Feuerwehr: Nach zehn Minuten ist Hilfe da
Wie bei einem Räderwerk greift bei der Feuerwehr alles perfekt ineinander: Wenn es brennt, muss es schnell gehen, und wie das funktioniert, konnte eine Lesergruppe im Rahmen der OT-Sommeraktion »Offenes Werkstor« erfahren. Der neue Feuerwehrkommandant Peter Schwinn und Pressesprecher Wolfgang Schreiber nahmen sich viel Zeit für die Leser.
Die Ausführlichkeit der Erklärungen, mit denen Feuerwehrkommandant Peter Schwinn und der Pressesprecher der Feuerwehr, Wolfgang Schreiber, die Lesergruppe am Dienstagmorgen durch die Hauptwache am Kestendamm führten, stand im Gegensatz zu der Geschwindigkeit, mit der die Feuerwehr es sonst gewohnt ist, zu arbeiten. Denn dass es in Notfallsituationen schnell gehen muss, demonstrierte Feuerwehrkommandant Peter Schwinn zu Beginn der Führung in seinem Vortrag. Die sogenannte Zehn-Minuten-Regel – von der Alarmierung bis zum Einleiten der ersten Maßnahme am Einsatzort sind nur zehn Minuten Zeit – hat seinen Grund. Denn laut Untersuchungen liegt die »Erträglichkeitsgrenze einer Rauchvergiftung bei einem Menschen bei 13 Minuten«, so Schwinn. Die Überlebensgrenze tritt nach 17 Minuten ein. Die meisten Menschen, die einem Brand zum Opfer fallen, sterben nicht in den Flammen, sondern wegen des Kohlenmonoxids, das bei einem Brand entsteht. Werden die Feuerwehrleute zu einem Einsatz alarmiert, heißt es: höchste Eile. So dauert das Umziehen in der Umkleidekabine höchstens 20 Sekunden, führte Pressesprecher Wolfgang Schreiber vor. Das Präparieren mit Atemschutzgeräten beispielsweise passiert während der Fahrt zum Einsatzort. Und dann, so Kommandant Schwinn, bleiben noch wenige Minuten, um Menschenleben zu retten. »Dass Sie das in zehn Minuten schaffen, kann ich gar nicht glauben«, sagte ein Leser erstaunt. Doch Schwinn bestätigte es: »Die Statistiken zeigen, dass wir diese gesetzlich vorgegebenen zehn Minuten einhalten.«
Die neuste Technik
Seit 16 Jahren befindet sich auch die Integrierte Leitstelle im Gebäude der Hauptwache am Kestendamm. Wie der stellvertretende Leiter Torsten Wiucha berichtete, war die Offenburger Leitstelle die erste im Land, die Feuerwehreinsätze und den Rettungsdienst gemeinsam koordinierte. Unter der Nummer 112 sind rund um die Uhr immer mindestens zwei Disponenten erreichbar, die bei Notfällen die entsprechende Hilfe einleiten. Mittlerweile funktioniert dies mit der ausgefeilten GPS-Technik. Auf Bildschirmen können die Mitarbeiter, die als Feuerwehrmänner und Rettungsassistenten ausgebildet sind, sehen, wo sich die verfügbaren Fahrzeuge befinden. Das Fahrzeug, das sich am nächsten am Notfallort befindet, wird angefunkt. »Und was ist, wenn der Strom ausfällt?«, wollte ein Leser wissen. »Bei uns kommt das nicht vor, da wir mit Notstrom versorgt sind, der einmal im Monat geprüft wird«, informierte Wiucha. Auch gegen einen Systemausfall sei man gewappnet, da es zwei Systeme gebe. »Fällt eins aus, ist das andere da.«
Danach ging es durch die einzelnen Bereiche der Wache, vorbei an der Wäscherei, in der die Kleidung der Feuerwehrleute gereinigt wird, und durch die Kfz-Werkstatt in das Herzstück: die Garage mit den Feuerwehrfahrzeugen. Wolfgang Schreiber zeigte die Schläuche, das Luft-Rettungskissen, das innerhalb von einer Minute aufgeblasen ist, oder die Werkzeuge wie Rettungsspreizer und Rettungsschere. »Damit ist auch das Öffnen eines Verbundsystems bei einem ICE kein Problem«, sagte Schreiber.
Dass der Tätigkeitsbereich der Feuerwehr mitunter für die Wehrleute eine schwere psychische Belastung darstellt, machte ein Exkurs von Wolfgang Schreiber deutlich: Bei dem schrecklichen Unfall auf der A 5, bei dem ein Geisterfahrer fünf Menschen mit sich in den Tod riss, war Schreiber Einsatzleiter. Erst am Unfallort wurde klar, was auf die Einsatzkräfte wartete. Als er und die Kameraden nach der Bergung zurückkamen, war ein Psychologe vor Ort. Und auch später fanden noch zwei weitere Gespräche statt, um den Kollegen zu helfen, die Situation zu verdauen.
Fakten
- Zur freiwilligen Feuerwehr gehören 383 ehrenamtliche und zehn hauptberufliche Feuerwehrleute.
- Es gibt 16 Abteilungen, darunter auch die Jugendfeuerwehr und die Sondereinheit Gefahrgut.
- Rund 470 Einsätze im Jahr, von der Türöffnung über den Großbrand bis hin zur Tierrettung.
- Die Wache am Kestendamm ist am Tag mit fünf bis sechs Personen, in der Nacht mit einem Mitarbeiter besetzt.
- Die Freiwillige Feuerwehr Offenburg besitzt insgesamt an allen Standorten 50 Fahrzeuge, davon zwei Drehleitern und ein Dienstfahrrad.
- Im Gebäude der Feuerwehr am Kestendamm befindet sich auch die Integrierte Leitstelle, die je zur Hälfte vom Roten Kreuz und vom Landratsamt getragen wird. Dort werden rund um die Uhr der Rettungsdienst sowie Feuerwehreinsätze über die Nummer 112 koordiniert. Zuständig ist die Integrierte Leitstelle für 52 Gemeinden und damit auch 52 Feuerwehren, und insgesamt für ein Gebiet mit 417 000 Einwohnern.
- Die Farbe Rot ist bei der Feuerwehrausrüstung ein Auslaufmodell. Mittlerweile ist die Ausrüstung dunkelblau mit gelben Reflektoren.