Badische Fuhrleute: Teamarbeit für Mensch und Pferd
Übung und Vertrauen braucht es, damit Mensch und Pferd als Team funktionieren. Im Vorfeld des Fuhrmannstags in Rust hat die Mittelbadische Presse dem Verein Badischer Fuhrleute beim Training über die Schulter geschaut.
Moritz schwitzt. Und auch Thomas Diebold sieht man die Anstrengung an: Es ist nicht einfach, dem elfjährigen Schwarzwälder klarzumachen, was man von ihm will. Schließlich ist Sonntag, die Frühlingssonne scheint, und Moritz wird normalerweise vor die Kutsche gespannt. Wenn es immer nur der Straße entlanggeht, muss er eindeutig weniger denken als beim Holzrücken. Da gilt es, seine fast 700 Kilogramm durch den Parcours zu bekommen, der hinter Lahr in den Feldern aufgebaut worden ist.
Und zwar so, dass möglichst kein Tennisball fällt. Die liegen zur Kontrolle auf den Pfosten, die die Bäume symbolisieren, die normalerweise im Wald als Hindernis stehen würden. »Das Pferd darf da nicht dagegenstoßen, sonst würde ja der Baum beschädigt«, erklärt Diebold den Sinn der Konstruktion.
Er kann zufrieden sein: Moritz ist kein einziges Mal angerempelt – Vereinskollege Reinhard Haas hat ihn am Kopf begleitet, um ihm nochmal zu zeigen, was man von ihm möchte. An den Start wird er beim Fuhrmannstag am Sonntag in Rust trotzdem nicht gehen. Es ist noch zu früh, er hat erst vor Kurzem seinen Kumpel wegen einer Kolik verloren und muss langsam an die neuen Aufgaben herangeführt werden.
»Es geht auf Stimme«, sagt Sabine Schillinger. Sie sitzt am Rand und schaut zu, wie ihr Mann das Pferd erneut durch den Parcours steuert. Die Mähne wurde vorne zu einem Zopf geflochten, damit Moritz besser sieht, wo’s langgeht.
»Hü, auf geht’s!«
Das Pferd läuft los, die Ketten ziehen an und rasseln. Schließlich wuchtet Moritz den Baumstamm los, der daran befestigt ist. Der Wallach schleppt den Stamm zwischen den Bäumen hindurch, Diebold hält die Zügel in der Hand.
»Hischt« – ein bisschen mehr rechts, das Duo braucht gleich Platz zum Wenden. Und dann kommt das schwierigste Stück der Strecke: ein quergelegter Balken. Moritz steigt darüber. Dann heißt es »Brrr« – 700 Kilo bleiben wunschgemäß wie angewurzelt stehen. Jetzt darf sich Moritz keinen Millimeter mehr bewegen, denn Diebold will den Baumstamm aushängen.
Würde das Pferd jetzt zappeln, zöge das Verletzungen an der Hand nach sich. Es ist also nicht nur Übungs- sondern auch Vertrauenssache, wenn Diebold nun hinter den Schwarzwälder tritt und die Ösen löst. Er schiebt die Metallketten unter dem Hindernis durch, dann werden die Ketten wieder befestigt. »Hü« – jetzt kann der vorgespannte Koloss wieder anziehen.
Geschafft!
Moritz hat sich eine Pause verdient: Er bekommt sein Spitzkummet wieder abgenommen, das noch echte deutsche Handarbeit ist. »Die meisten Zuggeschirre werden inzwischen in Polen hergestellt«, erzählt Schillinger.
Moritz wird auf seine Weide gebracht – für heute reicht’s. »Es ist vor allem eine geistige Anstrengung für ihn«, sagt Diebold. Aber genau das ist nicht nur die Herausforderung, sondern auch das Interessante an diesem Hobby. Das Beste für ihn daran: »wenn das Pferd anfängt mitzudenken.«
Kürzlich war er gebeten worden, mit Moritz zum Holzrücken in den Wald zu kommen. »Teilweise findet schon ein Umdenken statt«, sagt seine Frau. Und manchmal sind die Spurrillen der Vollernter aus ästhetischen Gründen nicht gefragt. So wie jüngst, als ein Ruhewald eingerichtet werden sollte. Moritz war vor Ort, um gleich mehrere Stämme aus dem Wald zu bringen. Bei den ersten zwei oder drei war er willig, aber noch nicht besonders motiviert. Plötzlich hat es Klick gemacht, und das Tier hat quasi von allein »eingeparkt«, damit man ihm den nächsten Stamm anhängen kann. »Das sind die schönsten Momente«, schwärmt Diebold.
Haas ist mit zwei Haflingern aufs Trainingsgelände gekommen: Es gibt noch ein Feld, das nicht umgepflügt worden ist. Als er Azteke und Flora einspannt, »kribbelt« es denen sozusagen schon in den Hufen. Doch halt, auch hier ist ruhig stehen erste Pflicht! Noch der Pflug hintendran, und los geht es.
Ein Mann, zwei Pferde
Manche arbeiten mit einem extra Fuhrmann, aber Haas hat es allein im Griff. Mit seinen beiden ungeduldigen Ladys zieht er auch allein eine schnurgerade Furche mitten durch den Acker – den Zügel um den Oberkörper gelegt, damit noch eine Hand frei bleibt.
Die beiden Damen ziehen fast zu schnell, ihr Chef reguliert mehrfach das Tempo, am Ende der Bahn bremst er ihren Eifer ganz aus. »Im Wettbewerb soll die Ackerkante exakt sein und die Straße darf nicht verschmutzen«, erklärt Schillinger.
Deshalb packt Haas den Pflug noch einmal und kippt die Erde aufs Feld, bevor er die beiden ambitionierten Ponys retourschickt. Die sind von ihrer Aufgabe angetan und »streiten« eine Sekunde, wer in der Furche laufen darf, bevor von Haas eine eindeutige Order kommt.
Haas selbst wird sich dem Wettbewerb am Sonntag allerdings auch nicht stellen: »Wir brauchen alle Vereinsmitglieder zum Helfen«, sagt er. Auch Schriftführerin Ariane Brudy hat den Spagat nur einmal probiert. »Immer wenn ich mich mit meinen Pferden beschäftigen wollte, stand jemand an der Meldestelle und hat nach mir gerufen«, erinnert sie sich. Somit ist der Fuhrmannstag in Rust eher ein Kraftakt für die Menschen. Spaß wird das Vorstandsteam der Badischen Fuhrleute haben, denn ein wichtiges Ziel ist erreicht: Sie wollen die alten Kulturtechniken zeigen.