Ortenau

Ein Ritter ohne Rüstung

Klaus Körnich
Lesezeit 4 Minuten
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27. Januar 2007
Wer glaubt, Ritter gehören einer längst vergangenen Zeit an, der irrt. Denn auch in Offenburg gibt es einen, allerdings ohne Schwert und Rüstung. Alain Cormont ist vor wenigen Monaten als Ritter in das russischen Großpriorat des Heiligen Johannes-Ordens zu Jerusalem aufgenommen worden.
Offenburg. »Das macht mich stolz«, sagt Alain Cormont über seine Ernennung zum Ritter. Im Oktober ging die Zeromonie in einer Kapelle in der Nähe von Paris über die Bühne: »Wir mussten die Hand aufs Evangelium legen, wir haben gebetet und eine Aufnahmeformel gesprochen«, beschreibt Cormont das feierliche Ritual. Von allen nicht katholischen und autonomen Einrichtungen des Johannes-Ordens ist das russische Großpriorat in Westeuropa wahrscheinlich das am wenigsten bekannte. Es wurde im 18. Jahrhundert durch Zar Paul dem Ersten gegründet. Seine Angehörige sind überwiegend russisch-orthodoxen Glaubens. Nach fast 30-jähriger Pause trat die Vereinigung im Jahr 2004 auf Initiative mehrerer Nachkommen des russischen Adels in Paris wieder in Erscheinung. Heute gehören ihr etwa 200 Ritter und Frauen an: »Sie geben sich alle der Ausübung der Tugend und der christlichen Nächstenliebe in Anlehnung an die Lehren des Evangeliums hin«, erklärt Alain Cormont. Humanitäre Zwecke Die Mitglieder entstammen nicht nur dem Adel, einige von ihnen werden auch aufgrund ihrer Verdienste gegenüber der russisch-orthodoxen Kirche und wegen ihres Engagements für Hilfsbedürftige oder Kranke aufgenommen. Dies war auch bei dem 54-jährigen Offenburger der Fall: »Alain Cormont begann schon sehr früh, internationale Beziehungen zu pflegen und sich für humanitäre Zwecke einzusetzen«, heißt es in der Rede, die Alexandre Tissot-Demidoff, Leiter des Ordens, bei Cormonts Ernennung zum Ritter gehalten hat. Der gebürtige Franzose Alain Cormont hatte bereits 1974 Spenden für ein Brunnen-Projekt im Niger gesammelt. Zudem hat er zahlreiche kulturelle, wirtschaftliche und wissenschaftliche Verbindungen zwischen Frankreich und Polen geknüpft, was ihm 1999 das goldene Verdienstkreuz der Republik Polen einbrachte. »Alain Cormont hat sich immer sehr für den Austausch zwischen den Völkern eingesetzt, sei es in seiner Heimatregion Burgund, im Elsass oder in Baden«, heißt es in der Laudatio. Der diplomierte Bankwirt arbeitet für die Dresdner Bank in Freiburg und hat sich auf den internationalen Handel mit osteuropäischen Ländern und China spezialisiert. Seit zwanzig Jahren lehrt Cormont Bankrecht und internationales Finanzwesen an der Universität Straßburg II und beteiligt sich regelmäßig an Ausbildungslehrgängen für Dozenten, Beamte und Unternehmer in osteuropäischen Ländern. So kam er auch dazu, verschiedene humanitäre Projekte in slawischen und orthodoxen Ländern zu organisieren. Vor allem Krankenhäuser und Altersheime unterstützte Cormont mit Medikamenten, medizinischen Geräten und Kleidern. Sein Engagement, vor allem in Polen, war auch der Grund, warum Papst Johannes Paul II ihn bei seinem Besuch 1988 im Elsass sprechen wollte: »Das war eines der größten Ereignisse in meinem Leben«, erinnert sich der frischgekürte Ritter an seine damalige Begegnung mit dem Papst. Studium der Theologie Zunächst katholisch erzogen, wechselte Cormont – nach seiner Heirat mit einer Ukrainerin – zum russisch-orthodoxen Glauben. Seither engagiert er sich in der badischen Gemeinde seiner Kirche, die hier nur wenige Mitglieder hat. Das nächste russisch-orthodoxe Kirchengebäude steht in Baden-Baden. Um den hier lebenden Russen und Ukrainern dennoch einen regelmäßigen Gottesdienstbesuch zu ermöglichen, hat Cormont einen Vertrag mit einer evangelischen Kirche in Straßburg abgeschlossen. Dort werden jetzt jeden Monat russisch-orthodoxe Gottesdienste veranstaltet. Zudem hat der Offenburger ein Fernstudium der Theologie in Paris aufgenommen: »Der christlich-orthodoxe Glauben ist sehr an der Wurzel der Religion geblieben und ist sehr streng«, erzählt er. » Mir gefällt die Atmosphäre in der Kirche mit den Gesängen und Lichterkerzen.« Vor zwei Jahren hat Cormont sogar ein Fernstudium der Theologie in Paris aufgenommen. Bei seiner Aufnahme in den Ritterorden hat er als äußerliches Zeichen eine Medaille und einen schwarzen Mantel bekommen. Allerdings darf beides nur bei »offiziellen Anlässen« getragen werden, wie der 54-Jährige verrät. Die weiteren Ambitionen von Cormont beschreibt der Leiter des Ordens in seiner Rede wie folgt: »Alain Cormont hat sich zum Ziel gesetzt, sich auch weiterhin karitativ für das Wohl der Menschen gemäß der Prinzipien des christlich-orthodoxen Glaubens einzusetzen.«

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