Schon Hansjakob kannte den »Grafen Magga«
»Er hat das Zeug zu einer Kultfigur«, meinen Harald Haiss und Roland Schopp. Gemeint ist die vielschichtige Gestalt des »Graf Magga«, alias Franz Anton Schmider. Der Hafnersbub, am 11. Juli 1817 in Zell geboren, war eng verbandelt mit der Zeller Keramikfabrik und soll nach 200 Jahren wieder zum Leben erweckt werden.
»Von der schillernden Figur war ich sofort fasziniert«, erinnert sich Roland Schopp, Zeller Heilpraktiker und deutschlandweit gefragter Macher historischer Perücken.
Vor über drei Jahren ist der aus Stuttgart stammende Wahl-Zeller auf die Erzählung »Der Graf Magga« gestoßen. Die stammt aus der Feder des berühmten Heimatschriftstellers Heinrich Hansjakob (1837 – 1916) und behandelt dessen Erinnerungen an Franz Anton Schmider.
Der schien ein hochintelligenter Außenseiter gewesen zu sein. Als Lehrbub fiel er Gottfried Lenz auf, der die Zeller Keramikfabrik von seinem Onkel Jakob Ferdinand Lenz übernommen hatte, dem Geldgeber für die 1794 von Anton Burger gegründete »Obere Fabrik«.
Lenz bildete Schmider in dem im Städtle damals hoch angesehenen Beruf des Porzellan-Modelleurs aus. Als solcher, für seine Herkunft früh zu viel Geld gekommen, kleidete dieser sich in einen teuren Frack. Und ließ sich – ganz Schelm – auf einer Ausflugsfahrt mit einer gemieteten Kutsche als Graf hofieren.
Als er bei einer Rast in Gengenbach jedoch jenen Dessertwein bestellen wollte, den die feine Gesellschaft zu sich zu nehmen pflegte, bestellte der Unwissende hochtrabend »Magga« anstelle von »Malaga«. Graf Magga war geboren. Der wohl ein wenig hochstaplerisch Angehauchte ließ sich gerne so nennen, wobei ihm nicht zuletzt aufgrund seiner Großzügigkeit die Sympathie vieler Mitmenschen sicher war.
In der Fabrik brachte er es bis zur Prokura, wurde zu Lenz’ rechter Hand und obendrein zu dessen Schwiegersohn. Doch Lenz brach mit ihm, als »Graf Magga« aus unerfindlichen Gründen für zwei Jahre nach Paris ging. Verarmt zurückgekehrt, hievte er sich wieder auf die Füße. Und sei es als Erfinder von zum Beispiel patentierten Hosenschonern. Zudem experimentierte er mit feuerfestem Geschirr. Mit dem Bau eines eigenen Brennofens vor den Toren der Stadt wurde der sechsfache Vater zum Begründer der »Unteren Fabrik« auf dem heutigen Areal der Zeller Keramik.
Und Schmider übte Einfluss auf das soziale Leben in Zell aus: Als Pate unehelich geborener Kinder. Als »Fasendskönig«, der dafür sorgte, dass in der närrischen Zeit keine lebenden Personen durch Spott verunglimpft wurden. Als Kirchenrat und als Mitglied des Zeller Stiftungsrates. Später betätigte er sich als Zigarrenhersteller, als Hotelier in New York, als Händler, war zuletzt Betreiber einer Bahnhofsrestauration.
Schopps ebenfalls historisch interessierter Lebenspartner Harald Haiss gehört zur weit verzweigten Verwandtschaft des Grafen Magga – als zweiter Cousin vierten Grades. Gemeinsam mit der Stadt, der Zeller Keramik sowie mit Vereinen wollen die beiden den illustren Herrn neu zum Leben erwecken. Beispielsweise mit einer Graf-Magga-Geburtstagsveranstaltung am 11. Juli. Und es gibt weitere Pläne: »Diese Figur hat viel Entwicklungspotential«, meinen Haiss und Schopp.