Gemeinschaft soll so lebendig bleiben
Die Evangelische Kirchengemeinde Gengenbach feierte gestern ihr 150-jähriges Bestehen seit der Neugründung mit einem Festgottesdienst. Landesbischof Jochen Cornelius-Bundschuh rückte in seiner Predigt Glauben, Mut und Weltoffenheit in den Fokus.
Ditmar Gasse, Dekan i. R. und seit August 2014, seit dem Weggang des Pfarrer-Ehepaars Mathis nach Den Haag, Vakanzpfarrer in Gengenbach, konnte gestern zwar keinen der anderen Ex-Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde aus terminlichen oder geografischen Gründen im Festgottesdienst begrüßen. Dafür war mit Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble ein besonders prominentes früheres Mitglied der Kirchengemeinde zu Gast. Und mit Jochen Cornelius-Bundschuh hielt der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Baden die Predigt zu einem »wunderbaren Anlass zum Feiern«. Dazu gratulierten vor dem Gottesdienst der danach verhinderte Christian Würtz namens der Katholischen Kirchengemeinde Vorderes Kinzigtal St. Pirmin und Bürgermeister Thorsten Erny, der sich über den Eintrag des Landesbischofs, seit 1. Juni 2014 in Amt und Würden, ins goldene Buch der Stadt freute.
»Wir wollen heute an die Neugründung vor 150 Jahren denken und danken, was seither folgte«, eröffnete Gasse, von 1973 bis 1989 Pfarrer dieser Kirchengemeinde den Festgottesdienst. Am Ostersonntag, 7. April 1865, hatten 69 Mitglieder erstmals wieder einen öffentlichen evangelischen Gottesdienst im Kaufhaussaal feiern können. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts hatte es als Folge der Gegenreformation keine evangelischen Gottesdienste mehr in Gengenbach gegeben. Nun war das 1970 erbaute Gotteshaus der heute 2690 Mitglieder zählenden Evangelischen Kirchengemeinde fast voll.
Der Landesbischof widmete sich der Frage, »was uns trägt, damit wir mit Mut und Hoffnung nach vorne schauen können.« Evangelischer Glaube, so Cornelius-Bundschuh, »schaut in die Bibel.« Und Jesus werde »immer noch viel zugetraut, auf sein Wort zu hören und vertrauen im Leben und im Sterben, mache Mut.«
»Idee des Friedens in mir«
»Ich habe doch die Idee des Friedens in mir«, zitierte der Landesbischof eine junge Frau, die er im Zuge des Ökumenischen Friedensdienstes kürzlich nach Israel und Palästina entsandte, um dort etwas zu bewegen. »Der Glaube schickt uns in die Welt«, betonte Cornelius-Bundschuh. Und Hermann Maas, nach dem das Gemeindezentrum in Gengenbach benannt ist und dessen Vater einst hier Pfarrer war, »hat früh gewusst, dass er Jesus folgt«, was Maas Vertrauen schenkte in seine Rettungsaktionen für viele Juden im Dritten Reich. »Fürchte dich nicht!«, nannte der Landesbischof »Gottes Zusage« gerade mit Blick nach vorne, die in den Fürbitten auch auf die Zukunft der Gengenbacher Kirchengemeinde bezogen wurde.
Anja Herrmann wünschte als Kirchengemeinderätin, dass sich möglichst jeder mit seinen Stärken für die Gemeinschaft einsetze. Bernd Feininger, Vertreter der Katholischen Kirchengemeinde, dachte an den ökumenischen Geist: »Lasst uns erst das Gemeinsame, nicht das Trennende suchen.« Bürgermeister Erny hob »die Verlässlichkeit zwischen Kirchengemeinde und Rathaus auch in Ohlsbach und Berghaupten« hervor, Moritz Jakl hofft als Vertreter der Jugend auf weitere »Kraft und Freude für Kinder und Jugendliche«, Diakon Titus Bongertz wünschte »das Bewahren dieser Dienstgemeinschaft.«
Die Sopranistin Konstanze Ruttloff, Jörg Backeberg (Cembalon/Orgel), Anne Daxer und Maria Eisenburger (Violinen), Christian Daxer (Violoncello), Dorothea Glander (Viola) und Simon Schäfer (Trompete) umrahmten unter anderem mit Bachs Kantate »Jauchzet Gott in allen Landen!« diesen Jubiläumsgottesdienst hochklassig.
Vorfreude auf 200-Jähriges
Nach einem Empfang im Hermann-Maas-Gemeindezentrum, wo Bernard Schmitlen für die Kirchengemeinde der elsässischen Partnerstadt Obernai gratulierte, wurde beim nahen Altstadtfest der Bürgergarde weltlich etwas weiter gefeiert – auch mit dem Landesbischof, den Gasse noch durch die Stadt führte. Ebenfalls in bester Erinnerung bleibt wohl die Fürbitte von Pauline Daxer: »Lass diese Gemeinschaft so lebendig bleiben – ich will auch das 200-Jährige mitfeiern, dann bin ich 58 Jahre alt.«