Offenburger Gemeinderat für zweiröhrigen Tunnel
Einstimmiges Votum: Der Gemeinderat beschloss gestern Abend in einer Sondersitzung, die Forderung der Bahn nach einem zweiröhrigen Tunnel zu unterstützen. Der ist zwar teurer als die bislang aus Kostengründen favorisierte einröhrige Variante mit zwei Gleisen, bringt aber auch viele Vorteile in Bau und Betrieb. Durch den Schulterschluss mit der Bahn sieht sich OB Edith Schreiner am Montag im Projektbeirat in einer guten Position.
Offenburg. Die Fußballersprache war angesichts der aktuellen WM-Euphorie gestern Abend im Gemeinderat allgegenwärtig. SPD-Stadtrat Bertold Thoma zum Beispiel nannte das Werben der Bahn für einen zweiröhrigen Tunnel »eine passgenaue Flanke«, die es nun zu versenken gelte. Und FDP-Fraktionssprecherin Sibylle Laurischk wünschte OB Edith Schreiner für die anstehenden Verhandlungen am Montag im Projektbeirat in Berlin einen »Kantersieg« – sprich: die Bewilligung des Planungsauftrags und der Planungsrate für den Tunnel.
Durch die gestern festgezurrte neue Taktik und Matchstrategie sieht sich OB Schreiner für diese wichtige Sitzung gestärkt: Einstimmig beschloss der Gemeinderat gestern Abend, die Forderung der Bahn nach einem zweiröhrigen Tunnel zu unterstützen. Vertreter der DB Netz hatten dafür Ende Juni in einer nichtöffentlichen Sitzung vor dem Gemeinderat geworben und offensichtlich überzeugende Argumente vorgebracht. So bringe der zweiröhrige Tunnel viele Vorteile in Bau und Betriebe. Es müssten keine Notausstiege im Stadtwald gebaut werden, weil im Störungsfall die jeweils andere Röhre zur Aufrechterhaltung des Betriebs genutzt werden könne. Und bei Inspektionen müsste aus dem gleichen Grund nicht der ganze Güterzugverkehr durch die Stadt geleitet werden.
»Plädoyer für Tunnel«
Die Sorge, dass der ICE-Halt Offenburg abgehängt werde, konnten die Bahnvertreter laut OB Schreiner ebenfalls entkräften: Die Bahn plane mit einer Höchstgeschwindigkeit im Tunnel von 120 Stundenkilometern. Da bringe ein Vorbeifahren an Offenburg keinen lohnenden Zeitvorteil mehr.
Folglich taten sich die Stadträte gestern leicht mit der Zustimmung. Die entfallenden Umwelteingriffe, geringeren Erschütterungen und die höhere Betriebsqualität überzeugten CDU-Chef Kurt Feger. Bertold Thoma (SPD) freute sich »über das klare Plädoyer der Bahn für den Tunnel«. »Wir stimmen zu, weil die Spitzengeschwindigkeit heruntergesetzt ist«, sagte Grünen-Fraktionssprecherin Angelika Wald. Die Kosten dürften in Zeiten von Elbharmonie und Flughafenbau in Berlin nicht das alles entscheidende Argument mehr sein, sagte FDP-Sprecherin Sibylle Laurischk. Und auch Freie-Wähler-Chef Hans-Reiner Rottenecker begrüßte, dass die Bahn nunmehr Vorzüge im Tunnel sehe.
So ganz will OB Schreiner die Kostenfrage allerdings nicht außer Acht lassen: »Die zweiröhrige Variante kostet 150 Millionen mehr, damit übersteigen wir die Milliardengrenze.« Werde der zweiröhrige Tunnel deshalb aus Kostengründen nicht realisiert, so steht es im Beschluss, halte »die Stadt an ihrer Forderung nach einem einröhrigen Tunnel fest«.
Über den »Schulterschluss mit der Bahn« freute sich auch CDU-Stadtrat Klaus Binkert, BI-Mann der ersten Stunde. Dies sei längst fällig gewesen und die beste Grundlage für die weiteren Verhandlungen in Berlin. Auch BI-Chef Manfred Wahl sieht die Vertreter der Region für die Verhandlungen am Montag in einer guten Position gegenüber Bund und Eisenbahnbundesamt.
OB Edith Schreiner verhehlte gestern nicht, dass die Zeit reif sei für eine Entscheidung. Es werde zwar immer versichert, der Tunnel komme, aber eine konkrete Zusage ließe auf sich warten. Dieses Vakuum sorge für Unruhe. Dass Plaungsauftrag und Planungsrate für den Tunnel bewilligt würden, sei deshalb das erklärte Ziel für Montag. Als nächster Schritt müsse die Politik die Mittel für das Projekt bereitstellen.
Tunnelpatin Schreiner?
Die Einweihung des Tunnels soll übrigens weit vor dem im Arbeitspapier der Bahn avisierten Jahr 2035 liegen, monierten gestern Kurt Feger und Klaus Binkert gleichermaßen. »Wir würden OB Schreiner gerne noch in ihrer Amtszeit als Tunnelpatin sehen«, formulierte Feger einen frommen Wunsch.