Nordrach / Zell a. H. / Gengenbach

Von Nordrach über Zell nach Gengenbach

Marc Faltin und Dietmar Ruh
Lesezeit 4 Minuten
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26. Juli 2014
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Am nächsten Mittwoch liegt der Bebauungsplan der Stadt Gengenbach für eine Ansiedlung der Firma Junker beschlussreif auf dem Ratstisch – nach nur drei Monaten. Dabei wollte Nordrachs größter Arbeitgeber eigentlich bei der Zeller Keramik im großen Stil bauen.

Nordrach/Zell a. H./Gengenbach (mf/dr). Zells Bürgermeister Hans-Martin Moll und der Nordracher Fabrikant Erwin Junker geben sich gegenseitig die Schuld am Scheitern der Junker-Neubaupläne auf dem Keramik-Areal. Moll hatte zuletzt betont, dass die »Signale aus Zell«, die der Firma Junker laut OT-Bericht im April 2014 fehlten, durch Beschlussfassung des Gemeinderats bereits im März 2013 sehr wohl erfolgt seien. »Das Gremium kann sich mit einer Bebauung in der vorgelegten Form grundsätzlich anfreunden«, sei der Firma damals aus dem Rat übermittelt worden. »Anfreunden« sei aber kein positives Signal, erklärte Junker im Mai 2014. Dieses Wort impliziere, dass an den vorgelegten Dimensionen und Ausführungen noch Änderungen nötig seien, ergänzte Walter Schubert, früher Gengenbacher Notar und heute Berater für Junker.
Als der Firma im Juni 2013, so Moll, die Rahmenbedingungen und Schritte für einen Bebauungsplan nochmals dargelegt worden seien, kam am 2. Juli 2013 als Antwort aus Nordrach: »Dieser Palast, den wir bauen wollten (...), wäre einmalig gewesen in der Ortenau. Aber nun ist das Projekt für uns passé«. Im Schreiben Molls vom Juni 2013 sind für Junker mit die Gründe für seine Absage enthalten.
In diesem Brief der Stadt, der der Redaktion vorliegt, wird aus einer Beratung des Gemeinderats zitiert, nach der ein Bebauungsplan im fraglichen Gebiet »nicht nur die baulichen Perspektiven Ihrer Firma absichern soll, sondern auch die weiteren unbebauten Flächen zwischen Waagmatt und Keramik einer gewerblichen Nutzung zuführen soll«. Dazu sei auch ein Lärmgutachten unabdingbar, das Auswirkungen gewerblicher Nutzung im Hinblick aufs Wohngebiet Waagmatt darstellt. Und: Zur Erschließung müsse eine Straße gebaut werden, die über die Brücke der Keramik und einen Teil des Keramikareals führen muss. Das seien keine Bausignale, sondern viele Hindernisse, so Junker rückblickend. Als weitere Gründe fürs Scheitern des Bauvorhabens führt er die vorhandene Wohnnutzung in der Villa an. Hinzu kam Streit um Grundstückspreise. Alles zusammen habe ihn zum Zurückziehen seiner Pläne veranlasst, so Junker. Und: »Moll hat den Fehler gemacht, mich nicht einzuladen. Ich wäre mit meinen Geschäftsführern in den Gemeinderat gekommen und hätte die Pläne vorgestellt. So haben wir es auch in Gengenbach gemacht.«
Dort schaltete Bürgermeister Thorsten Erny nach einer Pressekonferenz im April 2014 umgehend den Turbo ein: »Fast genau zwei Jahre nach dem Aus der Hukla bedeutet diese Unternehmer-Entscheidung von Junker eine Jahrhundertchance für die Stadt Gengenbach.« Am noch großen freien Rand entlang der »Nordspange« zwischen Bahn und L99-Kreisel plant das Maschinenbau-Unternehmen einen Neubau für rund 15 Millionen Euro, wie er bereits in Tschechien stehe, so Fabrikant Junker. Neben Verwaltung sowie Halle für Endmontage, Abnahme und Kundeneinweisung der in Osteuropa produzierten Hochgeschwindigkeits-Schleifmaschinen sei in Gengenbach eine Akademie mit 30 Einzelzimmern, Hörsaal für bis zu 100 Besuchern plus Restaurant geplant. Gengenbachs Gemeinderat hatte – natürlich nichtöffentlich – bereits grünes Licht für einen Junker-Erwerb der letzten 2,5 Hektar und die Einleitung der Änderung des Bebauungsplans gegeben.
Sondergebiet in Rekordzeit
Gerade wegen »Nutzungsmischung mit Akademie, Unterkünften und Schulungsräumen«, so Vera Deibler vom beauftragten Stuttgarter Architektenbüro Baldauf, wurde ein Sondergebiet »Technologiepark« und damit die Änderung des Bebauungsplans »Kinzigpark II« nötig. »Nach nur sechs Wochen«, wie Erny betonte, stellte Deibler den Entwurf für diese Bebauungsplanänderung am 21. Mai 2014 dem Rat öffentlich vor. Das Sondergebiet umfasst 2,66 Hektar, das Baufenster 19 650 Quadratmeter, die zulässige Gebäudehöhe 25 statt bisher 16 Meter. Auch zwei Hubschrauberlandeplätze stehen auf der Wunschliste des potenziellen Investors. Am Mittwoch, 30. Juli 2014, beschließt der Gemeinderat nach nur drei Monaten den Bebauungsplan im vereinfachten Verfahren, wofür jedoch sonst gut zwölf Monate nötig seien, so Erny. Womit der Weg äußerst schnell geebnet wäre für den Kauf des Geländes durch den Fabrikanten Junker.
»Als Ehrenbürger spüre ich eine Verpflichtung für meine Heimatgemeinde«, so der 84-Jährige, »doch wir haben in den vergangenen Jahren den Umsatz verdreifacht, aber kein Gelände mehr in Nordrach«. Wo Junker 1962 das Unternehmen gründete, sollen von 400 Arbeitsplätzen rund 100 bleiben – jene für Forschung und Entwicklung.

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