Der Wind bleibt treuer Gefährte
Startpunkt der Expedition war Punta Are-nas im südlichsten Zipfel von Chile. »Den Aconcagua wollte ich allein angehen«, stellt Boris Kurz rückblickend fest. Das bedeutet eigenes Tempo, eigene Entscheidungen, eigene Verantwortung, aber auch: eigenes Gepäck. Beim Transport half ein Muli. Der Weg zum ersten Lager gab einen Vorgeschmack auf das Kommende. »Der Schnee der letzten Tage war weggeschmolzen, aber dafür wurde der Wind immer heftiger«, berichtet Kurz. Und er sollte noch zulegen: Für die nächsten vier Tage war starker Sturm mit bis zu 140 Kilometern pro Stunde am Gipfel angesagt – eine Besteigung deshalb unmöglich. Die Akklimatisierungsphase wurde ungemütlich: Der ständige Wind zerrte nicht nur bedrohlich am Zelt, sondern blies den Staub durch jede noch so kleine Öffnung, ließ Kurz bald mit den Zähnen knirschen. Der Wind blieb treuer Begleiter, auch im Hochlager »Nido de Condores« (5560 Meter).
»Normalerweise ist man am Aconcagua etwa drei Wochen unterwegs«, gibt Kurz zu bedenken; bei seiner Planung würde er am sechsten Tag nach Mendoza auf dem Gipfel stehen – eigentlich viel zu früh. »Bisher hatte ich mich immer sehr schnell akklimatisiert und auch diesmal keine Probleme.« Also ging der Ortenauer das Wagnis an: In einer Schutzhütte auf 5930 Metern Höhe wollte er die Hochlagernacht verbringen. »Vier Liter Wasser und etwas Schokolade mussten genügen.« An der Hütte angekommen, wurde Kurz überrascht: Zum einen waren es zwei kleine Hütten, zum anderen beide »Eingangsluken« zerstört. Sachbeschädigung ist auch auf den Bergen nicht neu, »aber höchst unangenehm, denn die Hütten waren voller Schnee, ohne Tür kein Schutz gegen die Kälte«.
Mit Steigeisen, einer Tafel Schokolade, einem Liter Wasser und den Notfallmedikamenten ging Kurz die letzte Etappe zum Verbindungsgrat »Filo de Guanaco« (6800 Meter) an. Die Steigeisen konnten zwar im Rucksack bleiben, »dafür musste ich mich aber auf ständig rutschendem Sand und Geröll nach oben kämpfen.«
»Endlich auf dem Grat genoss ich den Blick auf den Südgipfel und in die fast senkrecht abfallende 3000 Meter hohe Südwand.« Die letzten 150 Höhenmeter waren schnell überwunden, schließlich stand Kurz glücklich nach gut sieben Stunden auf dem Gipfel – alleine. Nach einer halben Stunde ging es wieder zurück, denn der Ortenauer wollte an diesem Tag wieder ins Basislager zurück – dort kam er (nach gefährlichem Abstieg) gegen 20 Uhr an.
Am 10. April geht das Abenteuer des Zell-Weierbachers in die nächste Etappe. Dann steigt er aufs Dach der Welt: Kurz reist nach Tibet, um den Mount Everest zu besteigen. Bis dahin trainiert der Ortenauer in der Heimat.