Offenburg

Ditib - der lange Arm Erdogans nach Deutschland?

Florian Pflüger
Lesezeit 4 Minuten
Jetzt Artikel teilen:
01. Oktober 2016
Mehr zum Thema
Die Offenburger Moschee in der Stegermattstraße: Sie gehört dem Dachverband Ditib an – die Verantwortlichen sehen jedoch keinen zu großen Einfluss.

Die Offenburger Moschee in der Stegermattstraße: Sie gehört dem Dachverband Ditib an – die Verantwortlichen sehen jedoch keinen zu großen Einfluss. ©Ulrich Marx

Am Montag, 3. Oktober, geben die Muslime in Deutschland beim Tag der offenen Moschee Einblicke in ihre Gemeinden. Die Moscheen sahen sich zuletzt vermehrt Kritik ausgesetzt, die sich am Einfluss der Dachorganisation Ditib und der Erdogan-Regierung entzündete – aus Sicht der türkisch-islamischen Gemeinde in Offenburg zu Unrecht.

Zweieinhalb Monate ist es her, dass in der Türkei ein Putschversuch gegen die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan scheiterte. Was folgte, waren teilweise rigorose Maßnahmen des Präsidenten, dessen Person dadurch in der deutschen Öffentlichkeit noch mehr als zuvor in die Kritik geriet. In diesem Zusammenhang wurden die Stimmen lauter, die den Einfluss des Dachverbands Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion, kurz Ditib, bemängelten. Der Verband unterliegt indirekt der Kontrolle des türkischen Präsidenten. Reicht dessen Arm also auch bis nach Offenburg – und hat das (negativen) Einfluss auf das, was in der Moschee in der Stegermattstraße gepredigt wird?

Süleyman Sögütlü, Vorstandsmitglied beim türkisch-islamischen Verein in Offenburg und Mitglied im Intergrationsbeirat, sagt Nein.  »Hetzkampagne« nennt er das, was in den vergangenen Monaten zum Thema Ditib durch die Medien ging. Sögütlü ist selbst seit vier Jahren ehrenamtlich in der Moschee aktiv. Er ist sich sicher: Für Politik ist in der Moschee kein Raum. Anders würde es auch nicht funktionieren, zu unterschiedlich seien die Gruppen dort, was Herkunft und Glaubensrichtungen angeht. »Es sind Menschen, und die haben alle unterschiedliche Ansichten«, betont der 35-Jährige.

Dass die Moschee »nicht nur Haus Gottes« sei, liege an ihrer Funktion als wichtige Anlaufstelle für die Bevölkerung und für Neubürger. Zu Letzteren zählt Sögütlü die muslimischen Studenten der Hochschule Offenburg und die Flüchtlinge. Generell besuchten immer mehr Menschen die Offenburger Moschee. 

Über 500 beim Gebet
Das spiegle sich weniger an der Mitgliederzahl des türkisch-islamischen Vereins, der Träger der Moschee ist, wider – aktuell liegt sie bei rund 200 –, 
sondern zeige sich vielmehr bei größeren Veranstaltungen wie dem Freitagsgebet. Daran nähmen regelmäßig 500 bis 600 Gläubige aus dem Umfeld der Gemeinde teil, dazu kämen mindestens 300 bis 350 »Fremde«. Allein um die 150 seien Flüchtlinge. Gerade zur Fastenzeit habe die Moschee für diese Gruppe eine wichtige Rolle gespielt. Viele Flüchtlinge hätten sich hier das Essen geholt. »Wenn wir das nicht machen würden, würde es einige Probleme geben«, sagt Sögütlü.

- Anzeige -

Der Zusammenhalt sei groß in der Gemeinde, was sich unter anderem an der Spendenbereitschaft zeige. Denn an den Spenden hängt fast alles: Zwar gehört die Moschee selbst Ditib. Der Unterhalt des 1992 gekauften Gebäudes will aber genauso finanziert sein wie der jüngst fertiggestellte dreigeschossige Neubau oder die großen Feste. Dafür reichen die Mitgliedsgebühren von monatlich zehn Euro für Normalverdiener und fünf Euro für Rentner oder Schüler nicht aus. 

Einzig der Imam, der einzige Hauptberufliche in der Moschee, wird von Ditib bezahlt. Die Kritik daran kennt Sögütlü genauso wie die an der Tatsache, dasa die Imame jeweils für fünf Jahre aus der Türkei entsandt werden und in der Regel keinen Bezug zur Gesellschaft in Deutschland haben. Natürlich seien in Deutschland ausgebildete und deutschsprachige Imame wünschenswert, findet er. Nur: Wo sollen sie herkommen? Zu lange sei es versäumt worden, in Deutschland Imame auszubilden. Und: »Wo kommen die her, die ihnen das alles beibringen? Haben wir so viele Professoren hier?« In diesem Zusammenhang sei auch der deutsche Staat in der Pflicht.  

