Sunrise-Festival in Offenburg: Musikgrößen vor der Haustür
In den 70ern war Offenburg eine echte Konzertmetropole. Die Größen kamen reihenweise an die Kinzig. Höhepunkt war sicher das Sunrise-Festival am 6. Juni 1976. Rund 20 000 Besucher kamen zu diesem »Offenburger Woodstock« (wir berichteten). OT-Leser Peter Nath (56) ist unserem Aufruf gefolgt und hat uns einige der seltenen Bilder von diesem Ereignis geschickt.
»Paradiesisch« – so umschreibt Peter Nath seine Jugendzeit in Offenburg. Die Stadt sei in den 70er-Jahren mit Konzerten gesegnet gewesen. Er habe es als Privileg empfunden, all die Musikgrößen direkt vor der Haustür erleben zu dürfen, die aufgrund der Ortenauhalle als perfekter Veranstaltungsstätte damals nach Offenburg kamen. »Ich war als 13-Jähriger bei Deep Purple und Led Zeppelin. Santana und Uriah Heep hatten wir auch 1973«, erzählt der 56-jährige Politologe und Historiker. Und natürlich war er auch beim legendären »Sunrise«-Festival.
Der damalige Zehntklässler hatte sich mit zwei Kumpels vom Okengymnasium die Eintrittskarten gesichert und sich auf den Weg zum Messegelände gemacht. Weil das Konzert schon um 10 Uhr morgens begann und bis spätabends dauerte, bis irgendjemand den Strom abdrehte, hatten sich die drei Jungs mit Proviant eingedeckt. »Cola-Dosen und belegte Brote«, wie sich Nath erinnert. Auf dem Areal hatten es sich die Rockfans schon gemütlich gemacht und wie damals üblich auf den Boden gehockt. »Je nach Gusto sind die Leute auch aufgestanden, haben geklatscht und zur Musik getanzt«, berichtet Nath. Bob Marley sei nicht so sein Fall gewesen, erzählt er weiter. Aber Wishbone Ash und Alvin Lee »wollte ich schon aus der Nähe sehen«. Lee hatte in Offenburg seine legendäre Gitarre dabei, mit der er beim Woodstock-Festival das unvergessene »I’m going home« gespielt hat.
Nath hat diese Momente glücklicherweise mit seiner Kamera festgehalten. Denn weder die Messe selbst noch das Stadtarchiv verfügen über Bilder vom Offenburger Sunrise-Festival. Wir haben deshalb einen Aufruf unter unseren Lesern gestartet, auf den der Politologie und Historiker reagiert und uns einige tolle Impressionen zugemailt hat.
»Hey, wollt ihr Shit?«
Seine Frau hatte übrigens Pech: Die damals 15-Jährige durfte nicht aufs Festival. Ihrem Vater war das Besucherklientel nicht ganz geheuer. Schließlich wurden zu dieser Zeit gerne Rauschmittel konsumiert. Nath erzählt hierzu eine kleine Anekdote: »Hey, wollt ihr Shit?«, habe ein Besucher die drei Oken-Schüler gefragt. »Du spinnst ja wohl!«, lautete die empörte Antwort. Also ging der Mann weiter und sprach den nächsten an – es war ein Polizist, der den Grasverkäufer prompt abführte.
»Es war eine prägende Zeit«, erinnert sich Nath gerne zurück. Was heutzutage in Offenburg geboten werde, sei kein Vergleich. Er selbst ist zwar kein Musiker geworden (»Ich spiele nur Gitarre für den Hausgebrauch«), aber musikverrückt ist Nath geblieben. Wenn man solche musikalischen Helden live gesehen hat, ist das auch kein Wunder.