OT-Dorfcheck (15)
Dossier: 

Diersburg: Leben in der Toskana der Ortenau

Klaus Krüger
Lesezeit 5 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
04. Juli 2015
Bürgermeister-Stellvertreter Billy Hättig sieht in Diersburg eine gute Gemeinschaft am Werk.

Bürgermeister-Stellvertreter Billy Hättig sieht in Diersburg eine gute Gemeinschaft am Werk. ©Iris Rothe

Wie gut sind unsere Dörfer? Gibt es noch Friseure, Bäcker oder Gaststätten im Ort? Im OT-Dorfcheck nehmen wir die Stärken und Schwächen der Ortschaften unter die Lupe. Heute: Diersburg.

Wilfried »Billy« Hättig, der stellvertretende Bürgermeister, ist ein Schlitzohr – unser Gespräch über Diersburg führen wir an der Boccia-Bahn. Das gibt gleich Pluspunkte für den Ort: Hier, oberhalb der Tennisplätze, ist es idyllisch schön. Und die Bocciabahn zeigt auch, wie Diersburgerin und Diersburger ihren Ort leben – sie halten zusammen. Beim Bau der Bahn, erst als reichlich verstiegene Kopfgeburt von Billy Hättig belächelt, halfen die Diersburger genauso zusammen wie bei der 750-Jahr-Feier 2007.

Von daher gesehen zieht auch der liebevolle Witz nicht, der in Hohberg kursiert: Neil Armstrong besucht Deutschland. Dann will er Diersburg sehen, weil er schon immer mal wissen wollte, wie es hinterm Mond aussieht. Darüber lachen die Diersburger, weil’s halt nicht stimmt. Und Billy Hättig nutzt seine Stunde mit der Presse, um zu beweisen, wie wenig sein Diersburg tatsächlich hinter dem Mond liegt.

»Wir sind die Toskana der Ortenau«, entgegnet er selbstbewusst. Und der Ort hat, wovon andere träumen: Feriengäste. Manche kommen regelmäßig seit den 1960er-Jahren. Einfach schön seien etwa der Schlosspark und der Steinbruch. Das Dorf hat seine anheimelnden Winkel. Dazu seit 700 Jahren ein Adelsgeschlecht (Roeder von Diersburg), das eine durchaus prägende Rolle für den Ort einnimmt. »Man kann hier heile Welt leben«, sagt Billy Hättig. Das Bild wird von Vereinen abgerundet, die »wahnsinnig gut« zusammenhalten und denen Neid fremd sei. Das drücke sich auch da­rin aus, dass einen jeder grüßt, auch wenn er den anderen nicht kennt – wie es Wilfried Hättig selbst erlebte, als er vor über 20 Jahren aus Offenburg hierher zog.

Wie wenig die Diersburger hinterm Mond leben, zeige sich auch an der Bäckerei Feißt – die habe »schon ewig« sonntags Brötchen verkauft, als andere noch gar nicht daran dachten. Entsprechend lang waren die Schlangen, auch von Auswärtigen.

Im Ort gebe es mit dem Lebensmittelmarkt die Grundversorgung, und dann so erstaunliche Dinge wie ein Geschäft für Fernsehtechnik, Elektronik und Computersachen. Ein Wunsch wäre eine Tagesbetreuung für Pflegebedürftige – die übernehme heute das Betreute Wohnen als Nachbarschaftshilfe, aber besser wäre ein stationäres Angebot. Das ehemalige Gasthaus Hirsch wird abgerissen, vielleicht könnte da ein entsprechender Neubau entstehen – spekuliert der stellvertretende Bürgermeister. Ein Haus in der Ortsmitte für Pflegebedürftige ist also einer der Wünsche Hättigs – bisher orientieren sich die Diersburger eher nach Hofweier, ins Haus Sonnenschein.

Die Busverbindungen nach Zunsweier und Lahr hat der Gemeinderat vor Kurzem verbessert, wobei entscheidende Impulse aus der Bevölkerung kamen. »Der Bus aus Zunsweier stand auf halber Strecke, jetzt fährt er bis zu uns.«

- Anzeige -

Eigener Treff

Die Jugend hat ihren eigenen Treff – hinter dem ehemaligen Schwimmbad. Schön abgelegen, ist das ideal für Jugend und Erwachsene. Von Problemen hat er nicht gehört. An Schulen sei in Hohberg auch fast alles vorhanden. Die eigene Grundschule arbeite prima.

Die zwei Kneipen (Linde und Kegelstube) reichen und decken laut Billy Hättig alles ab, was man sich wünscht; einschließlich des gut besuchten Rentnerstammtischs.

