Nahwärme-Konzept für »Kronenwiese« und »Mühlbach«
Die Sanierungsgebiete »Kronenwiese« und »Mühlbach« sollen sich künftig als besonders klimafreundlich hervortun, wenn es um die Erzeugung von Strom und Wärme geht. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die Kraft-Wärme-Kopplungsanlage von Burda Druck, mit deren Hilfe pro Jahr 360 Tonnen CO2 eingespart werden sollen.
Mit den neuen Nachbarn ist das ja manchmal so eine Sache. Nicht alle kommen gleich auf Anhieb miteinander aus, und nicht selten kommt es irgendwann zum offenen Clinch. Die Vorzeichen für die Sanierungsgebiete »Kronenwiese« und »Mühlbach« stehen allerdings gut, zumindest was die Bauherren oder Investoren auf der einen, die Firma Burda auf der anderen Seite der Hauptstraße angeht. Im Juli haben Burda Druck und das E-Werk Mittelbaden nämlich einen sogenannten Wärmelieferungsvertrag abgeschlossen: Er sieht vor, dass Burda Druck aus dem eigenen, in Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) betriebenen Gasturbinen-Blockheizkraftwerk, das bereits sämtliche Burda-Gebäude und das Landratsamt versorgt, die Wärme für die Baugebiete liefert.
500 Wohneinheiten
Die Kooperation mit dem Unternehmen ist die Grundlage für den Aufbau eines neuen Nahwärmenetzes für »Kronenwiese«, »Mühlbachkarree« und wahrscheinlich auch das Gelände der alten Spinnerei. Es soll in ein paar Jahren mehr als 500 Wohneinheiten mit Wärme versorgen, und zwar über eine sogenannte Sole-Wasser-Wärmepumpe, die im neuen Gesundheitszentrum an der Hauptstraße untergebracht werden soll. Sie soll nicht nur die Energieversorgung in dem mehrgeschossigen Gebäude sicherstellen, sondern auch als Heizzentrale fungieren. 1,2 Millionen Euro sind für diese Heizzentrale und den Aufbau des Netzes veranschlagt.
Als »Meilenstein« für die Stadt Offenburg bezeichnete E-Werk-Chef Ulrich Kleine am Freitag beim Pressegespräch mit Oberbürgermeisterin Edith Schreiner und Vertretern der Bauherren und Investoren das künftige Nahwärmenetz. Er betonte, dass die Wärmeversorgung den »Löwenanteil« ausmache, wenn es um die Energieeinsparung gehe. Dabei gebe es ein enormes Potenzial bei der Dämmung, aber auch beim Zusammenschluss von verschiedenen Wärmequellen.
Stefan Böhler, Projektleiter beim E-Werk Mittelbaden, hob die Besonderheiten der Wärmepumpe hervor: Es sei damit nicht nur möglich Wärme zu erzeugen, sondern auch Kälte, was besonders für das Gesundheitszentrum wichtig sei. Die Anlage sei »sehr energieeffizient«, betonte er.
360 Tonnen weniger
Durch den vergleichsweise niedrigen Primärenergiefaktor von 0,45 Kilowattstunden (kWh)– für eine kWh Wärme werden nur 0,45 kWh Primärenergie in Form von Gas oder Strom benötigt – sei es möglich, im Vergleich zur herkömmlichen Gasversorgung 360 Tonnen CO2 pro Jahr einzusparen.
Das E-Werk Mittelbaden errichtet auf dem Dach des Gesundheitszentrums auch noch eine Fotovoltaikanlage mit einer Leistung von rund 70 Kilowatt Peak (kWp). Zudem sollen 300 Haushalte aus der Wasserkraftanlage am Mühlbach mit regenerativ erzeugtem Strom versorgt werden.
