Holderstock-Großeinsatz: Menschen wohnen dort trotz Verbot
Unterstützt durch ein Großaufgebot der Polizei haben Mitarbeiter der Stadt Offenburg am Mittwochmorgen ein Gebäude der ehemaligen Holderstock-Kaserne kontrolliert. Das Haus wurde offenbar zum Wohnen genutzt, obwohl das dem Eigentümer untersagt war. Noch unklar ist laut Stadt, ob der Eigentümer auch schwarz abkassiert hat.
In Städten wie Gelsenkirchen oder Duisburg ist es längst ein ausgemachtes Problem: Leer stehende Mietshäuser werden für wenig Geld gekauft und vorzugsweise an Menschen aus Südosteuropa vermietet. Der Vermieter muss sich um nicht viel kümmern und kassiert trotzdem ab. Möglicherweise ist so ein Fall nun auch im wohlhabenden Offenburg zu verzeichnen, wo es – anders als im Ruhrgebiet – eigentlich nur wenige größere leer stehende Immobilien gibt.
Gemeinsam mit der Polizei hat die Stadt Offenburg am Mittwochmorgen das Gebäude Eckenerstraße 9 im Norden der Stadt kontrolliert, das früher Teil der Holderstock-Kaserne gewesen ist. Die offiziellen Angaben der Behörden lesen sich wie aus dem Drehbuch zu einem Fernsehkrimi: 70 Mann der Polizei fahren um 6 Uhr am Morgen mit Mannschaftswagen vor, umstellen das Gebäude, klingeln die Bewohner aus dem Bett und überprüften die Personalien von etwa 70 Menschen.
»Kein geeignetes Haus«
Der Grund: Obwohl dies dem Eigentümer ausdrücklich untersagt worden war, wurde das Gebäude zum Wohnen genutzt. »Es ist kein geeignetes Wohnhaus«, betonte der städtische Pressesprecher Wolfgang Reinbold gestern. Insbesondere der Brandschutz sei »nicht gewährleistet«. Zudem bestehe der Verdacht, dass der Vermieter »schwarz abkassiert«, so Reinbold. Soll heißen: Die Mieter bezahlen das Geld in bar, und der Eigentümer führt keine Steuern ab.
Bei den Menschen, die dort wohnen, handle es sich in erster Linie um »Arbeitsmigranten«, wie es Reinbold formuliert, teilweise auch aus Nicht-EU-Ländern. Auch zwei Familien seien darunter. Illegale Aufenthalte hätten sich bei der Kontrolle so gut wie nicht ergeben, aber: Viele der Bewohner seien gar nicht in Offenburg gemeldet, sondern in Hohberg, wo der Eigentümer auch ein Objekt besitze.
Laut Reinbold hatte die Stadt das Gebäude schon länger im Visier. Bereits vor einigen Monaten sei dem Eigentümer die Nutzung des Gebäudes zum Wohnen untersagt worden. Der Eigentümer sei dieser Untersagung allerdings nicht nachgekommen – der Grund für den gestrigen Termin, bei dem Mitarbeiter der Offenburger Baurechtsbehörde vor Ort waren. Dass in dem Haus immer noch Menschen leben, war offensichtlich durch Zufall herausgekommen: Eine Mutter hatte ihr Kind in einer Offenburger Schule anmelden wollen, gab aber eine Wohnadresse in Hohberg an, so Reinbold. Es habe sich herausgestellt, dass sie in der Eckenerstraße wohnt.
Der Eigentümer sei jetzt aufgefordert worden, Ersatzunterkünfte für die Bewohner bereitzustellen. »Für den Fall, dass das Gebäude innerhalb einer Frist von drei Wochen nicht geräumt wird, wurde die Räumung des Gebäudes durch die Stadt angekündigt«, heißt es in der gestern verschickten Pressemitteilung der Stadt.
Vorsichtsmaßnahme
Die Amtshilfe durch die Polizei war laut Reinbold eine Vorsichtsmaßnahme. »Wir wussten nicht, wen wir alles antreffen.« Weder habe man gewusst, ob »man auf irgendwelche Aggressivitäten stößt« noch gewollt, »dass jemand abhauen kann«. Polizei-Pressesprecherin Karen Stürzel gibt zu bedenken, dass das Gebäude relativ groß sei. »Da fahren wir nicht mit dem Streifenwagen vor.« Hauptsächlich seien Mitarbeiter des Polizeireviers vor Ort gewesen, aber auch von der Bereitschaftspolizei. Wie Stürzel betont, sei »alles reibungslos vonstatten gegangen«, kurz nach 9 Uhr sei der Einsatz beendet gewesen. Die Polizei habe lediglich kleinere Verstöße notiert, zum Beispiel gegen das Ausländerrecht.
Was das weitere Verfahren betreffe, liege nun die Verantwortlichkeit bei der Stadt. Im Rahmen des Ordnungswidrigkeitsverfahrens müsse der Eigentümer ein Bußgeld bezahlen, so Reinbold. Unter Umständen kommt auf den Eigentümer noch ein strafrechtliches Verfahren zu. Das hängt davon ab, ob sich der Verdacht der Steuerhinterziehung erhärtet.
Betroffen seien übrigens auch andere Objekte des Vermieters. Dieser, ein Unternehmer aus Offenburg, besitzt laut Reinbold neben dem Gebäude in Hohberg noch Büros. Nicht bestätigen konnte Reinbold, dass auch ein Rechner beschlagnahmt wurde.
Holderstock
Das frühere Kasernenareal »Holderstock« wurde Anfang der 90er-Jahre von der französischen Armee geräumt. Es wurde zunächst vom Land als Reservestandort für die neue JVA freigehalten. In den zurückliegenden Jahren haben sich dort mehrere Betriebe angesiedelt. Auch Asylbewerber leben dort.