Ölmühle wird zum Konzertsaal
Die Ölmühle Oleofactum verwandelte sich am Samstag in einen Konzertsaal. Am Klavier begleitet von Alexander Geladze, begeisterte Tenor Andreas Heideker mit Liedern von Tosti, Quilter und Schumann.
Offenburg. Ob je ein Tenor sich an Francesco Paolo Tosti heranwagt, ohne immer im Hinterkopf zu haben, dass dieser viele seiner Lieder, darunter »einige der größten Evergreens des neapolitanischen Gesangs«, wie Andreas Heideker in seiner Einführung bemerkt, für seinen guten Freund geschrieben hat –den nicht nur zum Star, sondern fast zum Sprichwort gewordenen »Caruso« nämlich? Wohl nicht, aber von so einem Schatten muss man sich lösen können.
Tenor Andreas Heideker bewies am Samstagabend, die herrlichen Melodien nicht nur auskostend, sondern den immer erzählenden Inhalt auch mit starkem Ausdruck begleitend, dass ihm das spielend gelingt. Der Sänger kann nicht verbergen, dass seine eigentliche Heimat die große Opernbühne (zuletzt in Karlsruhe) ist. Die fantastische Fülle seiner Stimme beherrscht den Raum spielend, wenn er sie auch nur in ganz kurzen Sequenzen voll ausspielt, um an anderer Stelle mit einem butterweich hingehauchten Tremolo zum Schluss den romantischen, traurigen Text etwa von »L’ultimo baccio« (Der letzte Kuss) zu unterstreichen. Ein ganz anderes Land, eine ganz andere Tradition und eigentlich auch eine ganz andere Zeit stehen dann Pate bei Roger Quilters Vertonung von fünf Liedern von William Shakespeare. Denn der Komponist ist zwar Zeitgenosse von Francesco Paolo Tosti, verlieh seinem Werk aber nicht den Klang der Moderne, sondern verbeugte sich vor der Tradition.
Das Schöne an Shakespeare-Gedichten: Viele stehen nicht für sich allein, sondern sind tatsächlich Lieder, die in einem der Theaterstücke gesungen werden, wie »Fear no more the heat of the sun« (Fürchte nicht mehr die Hitze der Sonne), ein Grabgesang aus der Tragödie »Cymbeline«, oder das fröhliche, sinnliche »It was a lover and his lass« (Es waren einmal ein Liebhaber und sein Mädchen) aus der Komödie »Wie es euch gefällt«. Hier spielt Andreas Heideker mit dem Textinhalt, den man, ohne ein Wort Englisch zu verstehen, schon aus seiner Mine und der Betonung erraten kann.
Sowohl »La sera« von Tosti als auch die »Dichterliebe« von Robert Schumann nach Gedichten von Heinrich Heine vereinigen kurze, zum Teil sehr kurze Reime, teilweise fast nur Fragmente, zu einem Kaleidoskop der Gegensätze. Buchstäblich die ganze Bandbreite des Gesangs in Tempo, Dynamik, Rhythmus und vor allem Ausdruck spult sich hier sehr abrupt und variantenreich ab, bis hin zu fast experimentellen Arrangements wie bei »Ich hab’ im Traum geweinet«, wo das Klavier den Gesang nicht begleitet, sondern sich quasi A-Capella-Gesang und Instrumentensolo abwechseln. Hier zeigt sich das sensible und präzise Zusammenspiel zwischen Pianist und Sänger in höchster Vollendung. Alexander Geladze steht Andreas Heideker an Virtuosität und Können in nichts nach.
Das letzte Wort nach sehr langem Applaus und einer Zugabe hatte natürlich der Hausherr, Walter Bitzer: »Erlesen und mit Leidenschaft« sei der Abend gewesen – den gleichen Anspruch stelle er auch an sein Handwerk.
◼ Das nächste »Werkstattkonzert« mit dem Titel »Latin Classics« findet am 14. März 2015 im Café »Maurers Kaffeewelten« statt.