Strafbefehlsanträge nach tödlichem Badeunfall
Nach dem Tod eines 13-Jährigen am Waltersweierer Baggersee im Juni 2014 geht die Staatsanwaltschaft je gegen einen Mitarbeiter der Kiesfirma und der Stadt Offenburg vor. Sie wirft ihnen fahrlässige Tötung vor. Die Stadt akzeptiert das nicht und will die Haftungsfrage gerichtlich klären lassen.
Zwei tödliche Unfälle hatten im Juni vergangenen Jahres am Waltersweierer Baggersee für Entsetzen gesorgt. Am 10. Juni war ein 13-Jähriger in das Wasser gegangen, doch dann wurde er von abrutschenden Erdmassen erfasst. Der Junge wurde zwar noch lebend geborge, doch konnten ihn die Ärzte im Krankenhaus nicht retten. Seither hatte die Staatsanwaltschaft Offenburg ermittelt, ob es Versäumnisse gegeben hat. Am Mittwoch bejahte die Behörde das in einer Pressemitteilung. »Gegen einen Mitarbeiter der Betreiberfirma der Kiesgrube und einen Mitarbeiter der Stadt Offenburg wurde beim Amtsgericht Offenburg der Erlass eines Strafbefehls wegen fahrlässiger Tötung in Höhe von 70 beziehungsweise 60 Tagessätzen beantragt.«
Die Staatsanwaltschaft legt dem Mitarbeiter der Kiesgrube zur Last, trotz des ihm bekannten Publikumsverkehrs am Baggersee keine ausreichenden Maßnahmen zur Sicherung gegen unbefugten Zutritt getroffen zu haben. Die angebrachten Schilder »Baden verboten« seien unzureichend, weil nicht auf Lebensgefahr durch wegbrechenden Untergrund hingewiesen worden sei.
»Anforderung bekannt«
Weiter schreibt die Staatsanwaltschaft: »Für eine sichere Beseitigung der Gefahr hätte es einer Absperrung bedurft. Diese Anforderungen waren ausdrücklich in dem der Erweiterung der Kiesgrube zugrundeliegenden Planfeststellungsbeschluss des Landratsamts vom 25. September 2009 ausgeführt und dem Mitarbeiter bekannt.« Vom Kieswerk war am Mittwoch keine Stellungnahme zu bekommen.
Dem Mitarbeiter der Stadt Offenburg wird vorgeworfen, von der regen unerlaubten Nutzung als Badesee und den unzureichenden Sicherheitsmaßnahmen gewusst, sich aber entgegen der gesetzlichen Verpflichtung zur Gefahrenabwehr nicht vergewissert zu haben, dass die Versäumnisse behoben werden. Gegen einen Mitarbeiter des Landratsamts wurde das Verfahren wegen geringer Schuld eingestellt. Er habe von ihm getroffene Feststellungen nicht an die Stadt Offenburg weitergeleitet.
Wolfgang Reinbold, Pressesprecher der Stadt, sagte auf Anfrage der Mittelbadischen Presse: »Wir können den Strafbefehl nicht nachvollziehen und unterstützen unseren Mitarbeiter, die Angelegenheit gerichtlich klären zu lassen.« Dies geschehe auch aus Eigeninteresse der Stadt, um zu wissen, inwieweit sie verpflichtet sein soll, den See abzusperren. Drei Tage vor dem Unfall des 13-Jährigen war an fast derselben Stelle ein 21-Jähriger verunglückt. Auch er starb im Krankenhaus. Hier hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt, weil sie kein Fremdverschulden sah.
Streit bei der DLRG
Die Unfälle hatten eine Diskussion über die Einsatzfähigkeit der DLRG Offenburg und einen Streit mit dem Landesverband zur Folge. Denn im Einsatz waren Taucher aus Kehl, die wegen der Anfahrt spät eingetroffen waren. Die Feuerwehr Offenburg möchte bis Sommer eine Einsatzgruppe »Wasser- und Eisrettung« in Kooperation mit den Feuerwehrtauchern aus Kehl und Straßburg sowie Mitgliedern der DLRG Offenburg gründen.
§ 222 fahrlässige Tötung
Der Gesetzgeber hat in § 222 des Strafgesetzbuchs fahrlässige Tötung wie folgt geregelt. Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Somit wird deutlich, dass die Staatsanwaltschaft zwar ein Verschulden des Kieswerk-Mitarbeiters und des Mitarbeiters der Stadt Offenburg sieht, dieses jedoch am unteren Ende des Strafrahmens ansiedelt.