Ditib - der lange Arm Erdogans nach Deutschland?
Am Montag, 3. Oktober, geben die Muslime in Deutschland beim Tag der offenen Moschee Einblicke in ihre Gemeinden. Die Moscheen sahen sich zuletzt vermehrt Kritik ausgesetzt, die sich am Einfluss der Dachorganisation Ditib und der Erdogan-Regierung entzündete – aus Sicht der türkisch-islamischen Gemeinde in Offenburg zu Unrecht.
Zweieinhalb Monate ist es her, dass in der Türkei ein Putschversuch gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan scheiterte. Was folgte, waren teilweise rigorose Maßnahmen des Präsidenten, dessen Person dadurch in der deutschen Öffentlichkeit noch mehr als zuvor in die Kritik geriet. In diesem Zusammenhang wurden die Stimmen lauter, die den Einfluss des Dachverbands Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib, bemängelten. Der Verband unterliegt indirekt der Kontrolle des türkischen Präsidenten. Reicht dessen Arm also auch bis nach Offenburg – und hat das (negativen) Einfluss auf das, was in der Moschee in der Stegermattstraße gepredigt wird?
Süleyman Sögütlü, Vorstandsmitglied beim türkisch-islamischen Verein in Offenburg und Mitglied im Intergrationsbeirat, sagt Nein. »Hetzkampagne« nennt er das, was in den vergangenen Monaten zum Thema Ditib durch die Medien ging. Sögütlü ist selbst seit vier Jahren ehrenamtlich in der Moschee aktiv. Er ist sich sicher: Für Politik ist in der Moschee kein Raum. Anders würde es auch nicht funktionieren, zu unterschiedlich seien die Gruppen dort, was Herkunft und Glaubensrichtungen angeht. »Es sind Menschen, und die haben alle unterschiedliche Ansichten«, betont der 35-Jährige.
Dass die Moschee »nicht nur Haus Gottes« sei, liege an ihrer Funktion als wichtige Anlaufstelle für die Bevölkerung und für Neubürger. Zu Letzteren zählt Sögütlü die muslimischen Studenten der Hochschule Offenburg und die Flüchtlinge. Generell besuchten immer mehr Menschen die Offenburger Moschee.
Über 500 beim Gebet
Das spiegle sich weniger an der Mitgliederzahl des türkisch-islamischen Vereins, der Träger der Moschee ist, wider – aktuell liegt sie bei rund 200 –,
sondern zeige sich vielmehr bei größeren Veranstaltungen wie dem Freitagsgebet. Daran nähmen regelmäßig 500 bis 600 Gläubige aus dem Umfeld der Gemeinde teil, dazu kämen mindestens 300 bis 350 »Fremde«. Allein um die 150 seien Flüchtlinge. Gerade zur Fastenzeit habe die Moschee für diese Gruppe eine wichtige Rolle gespielt. Viele Flüchtlinge hätten sich hier das Essen geholt. »Wenn wir das nicht machen würden, würde es einige Probleme geben«, sagt Sögütlü.
Der Zusammenhalt sei groß in der Gemeinde, was sich unter anderem an der Spendenbereitschaft zeige. Denn an den Spenden hängt fast alles: Zwar gehört die Moschee selbst Ditib. Der Unterhalt des 1992 gekauften Gebäudes will aber genauso finanziert sein wie der jüngst fertiggestellte dreigeschossige Neubau oder die großen Feste. Dafür reichen die Mitgliedsgebühren von monatlich zehn Euro für Normalverdiener und fünf Euro für Rentner oder Schüler nicht aus.
Einzig der Imam, der einzige Hauptberufliche in der Moschee, wird von Ditib bezahlt. Die Kritik daran kennt Sögütlü genauso wie die an der Tatsache, dasa die Imame jeweils für fünf Jahre aus der Türkei entsandt werden und in der Regel keinen Bezug zur Gesellschaft in Deutschland haben. Natürlich seien in Deutschland ausgebildete und deutschsprachige Imame wünschenswert, findet er. Nur: Wo sollen sie herkommen? Zu lange sei es versäumt worden, in Deutschland Imame auszubilden. Und: »Wo kommen die her, die ihnen das alles beibringen? Haben wir so viele Professoren hier?« In diesem Zusammenhang sei auch der deutsche Staat in der Pflicht.
Integration funktioniert
Insgesamt ist Sögütlü sich trotz aller Skepsis mancher Mitbürger sicher, dass die Moscheegemeinde längst ihren Platz in Offenburg gefunden hat. Zum Thema Integration sagt er: »Das funktioniert ganz gut.« Das zeige sich bei Festen in der Innenstadt, aber auch in den Ortsteilen, wo der türkisch-islamische Verein regelmäßig mitwirke. Und das soll sich auch am Montag, 3. Oktober, beim Tag der offenen Moschee zeigen.
Süleyman Sögütlü spricht sich klar dafür aus, die Ereignisse in der Türkei und das Leben in Deutschland nicht zu vermischen. »Was in der Türkei ist, soll in der Türkei bleiben. Was in Deutschland ist, soll in Deutschland bleiben.«
Tag der offenen Moschee
Die islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland veranstalten seit 1997 jedes Jahr am 3. Oktober den bundesweiten Tag der offenen Moschee. Mehr als 1000 Moscheen, mehr als ein Drittel aller Moscheen in Deutschland, bieten an diesem Tag Moscheeführungen, Vorträge und Ausstellungen an.
Zum diesjährigen Tag der offenen Moschee am Montag, 3. Oktober, sind alle Interessierten auch wieder in die Offenburger Moschee in der Stegermattstraße eingeladen. Angeboten werden zwei Moscheeführungen, die um 14 und 16 Uhr stattfinden. Dazu ist keine Voranmeldung erforderlich. »Lernen Sie die Gastfreundschaft unseres Vereins bei einem Cay (türkischer Tee) kennen«, werben die Verantwortlichen vom türkisch-islamischen Verein. Darüber hinaus werden auch Kleinigkeiten zum Essen angeboten.