»Das ist ein knallharter Job«
»Celina, nimm’ die Zügel etwas kürzer«, ruft Brunhilde Kolb, Sportwartin des Pony-Clubs Offenburg, aus der Mitte der Reithalle. »Gerade sitzen!« Sechs Reitschülerinnen der Fortgeschrittenen-Klasse reiten um sie herum. Zuerst im Rechteck, entlang der Bande, dann bilden die Schülerinnen einen Kreis um ihre Lehrerin. »Abteilung, Volte nach links«, ruft Kolb. »Marsch!« Auf Kommando beschreiben Ponys und Pferde einen Kreis um ihre eigene Achse. Hoch konzentriert arbeiten die Mädchen an ihrer Technik.
Der in Mode gekommene Spruch »Das Leben ist kein Ponyhof« wirkt hier deutlich fehl am Platz. Schließlich ist Reiten – sogar auf niedlichen Ponys – harte Arbeit. Das ist an den hochkonzentrierten Gesichtern zu erkennen. »Wir machen hier hauptsächlich Dressur«, sagt die 59-jährige Brunhilde Kolb. An diesem Sommerferientag hat es 30 Grad im Schatten. Dennoch versorgen die Mädchen nach der Stunde geduldig die Vierbeiner – und das in langen Hosen und Reiterstiefeln.Putzen gehört dazu»Ponys bedeuten eigentlich alles für uns«, sagt Alisa Braunhofer aus Offenburg-Hildboltsweier nach der Reitstunde. »Wenn wir uns nicht gerade mit Freunden treffen, dann sind wir hier«, sagt die 15-Jährige und tätschelt Pony Pinocchio den Hals. »Ein Teil der Mädchen stellt sich zu Beginn etwas anderes vor«, erzählt Günther Kolb, Vorsitzender des Pony-Clubs Offenburg. »Sie träumen davon, zu kommen, draufzusitzen und dann wieder zu gehen.« Dass Reiten auch Arbeit ist und dass etwa das Putzen des Pferdes dazugehört, erfahren viele Mädchen erst vor Ort. »Manche werden da schon desillusioniert«, berichtet der begeisterte Cowboyhut-Träger.Apropos Mädchen: Das Klischee vom Frauensport bestätigt sich auf dem ehemaligen Flugplatz: Von 62 Mitgliedern des Pony-Clubs Offenburg zwischen acht und 24 Jahren sind 60 weiblich. Nur zwei sind Jungs. »Die Jungs haben es in allen Reitställen nicht leicht«, sagt der 69-Jährige. »Denn sie werden von den Mädchen gemobbt.«»Bei den meisten Mädchen ist das Pferd der Übergang zwischen Puppe und Pferd«, berichtet Kolb. Viele Schülerinnen hörten mit dem Reiten auf, wenn sie ihren ersten Freund haben. Andere wiederum gingen weg zum Studieren. »Das ist eine normale Entwicklung.Das habe ich akzeptiert.«Gerade die weiblichen Vereinsmitglieder im Teenie-Alter seien bisweilen anfällig für den Traum vom »höchsten Glück der Erde auf dem Rücken der Pferde«: »Dieser Spruch kann nur von einem Hobbyreiter kommen«, sagt Kolb. »Wenn man mit einem ruhigen Pferd im Gelände so dahinreitet, dann können Sie schön Ihren Gedanken nachhängen«, meint der gebürtige Schwabe. Andernfalls bedeute ein Pferd vor allem Arbeit, Arbeit, Arbeit – vor, während und nach dem Reiten.Ponys sind SchlitzohrenDas versuche er, den Reitschülerinnen beizubringen: »Wenn die Mädchen kommen und sagen, sie möchten eine Lehre in diesem Bereich machen, dann versuche ich, es Ihnen auszureden«, erklärt Kolb, der über die Ortenau hinaus als fahrender Reitlehrer tätig ist. »Das ist ein knallharter Job.« Selbst die niedlich wirkenden Ponys – 25 davon besitzt der Verein – seien nicht immer einfach zu handhaben. »Ponys können ganz krumme Viecher sein«, sagt der 69-Jährige. »Das sind fast alles Schlitzohren.« »Viele Kinder denken, wenn sie nett zum Tier sind, dann ist es auch nett zu ihnen, aber das stimmt gar nicht«, sagt Kolb. »Das Tier muss wissen, dass es sich unterordnen muss und wenn es mich heute als Boss akzeptiert, wird es trotzdem wieder versuchen, ob es nicht der Stärkere ist.« Das kapierten viele Kinder nicht, sagt Günter Kolb. »Aber dazu sind wir da, um das zu erklären.«