Hells-Angels-Prozess fortgesetzt

Erpressungsvorwurf vom Tisch

Thomas Reizel
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27. März 2015
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Am Offenburger Landgericht läuft derzeit ein Prozess gegen drei Hells-Angels-Mitgliedern. Doch aus der Anklage scheint die Luft raus zu sein. ©Archivfoto Mittelbadische Presse

Der Prozess gegen drei Hells-Angels-Mitglieder fällt in sich zusammen. Die Anklage der versuchten räuberischen Erpressung ist vom Tisch. Statt Gefängnis stehen jetzt nur noch Bewährungsstrafe oder Geldstrafe wegen Körperverletzung und Nötigung im Raum.

Offenburg. Die 2. Große Strafkammer verhandelt derzeit gegen drei Hells-Angels-Mitglieder wegen versuchter räuberischer Erpressung. Der Vorwurf von Staatsanwalt Jochen Wiedemann: Sie sollen einen Mann im Juli 2013 mindestens 20-mal mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, um mehr über die Hintergünde des am 27. November 2012 erschossen aufgefundenen Hells-Angels-Mitglied Tommy G. zu erfahren. Zudem hätten sie seinen Kopf viermal in ein Kinderplanschbecken getaucht und mit Ertränken gedroht.

Zuvor hätten sie der Anklage nach noch verlangt, dass er für von der Polizei beschlagnahmte 25 Kilo Marihuana 100 000 Euro Schadenersatz bezahlen soll. Deshalb sei er aufgefordert worden, schon mal mit dem Anbau anzufangen.

Den zweiten Punkt nahm die 2. Große Strafkammer des Offenburger Landgerichts zum Anlass, den Vorwurf der räuberischen Erpressung fallenzulassen. »Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshof gibt es deshalb keine gegenwärtige Bedrohung«, erklärte Schmeiser. Denn bis Marihuana für 100 000 Euro angebaut ist, vergeht viel Zeit.

Keine Frist gesetzt

Anders läge der Fall, wenn die Aufforderung der Rückzahlung mit einer Frist verbunden worden wäre, etwa nach dem Motto: Wenn die 100 000 Euro nicht bis dann und dann bezahlt sind, passiert etwas. Zudem wäre der Mann zu einer Straftat aufgefordert worden, die sich aber nicht auf sein eigenes Vermögen auswirkt.

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Auch die 20 Schläge ins Gesicht erhärteten sich gestern nicht. Eine Sachverständige des Rechtsmedizinischen Ins­tituts Freiburg hatte gestern zwar von ein paar blauen Flecken an Armen und Beinen gesprochen sowie einem blau unterlaufenen Unterlid, einer Rötung an der Wange und einem kleinen Hämatom im Bereich eines Augenwinkels. »Sollte es 20 Faustschläge gegeben haben, waren diese nicht voll durchgezogen«, sagte sie.

Die Verletzungen lassen sich auch durch Schläge mit der flachen Hand erklären, etwa wenn sie mit der Kante trifft. Schmeiser erklärte, dass jetzt nur noch Körperverletzung in Tateinheit mit Nötigung im Raum steht. Da komme für zwei Angeklagte Bewährung in Betracht, für den dritten eine Geldstrafe. Ein Urteil wegen versuchter räuberischer Erpressung hätte mehrjährige Haftstrafen bedeuten können.
Einer der Angeklagten hatte bereits am ersten Verandlungstag Ohrfeigen eingeräumt, Faustschläge aber bestritten. Die beiden anderen Angeklagten hätten gar nicht geschlagen.

Das mutmaßliche Opfer hatte seine gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft geäußerten Vorwürfe vor Gericht zurückgezogen. Gestern war dessen Freundin im Zeugenstand. Auch ihre Aussagen standen diametral zu früheren Angaben. In dem Prozess stehen auch die Ermittler nicht gut da. So hatte beispielsweise ein Polizeibeamter ausgesagt, dass das Kinderplanschbecken mit einem Edelstahlring ausgestattet war. Später stellte sich heraus, dass es ein aufblasbarer Plastik­ring war. Zudem waren kurzzeitig Beweisfotos verschwunden und erst später wieder aufgetaucht.

Zu Aussage genötigt?

Ein Angeklagter hatte gegenüber der Mittelbadischen Presse die Vermutung geäußert, dass das vermeintliche Opfer und die Freundin von Polizisten zu den falschen Aussagen genötigt wurden. Gordian Hablizel, Verteidiger eines der Angeklagten, sagte gestern der Mittelbadischen Presse in einer Pause: »Ich habe immer nach den Vernehmungsumständen gefragt. Doch an mehr, als das, was auf dem Papier steht, konnten sich die Beamten nicht erinnern. Das stieß bei mir auf Unverständnis.«

Der Prozess geht am Mittwoch, 15. April, 13.30 Uhr, weiter. Falls nichts Unerwartetes geschieht, wird plädiert.

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