Verfahren wegen Zuhälterei gegen Paar endet mit Überraschung
Die Anklage gegen ein Paar aus Bühl vor dem Offenburger Amtsgericht hatte es in sich: Unter anderem waren sie der gemeinschaftlichen Zuhälterei und Vergewaltigung beschuldigt. Ein Tatort: Elgersweier. Doch am Ende wurde das Verfahren eingestellt, da ihnen nach mehreren Raubüberfällen in der Schweiz eine höhere Strafe droht.
Mit einem Paukenschlag, beziehungsweise einer Einstellung des Verfahrens, endete am Mittwoch die Sitzung vor dem Schöffengericht. Zuvor warf der Erste Staatsanwalt Jochen Wiedemann in der Anklageschrift dem Paar, das damals in Bühl wohnhaft war, gemeinschaftliche Zuhälterei und Vergewaltigung, gefährliche Körperverletzung, Bedrohung und unerlaubten Drogenbesitz (fünf Gramm Marihuana) vor.
Umfang und Preis für sexuelle Dienstleistungen
Diese Tatvorwürfe bezogen sich bereits auf den Zeitraum von Februar bis September 2011: Hier sollen der 44-jährige Angeklagte und seine 45-jährige Freundin eine junge Frau aus Rumänien in einer Willstätter Unterkunft, diversen Privatwohnungen und einem Hotel im Großraum Kehl sowie in einem »Etablissement« in Elgersweier zur Prostitution gezwungen haben. Dabei sollen die Angeklagten nicht nur sämtliche Termine für das mittlerweile 27-jährige Opfer organisiert haben, sondern auch Umfang und Preis für die sexuellen Dienstleistungen. Das eingenommene Geld soll die Geschädigte jedoch nie erhalten haben. Stattdessen wurde sie überwacht und durch Einschüchterungsmaßnahmen gefügig gemacht.
Weiterhin sollen die beiden Angeklagten, die von den Rechtsanwälten Thomas Saschenbrecker (Ettlingen) und Uwe Kirsch (Karlsruhe) vertreten wurden, die 27-Jährige festgehalten, vergewaltigt und mit einem Messer bedroht haben. Im Sommer 2011 habe sich die junge Frau in der Willstätter Unterkunft zur »Prostitutionsausübung« befunden. Nachdem sich ein Gast beschwert hatte, soll der Angeklagte ihren Kopf gegen einen Heizkörper geschlagen haben. Abschließend sollen die beiden Angeklagten dem Inhaber der Unterkunft, gedroht haben, ihm das Haus abzufackeln, als sich dieser über bis zu acht Freier am Tag beschwert hatte.
»Zigeuner-Zuhälterclan«
Sowohl die Bürokauffrau als auch der Einzelhandelskaufmann, die sich zuletzt in der Schweiz mit einem IT-Unternehmen selbstständig machen wollten, konnten sich nicht erklären, warum sie auf der Anklagebank saßen. Seitdem sie 14 Jahre alt sei, würde die Geschädigte auf den rumänischen Straßenstrich gehen, so der Angeklagte. Seit Jahren würde ihr Freund und eine Bekannte als »Zigeuner-Zuhälterclan« vor allem rumänische Mädchen nach Deutschland holen, schlagen und abkassieren. Sie beide hätten der 27-Jährigen nur helfen wollen und bei sich wohnen lassen, so der 44-Jährige.
»Sie hat sich freiwillig prostituiert, wir wollten nur, dass sie sich rechtmäßig anmelde und haben sie – auch finanziell – unterstützt.« Den einzigen Fehler, den er gemacht habe, sei, dass er seine Freundin mit der Geschädigten betrogen habe, allerdings habe es sich um »einvernehmlichen Sex« gehandelt. Dabei habe sich die junge Dame wohl in ihn verliebt, was jedoch unerwidert geblieben sei: »Nun hat sie mich erpresst, das ist wohl die Rache der Frau.« Auch die anderen Tatvorwürfe wiesen die beiden weit von sich und prangerten vor allem den Inhaber der Unterkunft an, illegale Geschäfte zu machen.
Niemand habe ihr geglaubt
Die Geschädigte selbst bestätigte zum größten Teil die Vorwürfe: Ihr sei von einer Bekannten ihres Freundes in Aussicht gestellt worden, in Deutschland in einem Restaurant arbeiten zu können. Als sie jedoch – noch in Rumänien – erfuhr, dass sie bei den Angeklagten anschaffen solle, habe sie sich zunächst geweigert, habe aber schließlich trotzdem eingewilligt. Immer wieder sei sie bedroht worden, wenn sie nicht mache, was die beiden von ihr verlangten. Niemand habe ihr geglaubt, da fast alles Freunde der Angeklagten gewesen seien: »Die machen so etwas nicht«, wurde behauptet.
Einige Widersprüche in den Aussagen der Geschädigten, vor allem aber auch einige Bilder und Videos, die die 27-Jährige zeigen, wie sie durchaus gut gelaunt in Unterwäsche posierte und mit den Angeklagten tanzte, ließen die Staatsanwaltschaft schließlich zu der Erkenntnis kommen, dass die Beweislage »zum Vergessen« sei.
800 000 Euro bei Juwelier
Doch noch etwas anderes trug dazu bei, dass Richterin Ute Körner das Verfahren auf Antrag von Jochen Wiedemann schließlich nach Paragraf 154 StPO (»Teileinstellung bei mehreren Taten«) einstellte: Die beiden Angeklagten sitzen derzeit nämlich in der Schweiz in Untersuchungshaft, weil sie dort insgesamt drei Raubüberfälle verübt haben sollen. Die Beute unter anderem: mehr als 800 000 Euro bei einem Juwelier sowie ein Porsche.
Da das Pärchen diese Taten schon zum größten Teil eingeräumt hat, drohe ihnen bei einer Verurteilung eine Strafe im deutlich zweistelligen Bereich, meinte Wiedemann. Daher falle die mögliche Strafe bei dieser Verhandlung nicht so ins Gewicht. »So schnell enden manche Verfahren«, stellte Wiedemann fest.