Hilfe für Opfer von Vergewaltigungen
Das Offenburger Frauennetzwerk hat gestern mit 20 Frauengruppen vor dem Rathaus »Nein zu Gewalt an Frauen« gesagt. Als Zeichen hissten sie drei Fahnen, die den Forderungen Nachdruck verleihen sollen. Vor Ort war auch der Frauenarzt Michael Schröder vom Ortenau-Klinikum Offenburg. Er erläuterte das neue Verfahren der »vertraulichen Spurensicherung« bei Vergewaltigungsopfern.
Offenburg. Zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen haben gestern Vormittag Offenburger Frauengruppen Flagge gezeigt. Mit Informationsmaterial versorgten sie die Passanten vor dem Rathaus und klärten über Missstände auf. Etwa darüber, dass in Deutschland ein Verfahren wegen Vergewaltigung nur in 13 Prozent aller Fälle mit einer Verurteilung endet. Brigitte Graulich von »Aufschrei«, Ortenauer Verein gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Erwachsenen, macht sich unter anderem für eine Reformierung des Strafrechts »Paragraf 177 StGB« stark. Das Nein einer Frau müsse ein Nein bedeuten. Schon eine sexuelle Handlung ohne Einverständnis müsse strafbar sein, fordert sie, was bislang nicht der Fall sei.
Die Unterschriftenliste, die gestern auslag, will die Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Offenburg, Regina Geppert, am Tag der Menschenrechte am 10. Dezember Bundesjustizminister Heiko Maas zukommen lassen, um auf das Unrecht im Strafrecht hinzuweisen.
In Form eines Interviews stellte Regina Geppert dem Gynäkologen Michael Schröder Fragen über die »vertrauliche Spurensicherung«. Dieses Verfahren gibt es seit zwei Jahren am Ortenau-Klinikum Offenburg. Vergewaltigungsopfer können dort Spuren aufnehmen lassen, müssen aber nicht direkt Anzeige erstatten. Die Spuren werden im Klinikum aufbewahrt, bis sich das Opfer entscheidet, eine Anzeige zu erstatten – egal ob nach vier Tagen, vier Wochen oder vier Jahren. »Die Entscheidung zur Anzeige fällt vielen Opfern schwer«, sagt Schröder. »Wir Ärzte aber haben den zeitlichen Druck, die Spuren so schnell wie möglich zu sichern, damit sie vor Gericht Bestand haben«, erläutert er das Dilemma. Durch die »vertrauliche Spurensicherung« könne dieser Druck von den Opfern genommen werden.
Dunkelziffer viel höher
Im vergangenen Jahr kamen 20 Vergewaltigungsopfer ins Klinikum, um Spuren aufnehmen zu lassen, berichtet Schröder. Die Dunkelziffer liege aber um den Faktor zehn bis 20 höher. In einem Fall habe die »Vertrauliche Spurensicherung« bereits Erfolg gezeigt. Ein Opfer sei nach einigen Tagen zurückgekommen und erstattete Anzeige gegen seinen Vergewaltiger.
Auch die Frauen vom »Verein Frauen helfen Frauen« waren am Stand dabei. Karin Treeck, eine der Vorstandsfrauen, richtet ihren Appell an die Politik: »Wir brauchen viel mehr Geld, um den Platzbedarf im Frauenhaus auszubauen.« Seit Anfang des Jahres habe der Verein schon 165 Frauen mit deren 176 Kindern abweisen müssen.
Heidi Bange von der Offenburger Ortsgruppe von Amnesty International wies auf die Situation von Frauen in El Salvador hin: Dort sei Abtreibung, auch nach Vergewaltigungen, strafbar und werde mit bis zu sechs Jahren Haft geahndet. Gegen diesen Missstand sammelte sie Unterschriften.