Helfer beim Eingewöhnen

15 Offenburger kümmern sich um Flüchtlinge

Kirsten Pieper
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23. April 2014
Vor dem Eingang des Cafés International bei der evangelischen Stadtkirche: (von links) Heinrich Waldschütz, Christel Kummerlöwe-Kist, Taranjee Kaur Minglani, das Ehepaar Maryam und Saryari Ali sowie Sediqua Ahmati mit Sohn Ali auf dem Arm, Sohn Abulfazl und Tochter Mina.

Vor dem Eingang des Cafés International bei der evangelischen Stadtkirche: (von links) Heinrich Waldschütz, Christel Kummerlöwe-Kist, Taranjee Kaur Minglani, das Ehepaar Maryam und Saryari Ali sowie Sediqua Ahmati mit Sohn Ali auf dem Arm, Sohn Abulfazl und Tochter Mina. ©Anja Walz/Stadt Offenburg

Ob Wohnungssuche, Arzttermine, Hausaufgabenhilfe oder Behördengänge – Christel Kummerlöwe-Kist und Heinrich Waldschütz sind zwei von 15 Frauen und Männern, die sich ehrenamtlich um Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft der Lise-Meitner-Straße kümmern.

Unterstützt werden die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer von Hauptamtlichen wie Katharina Lindner vom Sozialdienst des Migrationsamts beim Landratsamt Ortenaukreis oder Giles Stacey, der seit 17 Jahren den Asylbereich bei der Diakonie leitet und das Café International ins Leben gerufen hat. Dort, im Anbau der evangelischen Stadtkirche, können sich Flüchtlinge aus der gesamten Ortenau treffen. 

»Ohne unsere Ehrenamtlichen wäre es nicht möglich, die Menschen so schnell zu integrieren«, sagt Katharina Lindner. In den vergangenen Monaten seien einige Anfragen zur Ehrenamtsarbeit bei ihr gelandet. »Ein Zeichen, dass in der Bevölkerung das Bewusstsein um die Situation der stets zunehmenden Zahl von Flüchtlingen in der Ortenau geweckt wird.« Rund 820 Flüchtlinge aus 27 Nationen leben derzeit in sogenannten Einrichtungen der vorläufigen Unterbringung im Ortenaukreis, davon 202 in Offenburg.

»Es wäre super, wenn jede Familie einen Ansprechpartner für ihre Angelegenheiten hätte«, wünscht sich Katharina Lindner. »Unsere Ehrenamtlichen im Alter ab 20 Jahren bis ins Seniorenalter setzen sich in unterschiedlichen Bereichen ein, die sie sich selbst aussuchen können – von Kinderbetreuung über Sprachkurse und Freizeitangebote wie gemeinsamem Kochen bis hin zur Wohnungssuche.«
Nicht selten ist auch eine Integrationspatenschaft, eine sogenannte Rund-um-Betreuung. Das heißt, die Ehrenamtlichen bringen sich je nach Bedarf in mehreren Bereichen ein. Im Migrationsamt gibt es regelmäßige Treffen, wo sich die derzeit drei Sozialarbeiter oder Sozialarbeiterinnen mit den Ehrenamtlichen austauschen. »Unsere Helfer sollen sich gut begleitet fühlen«, sagt Lindner.

Selber Fluchterfahrung
Christel Kummerlöwe-Kist hat nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben mit der Hausauf­gabenbetreuung im Übergangswohnheim in Bohlsbach begonnen. Derzeit unterstützt sie zwei Familien. Für ihre irakische vierköpfige Familie – Mutter und drei Söhne im Alter von 13 bis 15 Jahren – hat sie gerade eine Wohnung in Bühl gefunden. »Zunächst waren die Vermieter skeptisch, aber der älteste Sohn ließ nicht locker und so konnten wir gemeinsam überzeugen, dass sie die richtigen Mieter sind«, freut sich die gelernte Erzieherin. Der Zusammenhalt beim Umzug war grandios, strahlt Kummerlöwe-Kist. Andere Ehrenamtliche und auch ihr Mann haben mit angepackt.

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Kummerlöwe-Kists zweite Familie kommt aus Afghanistan. Hier ist sie einmal in der Woche für rund zwei Stunden und hilft den beiden Geschwistern, einem Mädchen (10) und einem Jungen (8), zumeist bei den  Hausaufgaben. Warum gerade diese Art von ehrenamtlicher Arbeit? Die Antwort kommt spontan: »Zum einen hatte ich durch meinen Beruf als Erzieherin immer Kontakt zu Migranten. Zum anderen war ich selbst Flüchtling, als ich vor dem Mauerbau aus der DDR nach Bayern flüchtete und dort leider auf große Ablehnung stieß. Solche Erfahrungen prägen sehr.«

Heinrich Waldschütz leitet mit vier weiteren Kollegen den Sprach­unterricht in der Gemeinschaftsunterkunft. Einmal in der Woche unterrichtet der pensionierte Schul­leiter acht bis zehn Erwachsene unterschiedlicher Nationalitäten. Er sieht den Sprachunterricht als »Schlüssel zu allen relevanten Lebensfragen«. Man werde dadurch Ansprechpartner für alle Belange, sei es die neue Kultur, das gesellschaftliche Selbstverständnis oder die Verarbeitung der Ängste aus der Vergangenheit oder der Zukunft. Praktische Übungen wie das gemeinsame Einkaufengehen seien elementare Erfahrungen für die Flüchtlinge. Seit zwei Jahren hilft er und habe nur positive Erfahrungen gemacht.

Beide Ehrenamtliche loben den Kontakt zu den Hauptamtlichen, der von guter Zusammenarbeit und gegenseitigem Respekt geprägt sei. So auch mit Giles Stacey. Seine Aufgabe besteht darin, die Migranten während des Asylverfahrens zu begleiten. »Ich übersetze den Menschen das Verwaltungsdeutsch des Bundesamts für Migration«, schmunzelt der Di­plomsozialarbeiter. Einmal im Monat öffnet er das Café International bei der evangelischen Stadtkirche, ein Beratungsangebot der Diakonie, finanziert von der Evangelischen Landeskirche Baden. »Hier können sich die Erwachsenen bei Kaffee und Kuchen austauschen, während sich eine Kinderbetreuung um die Kleinen kümmert.«

Netzwerk funktioniert
Überhaupt funktioniert das Netzwerk in der Ortenau perfekt, sei es mit dem Ökumenischen Arbeitskreis Asyl oder den einzelnen Vereinen. »Jeder ist mit jedem vernetzt«, lobt Stacey das erfolgreiche Networking. Viele Ehrenamtliche seien schon lange mit dabei, wegen des Zeitfaktors meist Personen im Rentenalter. »Wir freuen uns über jeden Ehrenamtlichen, der bei uns anklopft«, sagt Katharina Lindner. Kontakt: • 0781/73 99 13 oder katharina.lindner@ortenaukreis.de und Giles Stacey (• 0781/9222-17 oder giles.stacey@diakonie.ekiba.de) auf viele interessierte Bürgerinnen und Bürger, die sich engagieren möchten.

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