. An letzterem Datum wurde es bei ihm durch eine Streife der Bundespolizei festgestellt, die den Angeklagten im Bereich der Kehler Passerelle beim Drehen eines Joints erwischten. 

Herumgedruckst

»Auf die Frage, ob das sein Damenrad sei, druckste er herum und sagte, es sei das Rad seines Bruders. Nach der Überprüfung des Rahmencodes konnten wir feststellen, dass das Rad gestohlen gemeldet wurde«, so eine Polizeibeamtin. »Dass es so einen Code gibt,  war neu für mich«, meinte der Beschuldigte.

Detailgenau begann der Angeklagte zu erzählen, wie er an einem sonnigen Morgen irgendwann Anfang Juni vom Offenburger Bahnhof aus in Richtung Innenstadt gelaufen sei. Dabei sei ihm das Rad das erste Mal aufgefallen: »Es lag dort neben einem Gebüsch an eine kleine Mauer gelehnt – es sah ziemlich heruntergekommen aus, hatte platte Reifen, war zerkratzt, verschmutzt und hatte Äste in den Speichen.«

"Wiederherrichten"

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Zunächst sei er jedoch in die Stadt gegangen, um Erledigungen zu machen. Auf dem Rückweg sei er erneut an dieser Stelle vorbeigekommen und habe sich kurzerhand entschieden, das Rad mitzunehmen und »wiederherzurichten«. Viereinhalb Stunden habe er es daraufhin nach Kehl zurückgeschoben, wie er erzählte. »Konnten Sie sich nicht denken, dass das Rad geklaut wurde? Stellen Sie sich doch mal vor, Ihr Rad wäre geklaut worden und der Finder würde es behalten«, redete ihm die Richterin ins Gewissen. »Oder stellen Sie sich vor, ein Auto steht mit platten Reifen da, der Zündschlüssel steckt noch, würden Sie es dann auch einfach wegfahren?«

Dies sei etwas anderes, entgegnete ihr der Beschuldigte.­ Zudem habe das Rad so ausgesehen, als ob es niemandem mehr gehöre, wie ins Gebüsch geschmissen, herausgeholt und an die Mauer gelehnt. Herrenlos eben. »Ich dachte, wer dann etwas findet, darf es behalten.« 

»Schon im Kindergarten«

»Wer irgendwelche Sachen findet, gibt sie im Fundbüro oder der Polizei ab, auch wenn es nur 50 Euro sind oder sie zerstört sind«, bekräftigte die Richterin. »Das lernt man schon im Kindergarten.« Für den Rechtsreferendar und die Richterin war der Tatbestand der Unterschlagung auf alle Fälle gegeben, da der Angeklagte davon ausgehen hätte müssen, dass das Fahrrad irgendwann einmal aufgebrochen worden sein musste. Zumal er bei der Vernehmung durch die Polizei gesagt habe: »Ich habe mir schon gedacht, dass das Rad geklaut wurde, es sah aufgebrochen und weggeworfen aus.« In der Verhandlung schwächte er allerdings ab: »Es sah so aus, als wurde etwas damit gemacht.« 

Zehn Tagessätze

Da sich der angenommene Wert des Rads von ursprünglich rund 800, auf knapp 300 Euro – geschätzt durch die Polizeibeamtin – doch erheblich reduzierte und die Besitzerin ihr Rad wieder bekam, beließ es die Richterin bei zehn Tagessätzen à 35 Euro. Der junge Mann hatte vor knapp zwei Jahren schon eine Jacke aus einem Sportgeschäft mitgehen lassen.

Hintergrund

Herrenlose Sachen können nicht einfach eingesteckt werden

Eine Unterschlagung (Paragraf 246 StGB) begeht, wer sich eine fremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Gewahrsam hat, rechtswidrig zueignet. Der Unterschied zum Diebstahl besteht darin, dass der Täter dem Berechtigten die Sache nicht wegnimmt, da er sie bereits bei sich hat. Es handelt sich etwa um eine Unterschlagung, wenn jemand ein Fahrzeug mietet oder ein Buch aus der Bibliothek leiht und nicht zurückgibt. Herrenlose Sachen, zum Beispiel Dinge, die der Eigentümer weggeworfen hat, können nicht unterschlagen werden. Bei einer sogenannten Fundunterschlagung macht sich grundsätzlich derjenige strafbar, der Fundsachen nicht wieder dem Berechtigten zukommen lässt. Er muss mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe rechnen.  So zum Beispiel, wer einen Geldbeutel in einem Mülleimer findet, in dem EC-Karten oder Ähnliches drinstecken, und diesen für sich behält. Dabei ist es unerheblich, ob der Geldbeutel zuvor verloren oder geklaut wurde. wun

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