Integration funktioniert
Insgesamt ist Sögütlü sich trotz aller Skepsis mancher Mitbürger sicher, dass die Moscheegemeinde längst ihren Platz in Offenburg gefunden hat. Zum Thema Integration sagt er: »Das funktioniert ganz gut.« Das zeige sich bei Festen in der Innenstadt, aber auch in den Ortsteilen, wo der türkisch-islamische Verein regelmäßig mitwirke. Und das soll sich auch am Montag, 3. Oktober, beim Tag der offenen Moschee zeigen.

Süleyman Sögütlü spricht sich klar dafür aus, die Ereignisse in der Türkei und das Leben in Deutschland nicht zu vermischen. »Was in der Türkei ist, soll in der Türkei bleiben. Was in Deutschland ist, soll in Deutschland bleiben.«

Hintergrund

Tag der offenen Moschee

Die islamischen Religionsgemeinschaften in Deutschland veranstalten seit 1997 jedes Jahr am 3. Oktober den bundesweiten Tag der offenen Moschee. Mehr als 1000 Moscheen, mehr als ein Drittel aller Moscheen in Deutschland, bieten an diesem Tag Moscheeführungen, Vorträge und Ausstellungen an. 
Zum diesjährigen Tag der offenen Moschee am Montag, 3. Oktober, sind alle Interessierten auch wieder in die Offenburger Moschee in der Stegermattstraße eingeladen. Angeboten werden zwei Moscheeführungen, die um 14 und 16 Uhr stattfinden. Dazu ist keine Voranmeldung erforderlich. »Lernen Sie die Gastfreundschaft unseres Vereins bei einem Cay (türkischer Tee) kennen«, werben die Verantwortlichen vom türkisch-islamischen Verein. Darüber hinaus werden auch Kleinigkeiten zum Essen angeboten. 

Mehr zum Thema

Weitere Artikel aus der Kategorie: Offenburg

Neue Wanderausstellungen, wie derzeit im Glashaus die Ausstellung "Weggeschafft", sollen auch das Stammpublikum immer wieder in den Salmen locken. 
vor 4 Stunden
Kulturausschuss
Die Bilanz nach zwei Jahren Salmen fällt gemischt aus. Die Besucherzahlen kommen an die angepeilten 30.000 nicht ran. Dafür gab es viel Kritik. Salmen-Chefin Katerina Ankerhold ist sich sicher: "Der Ansatz geht auf." Es brauche mehr Zeit.
vor 5 Stunden
Das Beste der Woche
Ein Unglück kommt selten alleine. So ging es auch einer Leserin, die hier ihre Geschichte erzählt. Ob sie gut ausgeht?
Auch weil derzeit weniger Parkraum bei der Abtsberghalle zur Verfügung steht, wurde kürzlich bei einer größeren Veranstaltung rücksichtslos geparkt.
vor 6 Stunden
Ortschaftsrat Zell-Weierbach
In der Frageviertelstunde des Ortschaftsrats von Zell-Weierbach kamen die Themen rücksichtslose ­Parken und eine Verlängerung der Tempo-20-Regelung auf der Umleitungstrecke auf.
Fahrzeugführer Sven Wirt (rechts) erteilt den Feuerwehrmännern, die gleich ins Treppenhaus des Freizeitbads stürmen werden, Befehle.
vor 8 Stunden
Offenburg
Mit Blaulicht und Atemmasken rückten am Donnerstag Feuerwehrtrupps ins Offenburger Freizeitbad Stegermatt aus. Anlass war kein Notfall, sondern eine Übung. Zum Glück: denn eine dabei gewonnen Erkenntnis wird womöglich Leben retten.
Am 9. Juni wird auch in Schutterwald ein neuer Gemeinderat gewählt. Drei Räte kandidieren nicht mehr.
vor 8 Stunden
Kommunalwahl am 9. Juni
Wer stellt sich wieder zur Wahl, wer hört auf? Vier Listen wurden für die Gemeinderatswahl in Schutterwald am 9. Juni zugelassen. Wir geben eine ausführliche Übersicht zu den Kandidaten.
Will den Weg zu mehr Demokratie ebnen: Ralph Fröhlich. 
vor 9 Stunden
Einwohnerversammlung gefordert
"Baumretter" Ralph Fröhlich sieht bei der Stadt Demokratiedefizite und hat das Fehlen einer Einwohnerversammlung bei der Kommunalaufsicht moniert.
Der Präsident des Blasmusikverbands Kinzigtal Stefan Polap ehrte verdiente Ortenberger Musiker (von links): Emil Riehle, Heinrich Herp und Patrick Hornisch.
vor 10 Stunden
Hornisch seit 25 Jahren dabei
Eine Ehrung für 25 Jahre und zwei Auszeichnungen für 60 Jahre aktives Musizieren gab es im Rahmen des Frühjahrskonzerts des Musikvereins Ortenberg.
Alter und neuer Vorstand des WSB Biberach: Simon Moser (von links), Richard Fritsch, Christine Mader, der bisherige Vorsitzende Günter Thiem und sein bisheriger Stellvertreter Wilhelm Schmider, Stefanie Bächle, Theresa Allgeier, Judith Volk, die neue Vorsitzende Evi Lehmann und ihr Stellvertreter Bürgermeister Jonas Breig.
vor 10 Stunden
Neue Gesichter im Vorstand
Der Gewerbeverein "Wirtschaftsstandort Biberach" (WSB) stellt sich neu auf. An der Spitze des Vorstands steht nun Evi Lehmann, die dem Gründungsvorsitzenden Günter Thiem nachfolgt.
Bürgermeister Markus Vollmer (Zweiter von links), Pfarrer Erwin Schmidt (Vierter von links), Planer, Gemeinderäte und Mitglieder des Kita-Kuratoriums freuen sich auf die Kita.
vor 11 Stunden
Name verkündet
Geheimnis gelüftet: Die neue Kita am Dorfplatz für Kinder unter drei Jahren erhält den Namen „Klein Lisbeth – Katholisches Kleinkinderhaus Ortenberg“.
Das alte und das neue Vorstandteam der Feuerhexen gratulierte den Geehrten.
vor 11 Stunden
"Die Altersmischung macht es aus"
Ins Vorstandsteam der Feuerhexen wurden bei den Wahlen fünf Posten neu besetzt. Zudem standen Ehrungen langjähriger und verdienter Mitglieder in der Hauptversammlung an.
Der süddeutsche Gitarrist und Produzent Siggi Schwarz.
vor 13 Stunden
Heute in der Reithalle
Eigentlich wollte Siggi Schwarz am Donnerstagabend in die Offenburger Reithalle kommen und aus seinem Leben erzählen. Aus gesundheitlichen Gründen fällt die Veranstaltung kurzfristig aus.
Die Rock-Band "Svnset Flare" aus Offenburg spielt beim 18-jährigen Bestehen des Stud am Freitag.
vor 13 Stunden
Offenburg
Der Kulturförderverein Stud wird volljährig, das soll gefeiert werden.

