Nicht überall wird auf Radschutzstreifen umgestellt
Der ganz große Aufschrei blieb diesmal aus: Im Zuge des Ausbaus der Radachsen in Offenburg hat die Stadt die Zeller Straße mit Schutzstreifen versehen lassen. Die städtischen Fahrradexperten erhoffen sich davon mehr Verkehrssicherheit – vor allem im Einmündungsbereich. Kleiner Trost für die Schutzstreifengegner: Die nächsten geplanten Radachsen kommen ohne Schutzstreifen aus, sprich – die Radler fahren auf separaten Wegen.
Ortstermin in der Zeller Straße. Seit einigen Wochen heißt es dort für die Radfahrer, die stadteinwärts fahren, runter vom kuscheligen Bordstein, rauf auf die Fahrbahn. Aus Sicht der städtischen Fahrradexpertin Amrei Bär bringt das Fahren auf den Schutzstreifen mehr Sicherheit. »Viele Leute wissen nicht, dass im Längsverkehr so gut wie keine Unfälle vorkommen. Die Unfälle passieren im Einmündungsverkehr«, erklärt Bär. Durch das Verlagern der Radler von den Bordsteinradwegen auf die Schutzstreifen auf der Fahrbahn würde dieses Risiko gemindert. »Jeder Autofahrer guckt auf den Kfz-Verkehr. Der Radfahrer wird besser wahrgenommen, wenn er im Kfz-Verkehr mitfährt – das ist der springende Punkt«, betont Bär.
Dass sich vor allem unsichere Radfahrer auf den bisherigen, vom Autoverkehr getrennten Bordsteinradwegen wohler fühlen, kann die städtische Fahrradexpertin durchaus nachempfinden. Aber das sei eine Gewöhnungssache, glaubt sie. Das Plus an Sicherheit an den Einmündungen wiege den möglichen Nachteil auf, dass es auf der Zeller Straße enger zugehen könne: »Im Zweifel muss auch der Autofahrer mal warten«, sagt Bär.
Hintergrund dieser Veränderung ist ein Paradigmenwechsel, nach dem der Radverkehr grundsätzlich auf der Fahrbahn geführt werden soll. Auf dieser Grundlage nimmt das Technische Rathaus derzeit das Offenburger Radwegenetz unter die Lupe. In den nächsten Jahren sollen peu à peu acht verschiedene Radachsen quer durch die Stadt eingerichtet werden. Schutzstreifen sind dabei aber nicht automatisch gesetzt, wie Bär erläutert.
Verschiedene Parameter
Der Grundsatz sei zwar, dass Radfahrer wie andere Fahrzeuge die Fahrbahn benutzen müssten. An Stellen mit besonderer Gefahrenlage dürfe der Radverkehr aber auch anderweitig geführt werden. Diese außergewöhnliche Gefahrenlage müsse jedoch gut begründet werden. Als Beispiel nennt Bär die B 3 Richtung Bohlsbach, wo man die Radler aufgrund der starken Verkehrsbelastung und des Geschwindigkeitsniveaus nie auf der Straße führen würde. Gefälle der Straße, Sichtverhältnisse und Einmündungen seien weitere Parameter für die Entscheidung, wie der Radverkehr geführt wird. In der ebenfalls viel befahrenen Rammersweierstraße seien vor allem aufgrund der vielen Einmündungen die Schutzstreifen favorisiert worden.
Letztere sind aber nicht sklavisch gesetzt, wie sich auch in der Radachse Zeller Straße bis Rammersweierstraße zeigt. Auf Höhe des Schillergymnasiums etwa dürfe der Bordsteinradweg weiter benutzt werden, weil dort viele Schüler unterwegs seien, erklärt Bär.
Die nächste Radachse, die ausgebaut werden soll, führt von der Schutterwälder Straße ab Kreuzschlag bis zur Kinzigbrücke, blickt Bär voraus. Hier soll es nach den Plänen des Technischen Rathauses aufgrund der Verkehrsdichte beim Trennsystem – sprich: Radwege mit Benutzungspflicht – bleiben. »Das Konzept sieht vor, die Radfahrer vor den Einmündungen an die Fahrbahn zu führen und damit ins Blickfeld des Verkehrs zu bringen«, erläutert Bär. Als weitere Radachse hat das Technische Rathaus dann die Strecke von der Kinzigbrücke über die Grabenallee bis zur Pfefferlekreuzung im Visier. Auch hier seien aufgrund der Verkehrsbelastung keine Schutzstreifen, sondern ein getrennter benutzungspflichtiger Radweg geplant.
Kein Wirrwarr mehr
Für Verwirrung sorgte, dass in der Zeller Straße die neue Schutzstreifen-und die alte Radwegmarkierung kurzfristig gleichzeitig zu sehen waren (wie übrigens schon in der Ortenberger Straße). Amrei Bär erklärt dies damit, dass die Fräsfirma keine Zeit hatte. »Es wäre geschickter gewesen, wenn wir erst demarkiert hätten. Künftig werden wir das auch so machen«, so Bär. Gekostet hat die neue Markierung übrigens 80 000 Euro – auch weil rund 300 Meter Bordstein verlegt werden mussten.
Kinder bis acht Jahre müssen in der Zeller Straße weiter auf dem Gehweg fahren, Kinder bis zehn Jahre haben die Wahl, und Kinder ab zehn Jahre müssen auf die Fahrbahn, erklärt Bär. Bei Kindern bis acht Jahre kann auch die erwachsene Begleitperson auf dem Gehweg mitradeln.