Unterricht in den Weinbergen
Offenburg-Rammersweier. Unterricht im Grünen steht seit kurzem auf dem Stundenplan der Zweitklässler der Rammersweierer Grundschule. Im Rahmen des Fachs Mensch, Natur und Kultur (Menuk) unterweist Alt-Ortsvorsteher Gerhard Hurst in seiner Eigenschaft als Winzer die Sieben- bis Achtjährigen in Sachen Weinbau.
»Ein Jahr in den Reben« hat die Grundschule ihr bis zum Herbst laufendes Projekt betitelt. Im Gewann »Pflenzinger«, einen Steinwurf vom Schulhaus entfernt, verfolgen die Kinder seit zwei Monaten gemeinsam mit ihren Klassenlehrerinnen Sigrun Hertenstein und Eva Jakubek und der Referendarin Laura Afshordel die Arbeit in der 30 Ar großen mit den Sorten Müller-Thurgau und Spätburgunder bepflanzten Anlage von Gerhard Hurst, die mit dem Rebschnitt im Januar begonnen hat.
Mit dabei sind auch vier hörgeschädigte Kinder, die 2010 in der Grundschule Rammersweier mit weiteren 20 Erstklässlern eingeschult wurden und mit Hilfe von Mikrofonen am normalen Unterricht teilnehmen können. Auch beim Unterricht im Grünen passen die Vier wie alle anderen genau auf, was in den Reben das Jahr hindurch passiert.
»Es ist mir ein Anliegen, die Grundschüler mit der Arbeit des Winzers vertraut zu machen. Wir leben in einer Gemeinde, in der seit beinahe 800 Jahren Weinbau betrieben wird«, begründet der ehemalige Präsident des Badischen Weinbauverbandes sein Engagement. »Dieses Projekt passt genau in das Curriculum unserer Grundschule«, zeigen sich die Klassenlehrerinnen von der Idee begeistert.
So erfahren die Zweitklässler unter anderem, dass in Rammersweier auf einer Anbaufläche von über 50 Hektar die Rebstöcke auf tiefgründigen Löss- und Lehmböden besonders gut gedeihen. »Reben biegen« stand in dieser Woche auf dem Stundenplan. »Diese Arbeit ist nötig, damit die Trauben später besser wachsen können«, klärte der Alt-Ortsvorsteher die Kinder auf und wies darauf hin, dass aus jedem der sechs bis acht »Augen« der am Draht entlang gezogenen und befestigten Rute in etwa vier bis fünf Wochen neue grüne Triebe sprießen.
Detaillierte Erklärungen
Damit die Ruten beim Biegen nicht brechen, seien feuchtes Wetter oder leichter Nieselregen ideale Voraussetzungen für die Durchführung dieser Arbeit, mahnte Gerhard Hurst zur Vorsicht an diesem nicht gerade feuchten Vormittag. Als nächstes steht Ende April, Anfang Mai das Ausbrechen und Korrigieren der Triebe an.
»Wir werden den Entwicklungsstand der Reben das ganze Jahr über bis zur Weinlese genau verfolgen. Auch für uns ist das alles Neuland und äußerst interessant«, freuen sich die Klassenlehrerinnen Sigrun Hertenstein und Eva Jakubek gemeinsam mit ihren Schützlingen auf viele weitere Unterrichtsstunden im Weinberg von Gerhard Hurst, dem langjährigen Vorstandsvorsitzenden der WG Rammersweier. Schließlich dürfen sie unter seiner und Ehefrau Marias Aufsicht bei jedem Arbeitsgang selbst Hand anlegen.