52-Jähriger hinterzieht 1,2 Mio Euro Steuer – oder nicht?
Ist der Weiterverkauf von Telefonguthabenkarten umsatzsteuerpflichtig? Ein 52-Jähriger muss sich deshalb vor dem Amtsgericht Offenburg verantworten – es geht um 1,2 Millionen Euro. Pikant: Stellt das Finanzgericht eine Umsatzsteuerpflicht fest, droht dem Mann das Gefängnis.
Ein 52-jähriger Angeklagter aus der nördlichen Ortenau musste sich am Mittwochvormittag vor dem Offenburger Amtsgericht verantworten. Ihm wurde von Staatsanwalt Felix Haschke zur Last gelegt, von 2011 bis 2013 rund 1,2 Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen zu haben, indem er Telefonguthabenkarten nach Frankreich und Belgien verkaufte. Dabei soll er die Einnahmen jedoch nicht in Form einer Buchhaltung angegeben haben.
Umsatzsteuerpflichtig?
Das Verfahren wurde allerdings von Richterin Ute Körner ausgesetzt, da Arno Abenheimer (Achern), Verteidiger des Angeklagten, gleich zu Beginn der Verhandlung einen entscheidenden Einwand brachte: »Zunächst muss die Rechtsfrage geklärt werden, ob Telefonguthabenkarten der Umsatzsteuer unterliegen oder nicht.« Wenn das nämlich nicht der Fall sein sollte, da stimmte auch Staatsanwalt Haschke dem Verteidiger zu, dann sei der gegebene Tatbestand für die Verhandlung »platt«.
Das Finanzamt vertrete die Ansicht, dass die Telefonkarten steuerpflichtig seien. Abenheimer legte aber Rechtsmittel ein und stellte im Februar 2016 einen Antrag an das Finanzgericht Baden-Württemberg, um das zu prüfen – »die Sachkompetenz ist dort höher«.
Nur ein Tauschgeschäft?
»Es geht im Prinzip darum, ob es sich hierbei um einen Bargeldersatz handelt oder ob eine Telefondienstleistung vorliegt«, so der Verteidiger des Angeklagten. Wenn das Finanzgericht die Meinung des Verteidigers teilt, kommt es zu einem Freispruch. Wenn es allerdings die Telefonkarten für steuerpflichtig erklärt, müsste man sich laut Abenheimer strafrechtlich damit auseinandersetzen. Dem Angeklagten drohe in dem Fall eine Gefängnisstrafe – ohne Bewährung.
»Ich gebe Ihnen Recht«, stimmte die Richterin dem Verteidiger zu. Solange noch keine finanzgerichtliche Entscheidung gefallen ist, wollte sie das Verfahren nicht weiter fortsetzen. »Zwei Gerichte sollen keine zwei Meinungen entwickeln«, sagte Körner. Sie halte es nicht für sinnvoll jetzt schon ein Urteil zu fällen, wenn das Finanzgericht die Lage des Angeklagten anders einordnen sollte.