Das könnte Sie auch interessieren

- Anzeige -
  • Alles andere als ein Glücksspiel: die Geldanlage in Aktien. Den Beweis dafür tritt azemos in Offenburg seit mehr als 20 Jahren erfolgreich an.
    17.04.2024
    Mit den azemos-Anlagestrategien auf der sicheren Seite
    Die azemos Vermögensmanagement GmbH in Offenburg gewährt einen Einblick in die Arbeit der Analysten und die seit mehr als 20 Jahren erfolgreichen Anlagestrategien für Privat- sowie Geschäftskunden.
  • Auch das Handwerk zeigt bei der Berufsinfomesse (BIM), was es alles kann. Hier wird beispielsweise präsentiert, wie Pflaster fachmännisch verlegt wird. 
    13.04.2024
    432 Aussteller informieren bei der Berufsinfomesse Offenburg
    Die 23. Berufsinfomesse in der Messe Offenburg-Ortenau wird ein Event der Superlative. Am 19. und 20. April präsentieren 432 Aussteller Schulabsolventen und Fortbildungswilligen einen Querschnitt durch die Ortenauer Berufswelt. Rund 24.000 Besucher werden erwartet.
  • Der Frühling steht vor der Tür und die After-Work-Events starten auf dem Quartiersplatz des Offenburger Rée Carrés.
    12.04.2024
    Ab 8. Mai: Zum After Work ins Rée Carré Offenburg
    In gemütlicher Runde chillen, dazu etwas Leckeres essen und den Tag mit einem Drink ausklingen lassen? Das ist bei den After-Work-Events im Rée Carré in Offenburg möglich. Sie finden von Mai bis Oktober jeweils von 17 bis 21 Uhr auf dem Quartiersplatz statt.
  • Mit der Kraft der Sonne bringt das Unternehmen Richard Neumayer in Hausach den Stahl zum Glühen. Einige der Solarmodule befinden sich auf den Produktionshallen.
    09.04.2024
    Richard Neumayer GmbH als Klimaschutz-Pionier ausgezeichnet
    Das Hausacher Unternehmen Richard Neumayer GmbH wurde erneut für seine richtungsweisende Pionierarbeit für mehr Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgezeichnet. Die familiengeführte Stahlschmiede ist "Top Innovator 2024".