Offenburger Ostflügel erhält neues Gesicht
Verwundert, erschrocken und zum Teil ablehnend zeigten sich die Mitglieder des Planungsausschusses über die massive Kostensteigerung für die Neugestaltung des Ostflügels der Offenburger Innenstadt. Eine knappe Mehrheit stimmte dann aber dafür, die Planung weiter voranzutreiben.
Die Ausgangslage ist bekannt: Bevor Ende 2018 die Einkaufsgalerie eröffnet, soll der Ostflügel der Innenstadt fitgemacht werden. Die Stadt hatte dazu einen Wettbewerb ausgelobt, den das Freiburger Büro Faktorgrün gewonnen hatte. Für den Umbau von Lange Straße, Gustav-Rée-Anlage, Lindenplatz und Steinstraße waren damals 3,6 Millionen Euro veranschlagt worden. Wobei bei der Verkündung des Wettbewerbsergebnisses schon allen Beteiligten klar war, dass dies nicht ausreichen würde, um den Ostflügel mit neuem Straßenbelag, Leuchten und Möbeln auszustatten.
Dass aus besagten 3,6 Millionen Euro nun in der Ausführung mit Betonstein und Naturstein aber 7,1 Millionen wurden, hielt am Montagabend im Planungsausschuss nicht nur CDU-Chef Albert Glatt für »sehr verwunderlich«. Bei Bertold Thoma (SPD) löste dies Unwohlsein aus, Rudi Zipf (Freie Wähler) »haute es ein bisschen um«, und Jürgen Ochs (Grüne) lehnte die Vorlage gleich ab.
Hochwertige Materialien
Der städtische Verkehrschef Andreas Demny begründete die Kostensteigerung mit zusätzlichen Flächen in der Größenordnung von fünf Prozent, die man bei der Schätzung nicht berücksichtigt hätte, und der Hochwertigkeit der Materialien – angefangen vom Untergrund über das Pflaster und die Lampen bis hin zur Möblierung des Straßenraums mit Holzdecks. »Auch uns hat das Thema Kosten nicht erfreut, allerdings muss man auch sagen, dass wir nur eine Innenstadt haben«, betonte Baubürgermeister Oliver Martini.
Auf Granit gebissen
Bei den Grünen biss er damit im wahrsten Sinne des Wortes auf Granit. Jürgen Ochs sagte klipp und klar, dass man der Vorlage nicht zustimmen werde. Letztlich bekam Martini aber eine knappe Mehrheit, die es zum Teil wie Albert Glatt sah: »Wir machen die Innenstadt nur einmal!«, betonte er und rief gleichzeitig ins Gedächtnis, »mit welcher Lockerheit« der Schul- und Sportausschuss 11,6 Millionen Euro für den Umbau der Eichendorffschule ausgegeben habe.
Neben den Kosten gab es noch einen weiteren Knackpunkt für die Grünen, aber auch für SPD-Stadtrat Bertold Thoma: Während der Lindenplatz 2017, die Lange Straße 2018 und die Gustav-Rée-Anlage 2018/19 umgebaut werden sollen, soll die Steinstraße erst 2022 an der Reihe sein. Bürgermeister Martini begründete dies damit, dass die Steinstraße »funktional sehr stabil« sei und man auch keine Baustelle während der Eröffnung des Einkaufzentrums wolle. Außerdem habe man so drei Jahre Zeit, damit sich alles einpendeln könne.
Thoma sah die Verschiebung eher in der »Notsituation« begründet, dass die Kosten so immens gestiegen sind. Dass drei Jahre ins Land gehen müssen, bis die Steinstraße angepackt werde, halte er nicht für notwendig. Dies könne auch früher losgehen. Jürgen Ochs sah dies noch kritischer: »Die zeitliche Streckung wird die Achillesferse Steinstraße hart treffen!« Sein Antrag, die Neugestaltung des Ostflügels aus Kostengründen nur in Betonstein auszuführen und die Steinstraße früher anzupacken, fand jedoch keine Mehrheit.
»Ein Jahr keine Kohle«
FDP-Stadtrat Silvano Zampolli, zugleich Mitglied im City-Partner-Vorstand, versetzte sich in die Lage der Geschäftsleute: »Ein Jahr eine Baustelle vor der Haustür heißt ein Jahr keine Kohle in der Tasche.« Er verlangte deshalb einen ganz exakten Zeitplan und zeitliche Einsparungen, wo nur möglich.
Für den Zeitplan sei es jetzt noch zu früh, entgegnete Verkehrschef Demny. Erst müsse der Entwurf in die Feinplanung. Vor der Sommerpause 2016 werde es aber verlässliche Angaben geben. Auch die von Bertold Thoma geforderte rasche Besichtigung möglicher Beläge sei ad hoc nicht möglich. Die Bemusterung sei vielmehr für Ostern geplant. Dann wolle man die Beläge – vorgesehen sind Granitnatursteine – auf Europaletten an Ort und Stelle zur Ansicht präsentieren.
Bürgermeister Martini betonte, dass auch immer wieder die Bürger und Anwohner in den Planungsprozess miteingebunden werden sollen. Die erste Gelegenheit dazu ist beim öffentlichen Rundgang am Samstag, 21. November, ab 13 Uhr mit Treff am Salmen.
INFO: Bei vier Ja-, drei Nein-Stimmen und zwei Enthaltungen hieß der Planungsausschuss die Pläne für die Neugestaltung des Ostflügels gut. Die finale Entscheidung trifft der Gemeinderat in der Sitzung am Montag, 16. November, 17 Uhr, im Salmen.
Zitate
»Wenn ich sehe, wie viele Menschen die Innenstadt jeden Tag benutzen, sollte es uns das wert sein.«
Oliver Martini, Baubürgermeister.
»Der Belag muss behinderten-, alters-, rollator- und vielleicht auch stöckelschuhgerecht sein.«
Albert Glatt, CDU-Fraktionschef Albert Glatt.
»Die Holzdecks als solche gefallen mir. Es ist ein warmes Material und ein wirklich guter Kontrast in der Steinwüste Innenstadt.«
Rudi Zipf, Freie-Wähler-Stadtrat.
»Was mir nicht gefällt, ist, dass alles einheitlich gestaltet ist. Jeder Platz sollte seine eigene Note haben, mal historisch mal individuell.«
Silvano Zampolli, FDP-Stadtrat.