Und wenn’s noch so schön ist – auch Diersburg ist nicht perfekt. Billy Hättig hat Wünsche. Einer betrifft die schlechte Internetverbindung. Hättig: »Die ist nicht so doll.« Man sei dran, eine wirkliche Lösung gebe es aber noch nicht. Hättig kann sich die Versorgung via Satellit vorstellen. Und dass beim Bau des Radweges von Zunsweier nach Hofweier kein schnelles Internetkabel verlegt wurde, ist für ihn ein echtes Versäumnis.

Wenn man so gerne Diersburger ist, dann fällt es manchen schwer, gleichzeitig Hohberger zu sein. Das hat Hättig bei den Älteren ausgemacht, doch das ändere sich zunehmend. Weitere Wünsche? »Bessere Straßen«, sagt Billy Hättig und lacht – wohl, weil das Problem viele Orte betrifft. Aber die Straße ins Diersburger Hintertal hätte eine Frischzellenkur wirklich bitter nötig. Vielleicht  sollte man hier warten, bis das Hochwasserschutzbecken gebaut sei – was sich wegen der Einwendungen verzögert hatte. Hättig: »Mittlerweile haben die meisten Leute erkannt, es ist notwendig.« Sei es einmal gebaut, sehe man es kaum. Aber man brauche es. Die Mehrheit der Diersburger habe sich das Becken in Niederschopfheim angesehen und sage jetzt: »Da sieht es gut aus.«

Schlagen wir einen Bogen zurück zu dem Diersburger Ereignis, der 750-Jahr-Feier. In zwei Jahren jährt es sich zum zehnten Mal – und viele denken darüber nach, ein kleines Revival zu machen. Die Vereine haben sich deswegen schon getroffen. Billy Hättig: »Das geht aber nur, wenn viele mitziehen.« Doch es müsste schon mit dem Teufel zugehen, wenn die Diersburger das nicht schaffen – schließlich halten sie ja zusammen, wie wir jetzt wissen.

