Sind Erdbeben wie in Italien auch am Oberrhein möglich?
Das Erdbeben in der Nähe des italienischen Ortes Amatrice hat mehr als 240 Todesopfer gefordert. Wolfgang Brüstle vom Landeserdbebendienst hält es für unwahrscheinlich aber möglich, dass die Erde in der Ortenau genauso heftig bebt.
Die Bilder aus dem italienischen Dorf Amatrice und seiner Umgebung gingen um die Welt. Nach dem verheerenden Erdbeben von Mittwoch blieb dort kaum ein Haus unbeschädigt. Die Behören schätzen die Zahl der Toten auf mehr als 240.
Grund genug bei Wolfgang Brüstle anzurufen. Er ist Leiter des beim Regierunsgpräsidium in Freiburg angesiedelten Landeserdbebendienstes. Er und seine Kollegen messen an 40 im ganzen Land verteilten Erdbebenstationen die seismologischen Aktivitäten.
»Der Landeserdbebendienst hat die seismischen Wellen des aktuellen Italienbebens an seinen Staionen aufgezeichnet«, bestätigt Brüstle gegenüber der Mittelbadischen Presse.
Trotzdem gibt der Experte Entwarnung: »Das aktuelle Erdbeben in Italien hat nach unserer Einschätzung keine speziellen seismologischen Auswirkungen auf die Ortenau.« Natürlich könne sich auch hier jederzeit ein Erdbeben ereignen. Wie oft das in den vergangenen 1000 Jahren passiert ist, hat der Landeserdbebendienst in einer Karte festgehalten. Über den ganzen Oberrheingraben verteilt, finden sich dort zahlreiche rote Kreise, die Erdbeben symbolisieren.
Relativ ruhig
Wie oft die Erde sich allerdings bewegt, ist sehr unterschiedlich. Die Häufigkeit von Erdbeben sei starken Schwankungen unterworfen, erklärt Brüstle. »Die letzten Jahrzehnte waren seismologisch aber relativ ruhig.« Dennoch dürften sich viele Menschen aber noch an das Beben vom 5. Dezember 2004 erinnern. Damals hatte die Erde mit einer Stärke von 5,4 auf der Richterskala gebebt. Das Epizentrum des Bebens lag bei Waldkirch. Am bekanntesten sei aber das Beben von 1728. Damals habe es, so Brüstle, viele Gebäudeschäden in der Ortenau gegeben.
Seismologen maßen in Italien ein Beben der Stärke 6,0. »Das ist auch in der Ortenau möglich«, sagt Brüstle. Die Wahrscheinlichkeit, dass das eintritt, sei aber viel unwahrscheinlicher als in Italien. Wann und ob sich solch ein Beben in der Ortenau ereignet, darüber mag Brüstle nicht einmal spekulieren. Er betont: »Ort, Stärke und Zeitpunkt eines Bebens lassen sich generell noch nicht zuverlässig vorhersagen.«
In einem Punkt ist sich der Forscher aber sehr sicher: »Die Auswirkungen eines Erdbebens mit Stärke sechs auf der Richterskala und Epizentrum in Baden-Württemberg wären katastrophal.«
Zu viele Ungewissheiten
Wie sich die Behörden auf so eine Katastrophe vorbereiten? Normalerweise hat der Katas-trophenschutz für fast alle Notlagen einen Katastropheneinsatzplan in der Schublade. Für Erdbeben gelte das aber nicht, teilt das Regierungspräsidium mit. Dazu gebe zu viele Ungewissheiten. Außerdem hätten Großübungen in den vergangenen Jahren gezeigt, dass Erdbeben mit den allgemeinen Katastropheneinsatzplänen abgearbeitet werden könnten.
Die sollen es ermöglichen, so das Regierungspräsidium, bei einer Katastrophe mit einer Vielzahl von Opfern alle verfügbaren Kräfte des Rettungs- und Sanitätsdienstes so schnell wie möglich einsetzen zu können. In diesen Plänen sei auch festgelegt, wie die Bevölkerung informiert werde.
Einen konkreten Einsatzplan gibt es dafür, wenn der Ort der potenziellen Katastrophe sich für die Behörden lokalisieren lässt. Dazu gehört zum Beispiel das elsässische Kernkraftwerk Fessenheim. In dem Plan sei festgelegt, wie die Bevölkerung gewarnt und evakuiert wird, schreibt das Regierungspräsidium, aber auch wie die Ausgabe von Jodtabletten an die Menschen in der Ortenau vonstatten gehen würde.