Egon Weimer, Geschäftsführer von Burda Druck, äußerte seine Freude darüber, an dem klimafreundlichen Ansatz mitzuwirken. Für das Unternehmen sei der wirtschaftliche Vorteil zwar »überschaubar«, der Aufwand sei aber auch verhältnismäßig gering. Und darum, dass die gute Nachbarschaft schon bald jäh beendet sein könnte, muss man sich laut Weimer übrigens keine Sorgen machen. Der Vertrag über die Wärmelieferung habe eine Laufzeit von 20 Jahren. Selbst wenn Burda vor Ablauf dieser Zeit den Standort an der Hauptstraße aufgeben sollte, sei die Wärmeversorgung weiterhin sichergestellt.
HINWEIS: Der Wärmeatlas der Stadt Offenburg, im Zuge dessen Erstellung das Nahwärmeprokjekt entwickelt wurde, liegt nun vor. Erste Ergebinsse sollen auf den Energietagen vorgestellt werden.
Was alles gebaut wird
Auf dem Areal »Kronenwiese« ist nach dem Abriss der alten Burda-Druckerei schon eine rege Bautätigkeit in Gange. Die Bauherren, neben der Mittelbadischen Baugenossenschaft (Gemibau) sind das die Investoren Hurrle Beiteiligungs GmbH & Co. KG aus Oberkirch und Breisgau Grund und Boden GmbH & Co. OHG aus Gutach, haben gestern auch über den aktuellen Sachstand informiert. Auch zur Entwicklung des sogenannten »Mühlbachkarrees« hab es noch einmal Zahlen und Fakten.
Firma Hurrle: Im denkmalgeschützten Verwaltungsgebäude von Burda soll in wenigen Wochen nach der Sanierung wieder der Betrieb aufgenommen werden. Zurzeit fänden noch Restarbeiten statt, hieß es. Das neue Dienstleistungsgebäude (»Gesundheits- und Servicezentrum«) an der Hauptstraße wird gerade innen ausgebaut. Die Fertigstellung ist für die erste Jahreshälfte 2016 geplant. Außerdem ist der Bauantrag für das zentrale Parkhaus für die »Kronenwiese« eingereicht. Das Bauinformationszentrum befindet sich in der Schlussphase der Planungen, ebenso ein Hotelgebäude mit 90 Zimmern, das an der Freiburger Straße entstehen soll und laut Hurrle-Geschäftsführer Thomas Ganter »im Zwei-Sterne-Bereich« angesiedelt sein soll. Insgesamt sollen rund 400 Arbeitsplätze entstehen.
Gemibau: Geplant sind insgesamt 104 Wohnungen (Größe: zwei bis vier Zimmer) auf einer Neubauwohnfläche von fast 8700 Quadratmetern. Dazu kommen über 110 Stellplätze in der Tiefgarage und über 200 überdachte Fahrradabstellplätze. Baubeginn soll Mitte Oktober sein.
Breisgau Grund und Boden: Vorgesehen sind insgesamt 58 Wohneinheiten (Größe: zwei bis vier Zimmer) mit ungefähr 4500 Quadratmetern Wohnfläche und einer »entsprechenden Zahl« von Tiefgaragen-Stellplätzen. Der Investor hebt insbesondere die »familienfreundlichen Maisonnette-Typen« hervor. Baubeginn soll Anfang 2016 sein.
Wohn- und Stadtbau: Im sogenannten »Mühlbachkarree« zwischen Angelgasse und Mühlbachpromenade sollen weitere 80 Mietwohnungen entstehen. Im Auftrag der Wohnbau Offenburg sind entlang der Angelgasse zwei Wohngebäude mit insgesamt 30 förderfähigen Mietwohnungen geplant, inklusive Stellplätzen.
Außerdem sind im Auftrag der Stadtbau Offenburg in unmittelbarer Nähe zum neu gestalteten Mühlbachufer und zum Zwingerpark fünf freistehende Wohnhäuser mit insgesamt 50 Wohneinheiten geplant. Auch dort sind Tiefgaragen vorgesehen. Der avisierte Baubeginn ist Mitte 2016.
Darüber hinaus errichtet die Soka-Bau aus Wiesbaden auf dem Gelände der ehemaligen Spinnerei am Mühlbach rund 270 Mietwohnungen. Fertigstellung des neuen Quartiers soll 2017/18 sein.