Weitere Artikel aus der Kategorie: Offenburg

Kassenverwalterin Petra Hertwig, Elisabeth Braun und Barbara Oschwald-Häg (von links) beraten und informieren im eigens für die Nachbarschaftshilfe geschaffenen Büro im Rathaus Waltersweier.
vor 2 Stunden
Neue Helfer sind immer willkommen
Versammlung der Nachbarschaftshilfe Waltersweier: So viele Einsätze wurden 2023 absolviert und über diese Zertifizierung freut man sich besonders.
Der neue Empfangstresen im Foyer wird zu zwei Seiten passierbar sein.
vor 2 Stunden
Freizeitbad in Revision
Am Montag endet der Umbau des Offenburger Freizeitbads Stegermatt. Ein umgestaltetes Foyer mitsamt neuem Kassensystem soll in der kommenden Saison für kürzere Wartezeiten sorgen.
Schäuble-Nachfolger bei „Kälte-Huber“ zu Besuch (von links): Bärbel Huber, Hannes Grafmüller (MIT), Johann Riemenschneider, Claudius Wurth, Jens Herbert (Vorsitzender CDU-Stadtverband), Klaus Lauble, Ben Huber, Bundestagsabgeordneter Stefan Kaufmann, Joe Huber, Anne Nickert, Daniel Huber, Beatrice Geiler und Helga Gund.
vor 5 Stunden
Stefan Kaufmann bei "Kälte-Huber"
Schäuble-Nachfolger in Offenburg zu Gast: Der CDU-Bundestagsabgeordnete, Stefan Kaufmann, hat die Firma Peter Huber Kältemaschinenbau SE besucht.
Zollbeamte überprüften am Mittwoch auf dem Biberacher B33-Parkplatz in Richtung Haslach, ob alle arbeitsrechtlichen Vorschriften eingehalten wurden.
vor 8 Stunden
Aktion zum Sicherheitstag 2024
Im Zuge des Sicherheitstags 2024 fand am Mittwoch eine Kontrolle an der B33 auf dem Biberacher Parkplatz statt. Im Gegensatz zu anderen Orten gab es dort keine größeren Auffälligkeiten. Dennoch hatten die 26 Beamten von Polizei und Zoll viel zu tun.
Ulf Wollezin ist zertifizierter Mediator.
vor 10 Stunden
Vortrag beim Hospizverein
Der Hospizverein Offenburg lädt seine ehrenamtlichen Mitarbeiter regelmäßig zu Fortbildungen ein. Zuletzt geschah dies durch einen Vortrag von Ulf Wollenzin über Probleme, Konflikte und Lösungsmöglichkeiten.
Neue Wanderausstellungen, wie derzeit im Glashaus die Ausstellung "Weggeschafft", sollen auch das Stammpublikum immer wieder in den Salmen locken. 
vor 17 Stunden
Kulturausschuss
Die Bilanz nach zwei Jahren Salmen fällt gemischt aus. Die Besucherzahlen kommen an die angepeilten 30.000 nicht ran. Dafür gab es viel Kritik. Salmen-Chefin Katerina Ankerhold ist sich sicher: "Der Ansatz geht auf." Es brauche mehr Zeit.
vor 18 Stunden
Das Beste der Woche
Ein Unglück kommt selten alleine. So ging es auch einer Leserin, die hier ihre Geschichte erzählt. Ob sie gut ausgeht?
Auch weil derzeit weniger Parkraum bei der Abtsberghalle zur Verfügung steht, wurde kürzlich bei einer größeren Veranstaltung rücksichtslos geparkt.
vor 19 Stunden
Ortschaftsrat Zell-Weierbach
In der Frageviertelstunde des Ortschaftsrats von Zell-Weierbach kamen die Themen rücksichtslose ­Parken und eine Verlängerung der Tempo-20-Regelung auf der Umleitungstrecke auf.
Fahrzeugführer Sven Wirt (rechts) erteilt den Feuerwehrmännern, die gleich ins Treppenhaus des Freizeitbads stürmen werden, Befehle.
vor 21 Stunden
Offenburg
Mit Blaulicht und Atemmasken rückten am Donnerstag Feuerwehrtrupps ins Offenburger Freizeitbad Stegermatt aus. Anlass war kein Notfall, sondern eine Übung. Zum Glück: denn eine dabei gewonnen Erkenntnis wird womöglich Leben retten.
Am 9. Juni wird auch in Schutterwald ein neuer Gemeinderat gewählt. Drei Räte kandidieren nicht mehr.
vor 21 Stunden
Kommunalwahl am 9. Juni
Wer stellt sich wieder zur Wahl, wer hört auf? Vier Listen wurden für die Gemeinderatswahl in Schutterwald am 9. Juni zugelassen. Wir geben eine ausführliche Übersicht zu den Kandidaten.
Will den Weg zu mehr Demokratie ebnen: Ralph Fröhlich. 
vor 22 Stunden
Einwohnerversammlung gefordert
"Baumretter" Ralph Fröhlich sieht bei der Stadt Demokratiedefizite und hat das Fehlen einer Einwohnerversammlung bei der Kommunalaufsicht moniert.
Der Präsident des Blasmusikverbands Kinzigtal Stefan Polap ehrte verdiente Ortenberger Musiker (von links): Emil Riehle, Heinrich Herp und Patrick Hornisch.
vor 23 Stunden
Hornisch seit 25 Jahren dabei
Eine Ehrung für 25 Jahre und zwei Auszeichnungen für 60 Jahre aktives Musizieren gab es im Rahmen des Frühjahrskonzerts des Musikvereins Ortenberg.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Alles andere als ein Glücksspiel: die Geldanlage in Aktien. Den Beweis dafür tritt azemos in Offenburg seit mehr als 20 Jahren erfolgreich an.
    17.04.2024
    Mit den azemos-Anlagestrategien auf der sicheren Seite
    Die azemos Vermögensmanagement GmbH in Offenburg gewährt einen Einblick in die Arbeit der Analysten und die seit mehr als 20 Jahren erfolgreichen Anlagestrategien für Privat- sowie Geschäftskunden.
  • Auch das Handwerk zeigt bei der Berufsinfomesse (BIM), was es alles kann. Hier wird beispielsweise präsentiert, wie Pflaster fachmännisch verlegt wird. 
    13.04.2024
    432 Aussteller informieren bei der Berufsinfomesse Offenburg
    Die 23. Berufsinfomesse in der Messe Offenburg-Ortenau wird ein Event der Superlative. Am 19. und 20. April präsentieren 432 Aussteller Schulabsolventen und Fortbildungswilligen einen Querschnitt durch die Ortenauer Berufswelt. Rund 24.000 Besucher werden erwartet.
  • Der Frühling steht vor der Tür und die After-Work-Events starten auf dem Quartiersplatz des Offenburger Rée Carrés.
    12.04.2024
    Ab 8. Mai: Zum After Work ins Rée Carré Offenburg
    In gemütlicher Runde chillen, dazu etwas Leckeres essen und den Tag mit einem Drink ausklingen lassen? Das ist bei den After-Work-Events im Rée Carré in Offenburg möglich. Sie finden von Mai bis Oktober jeweils von 17 bis 21 Uhr auf dem Quartiersplatz statt.
  • Mit der Kraft der Sonne bringt das Unternehmen Richard Neumayer in Hausach den Stahl zum Glühen. Einige der Solarmodule befinden sich auf den Produktionshallen.
    09.04.2024
    Richard Neumayer GmbH als Klimaschutz-Pionier ausgezeichnet
    Das Hausacher Unternehmen Richard Neumayer GmbH wurde erneut für seine richtungsweisende Pionierarbeit für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die familiengeführte Stahlschmiede ist "Top Innovator 2024".