Menschen in Trauer eine Tür öffnen
Seit acht Jahren lädt Eva-Maria Ranzinger zu Trauerwanderungen ein. Heute findet die 100. Wanderung in den Rheinauen von Kehl aus statt. Eva-Maria Ranzinger ist Gründungsmitglied des Hospizvereins und engagiert sich seit 1992 dort ehrenamtlich.
Offenburg (red/pie). Aus einer Idee wurde eine gute Sache. Die Freude am Gehen in der Natur habe sie auf die Idee gebracht, Menschen in Trauer eine Tür zu öffnen und ihnen Zeit und Aufmerksamkeit zu schenken, sagt Eva-Maria Ranzinger. Der Weg sei seit jeher ein Sinnbild des Lebens – man spreche ja auch von Lebensweg. »Alle Wegerfahrungen, die wir im Laufe des Lebens machen, prägen uns«, so Eva-Maria Ranzinger (84) weiter.
Das Motto ihrer Trauerwanderungen ist: »Zu Fuß gehen, aufrecht und aufrichtig, auf alten und neuen Wegen, in achtsamen Schritten, aus der Herzmitte heraus ins Offene und Weite.«
Seit acht Jahren lädt sie einmal im Monat zu einer gemeinsamen Wanderung mit Trauernden ein. »Es ist ein offenes Angebot, in lockerer Atmosphäre die Natur zu erleben, über Gott und die Welt und vielleicht auch über den Verstorbenen zu reden, oder in Stille den Weg zu gehen – zu wissen, es ist jemand an meiner Seite der mich begleitet und stützt – ich bin nicht allein«, sagt sie.
Intensiveres Erleben
»Sei weit und offen wie der Himmel, und du bist auf dem Weg.« Um Schritte auf dem Weg zu gehen, bedarf es der »Achtsamkeit« – die Schritte, die die Gruppe bei den Wanderungen gehe, erlebte sie intensiver und spüre, dass der Mensch in die Natur eingebunden ist.
Zu Beginn der Wanderung findet stets ein Ritual statt und dabei lasse sich die Gruppe von einem Ort oder einem Impuls anregen, um wieder Kraft zu schöpfen, um Schritt für Schritt einen neuen Weg ins Leben zu finden – damit eines Tages »aus Trauer Liebe werden kann«.
Die Wanderungen werden jeweils der Jahreszeit angepasst, das Gebiet reicht vom Bodensee in den Kraichgau, das Markgräflerland bis in den Schwarzwald. Aus anfänglichen zehn Wanderern sind inzwischen 30 bis 40 Wanderer geworden und manchmal die Gruppe auch ein Hund. Es habe sich eine Kerngruppe entwickelt, aber immer wieder kämen neue Gesichter dazu, worüber sie sich sehr freue. »Tatkräftig werde ich von meiner Kollegin Gunda Saier unterstützt, die mir bei Planung und Organisation zur Seite steht«, sagt Ranzinger. Zum Abschied sei eine Einkehr vorgesehen – der erste Schritt ins neue Leben. »Sei gut zu deinem Körper, damit die Seele Lust hat darin zu wohnen.«
»Wenn ich beim Abschied schon nach dem nächsten Termin gefragt werde, spüre ich, dass dieser Wandertag ein Geschenk und eine Bereicherung für jeden war«, freut sich die 84-Jährige.
◼ Wer Interesse an den Wanderungen hat, kann sich zu einem Vorgespräch mit Eva-Maria Ranzinger (• 07 81/3 76 58) oder Gunda Saier (• 07 81/3 39 62) in Verbindung setzen. Kosten entstehen nur für Bahnfahrt und Verpflegung. Die Fahrten finden nur mit öffentlichen Verkehrsmitteln statt.