Offenburger Stadtgeflüster
Kuscheljustiz in Offenburg? Der Unmut muss schon groß sein, wenn Kripo-Chef Roland Haug einen solchen Vorwurf öffentlich formuliert. Zwischen Urteilen am Landgericht Offenburg und am Landgericht Baden-Baden lägen oft Jahre, beklagte sich Haug diese Woche bei einer Pressekonferenz.
Das ist starker Tobak und wurde vom Landgericht Offenburg sofort dementiert: Mitnichten gebe es eine unangemessen milde Spruchpraxis. Die Polizeibeamten sehen dies aus ihrer Erfahrung heraus anders. Es ist deshalb gut, dass der Kripo-Chef seinem Ärger im Namen der Kollegen mal Luft verschafft hat, und darauf hofft, dass die Zügel nun etwas angezogen werden. Natürlich sind Urteile schwer zu vergleichen, aber dem öffentlichen Vorwurf der Kuscheljustiz dürfte man sich am Offenburger Landgericht nur ungern ausgesetzt sehen. Zumal: Wenn sich das unter den Ganoven herumspricht, hat man noch mehr Arbeit, weil alle nur noch vor die milden Richter in Offenburg treten wollen...
Ein Aufregerthema par excellence sind die Saatkrähen, die in Offenburg zur Plage geworden sind und mit ihren »Bombardements« Autofahrer und Menschen ärgern. Im schönen Vinzentiusgarten kann man sich fast nirgends mehr hinsetzen, und wer sein Auto am Gerichtsparkplatz abstellt, kann anschließend gleich für das Mehrfache der Parkgebühr in die Waschanlage fahren. So erging es OT-Leser Reinhard Benz, der deshalb ziemlich angefressen nach unserem Bericht in der Redaktion anrief und kurz davor war, von der Stadt Schadenersatz zu verlangen. Dort herrscht kollektives Schulterzucken, und man nennt viele Gründe, weshalb man gegen die schlauen Raben keinen Stich hat. Aber da macht man es sich wieder mal zu einfach. Vielleicht sollte Reinhard Benz mal wirklich seine Rechnung von der Waschanlage zur Erstattung vorlegen.
Wie viel Macht haben eigentlich die Ortsvorsteher? Diese spannende Frage klärt sich am Mittwoch im Umweltausschuss und dann am 29. Mai im Gemeinderat. Obwohl es zur Baumschutzverordnung in den Ortschaftsräten ein schallendes Nein gab, bittet die Verwaltung erneut um Zustimmung, die Regelung, dass die Motorsäge nur noch mit dem Segen der Stadt gezückt werden kann, auch auf die Ortsteile auszudehnen. Mal schauen, wer seinen Willen bekommt.
Der Fahrradzähler am Stadtbuckel funktioniert nicht mehr und soll deshalb noch vor der Sommerpause abgebaut werden. Stellt sich die finale Frage: War das 26 000 Euro teure Ding nun Steuerverschwendung oder doch sinnvolle Imageförderung für die Radstadt Offenburg? Wir meinen: Die Wahrheit liegt in der Mitte. Und wir gestehen: Wir haben eigentlich ganz gerne auf die Zahlen auf der Säule geschaut.
Die Tram wird in Kehl eingeweiht, und das ist für uns der Anlass, die nostalgisch anmutende Frage zu stellen, ob auch in Offenburg wieder wie früher eine Art »Entenköpfer«, also eine Straßenbahn, tuckern könnte. Innovativ wäre es jedenfalls, und das ständig wachsende Oberzentrum hat in Sachen Verkehr bekanntlich noch einigen Nachholbedarf. Allerdings sagt Bürgermeister Oliver Martini, dass Straßenbahnen erst für Städte ab 100 000 Einwohnern interessant sind. Martini fügt aber gleichzeitig an: »Sag niemals nie!« Vielleicht ergibt sich ja für Offenburg doch eine kleine charmante »Entenköpfer«-Route...
Bei der Gelegenheit möchten wir unseren Vorschlag wiederholen, den Verkehr zum Masterthema zu machen. Erste Gelegenheit dazu wäre bei der jährlichen Klausurtagung des Gemeinderats.
Für die Konjunkturmaßnahme der Woche muss man die Anwohner des Augustaplatzes loben. Sie haben durchgesetzt, dass dort Autofahrer mit dicken Pollern vom Rasen abgehalten werden. Jede Wette: Die schwierige Fahrt durch den kniffligen Parcours dürfte bald für einige Blechschäden sorgen und den Werkstätten in Offenburg Aufträge bescheren.
Beim Gedanken an die Abifete seiner Schüler im Kreisel am Schillerplatz treibt es Schiller-Direx Manfred Keller schnell die Schweißperlen auf die Stirn. Denn meist muss er hinterher die Wogen glätten. In diesem Jahr scheint die Etikette zu stimmen: »Wir, der jetzige Abiturjahrgang, wollen Ihnen mitteilen, dass es am Mittwoch, 3. Mai, von 13 bis 15 Uhr aufgrund der absolvierten Prüfungen etwas lauter wird«, heißt es in einem Schreiben an die Anwohner. Wir sind baff über so viel Höflichkeit! Oder ist das Schreiben als strafmildernde Selbstanzeige gedacht? Wir werden sehen, ob das Ende der Schullaufbahn radikale Kräfte freisetzt und inwieweit die Fete dann doch »eskaliert«, wie es neuerdings im Partyjargon heißt.
Auf jeden Fall wünschen wir noch viel Glück für die restlichen Prüfungen!
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