Szenenapplaus beim Vortrag in Weier
Das Konzert an der Kinzig stand ganz im Zeichen von Johannes Brahms, der sich in den von Lisa und Lara Erbès ausgewählten Stücken sogar als Vorläufer der Moderne präsentierte.
»Frei – aber einsam«: Im Namen der Sonate für Violine und Klavier, die über dem den Werken von Johannes Brahms gewidmeten »Kammerkonzert an der Kinzig« stand, schwingt eine Idee von Künstlerideal mit, wie es das romantische Zeitalter gern gesehen hat.
Zum Einzelgänger Johannes Brahms, der sich etwa mit seinem Zeitgenossen, dem Gesellschaftslöwen Franz Liszt, überhaupt nicht verstand, passt dieses Klischee – auch wenn der Wahlspruch gar nicht von ihm selbst, sondern von dem mit Brahms befreundeten Geiger Josef Joachim stammt.
Ausgesuchte Stücke
Beginnend mit dem Scherzo in c-Moll aus der »FAE«-Sonate von 1853 präsentierten die Pianistin Lara Erbès und die Violoncellistin Lisa Erbès sehr ausgesuchte Brahms-Stücke. Die Werke loten die ganze Fülle des Schaffens des großen Komponisten aus und zeigen diesen im Intermezzo in h-Moll, dem ersten der »Vier Klavierstücke« op. 119, sogar mit einem kleinen Wagnis in Richtung Dissonanz als Vorläufer von Komponisten wie Arnold Schönberg. Für das Violoncello hatte Lisa Erbès Violinen-, vor allem aber auch Gesangsparts angepasst.
Der Ausdruck ist immer stark, ob es in die eher heftige oder im Gegenteil in die sehr ruhige Richtung geht.
Dramatisch und kräftig das Scherzo, ruhig, fast elegisch und am Ende bis zum Unhörbaren ins Leise verklingend das Lied Nr. 1 aus den »Sechs Liedern für eine Stimme« op. 85 nach Heinrich Heines »Sommerabend«, gefolgt vom Lied Nr. 2 aus einer Sammlung von »Fünf Liedern für eine tiefere Stimme« op. 105, die Vertonung von »Immer leiser wird mein Schlummer« nach Hermann Lingg. Hier wird die perfekte Abstimmung der beiden Künstlerinnen aufeinander schön hörbar, die enge Verbindung fast sichtbar.
Effektvoller Schluss
Auch die »Feldeinsamkeit« nach Hermann Allmers schwelgt in Ruhe und Melodie, bevor beginnend mit Nr. 3 aus den »Vier ernsten Gesängen« op. 121 Dramatik und intensive Trauer Einzug halten. Von ganz anderer Färbung dann das Klavierstück »Nr. 3 Intermezzo C-Dur« wieder aus op. 119, lebhaft, mit seinem sehr effektvollen Schluss, der auch prompt den ersten Szenenapplaus provozierte.
Sie dürfen bei Brahms nicht fehlen: Mit dem Vierten der »Ungarischen Tänze« erfreuten Lisa und Lara Erbès ihr in den Bann geschlagenes Publikum, bevor zum Abschluss die herausragend umgesetzte »Sonate Nr. 1 für Violoncello (Violine) und Klavier« op. 87 erklang – die »Regenliedsonate«, passend zum in der Tat etwas feuchten, aber wunderschönen Sonntagmorgen.