Gengenbachs Engelgasse wird barrierefrei
Bei zwei Gegenstimmen beschloss der Stadtrat, dass die Engelgasse im Zuge der ab März 2017 geplanten Tiefbauarbeiten der Stadtwerke einen behindertengerechten Laufweg erhält. Dieses komplexe Sanierungsprojekt wird am 25. Januar in einer Bürgerversammlung erläutert.
In der Ratssitzung am 21. September hatte Thomas Schnurr von den Stadtwerken mit dem Bauprojekt »Engelgasse« (siehe Info-Kasten »Hintergrund«) ein ganz besonderes vorgestellt. Schließlich handelt es sich um einen langwierigen Eingriff in die schönste Altstadtgasse Gengenbachs, diese touristische Top-Attraktion. Am Mittwochabend in der Stadthalle zeigte Meinrad Huber die Komplexität dieser Sanierungsarbeiten allein damit auf, dass 13 Büros oder Behörden involviert sind. Unter anderem Bodengutachter und Statiker sowie das Denkmalamt, das am 8. Dezember bei einer Vor-Ort-Besprechung dabei ist.
Denn nach den Tiefbauarbeiten soll die historische Oberfläche mit äußerst grobem Kopfsteinpflaster nicht nur mit den bisherigen altehrwürdigen Steinen wieder versehen werden, die vollends einen romantischen, aber holprigen Spaziergang bescheren, sondern auch mit einem behindertengerechten Laufweg. »Wir wollen älteren Menschen mit Rollator und natürlich Rollstuhlfahrern unsere wunderschöne Engelgasse nicht vorenthalten«, erklärte Bürgermeister Thorsten Erny diesen Vorstoß der Stadtverwaltung. Und Barrierefreiheit sei ein immer wichtigeres Kriterium bei Bauvorhaben. 1,0 Meter breit – vielleicht auch 1,20 Meter – soll dieser Laufweg werden, angepasst an den denkmalgeschützten Bereich. Vor der Stadtkirche St. Marien sei eine vergleichbare Oberflächengestaltung schon gelungen, so Erny. Während Dieter Halsinger (Grüne Liste) einen solchen Laufweg als »Selbstverständlichkeit« bezeichnete, äußerte Daniela Ahne (CDU) große Bedenken, dass dies in der sensiblen Engelgasse optisch gut gelingen könne. Wie Parteikollege Achim Fuchs stimmte sie gegen einen solchen Laufweg, die klare Mehrheit begrüßt indes diese bleibende optische Veränderung und auch die Mehrkosten.
Kostenfrage noch offen
Wie diese Mehrkosten seien derzeit noch keine Kosten zu beziffern, erklärte der Bürgermeister. All die dafür nötigen Untersuchungen seien am Laufen: »Es ist eben eine der kompliziertesten Baumaßnahmen, aber die Engelgasse wird dann im Untergrund eine der modernsten Straßen überhaupt« – sogar mit Glasfaserleitungen direkt in die anliegenden Häuser. Die Kostenfrage soll wie andere Fragen am 25. Januar in einer Bürgerversammlung in der Stadthalle beantwortet werden.
Sanierungsbedarf
Im Frühjahr erhielten die Stadtwerke Erdgas-Versorgungsanfragen für die Engelgasse. Bei der technischen Klärung mit den bestehenden Ver- und Entsorgungssystemen sei dann, erklärt Thomas Schnurr von den Stadtwerken, »der umfangreiche Sanierungsbedarf mitsamt schwierigen örtlichen Verhältnissen deutlich.« Denn der Abwasserkanal sei älter als 100 Jahre, anno 1906 seien dort Leitungen für Regenwasserableitung verlegt worden. In den 1960er-Jahren kam noch Abwasser dazu. Diese Versorgungsleitungen seien aus Steinzeug und weisen auch einen »minimalen« Durchmesser von 25 Zentimetern auf, »ein hydraulisch sehr knappes System«, so Schnurr, ein Wasserrohrbruch hätte hier drastische Folgen. Und die Trinkwasserleitungen seien rund 80 Jahre alt. Bei der Verlegung von Gasversorgungsleitungen und eventuell zusätzlichen Leitungen für Strom und Breitband könnten diese alten Leitungen ausgetauscht werden.
»Alleine 45 Hausanschlüsse bedeuten zusätzlichen enormen Aufwand«, betont Schnurr. Und natürlich sei dies »keine ideale Baustelle«, schließlich sei die Engelgasse eine touristische Top-Attraktion. »Aber irgendwann müssen wir dort rein«, so Schnurr, »wir wagen das bei allen Risiken dieser Großbaustelle.« Angefangen bei der Bäckerei Kölmel/Alte Post bis zum Haus Schuler hat diese Baustelle eine Länge von 190 Metern. mf