3000 Euro Schaden

Unfall mit Flüchtling: Offenburger bleibt auf Kosten sitzen

Thomas Reizel
Lesezeit 3 Minuten
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08. Dezember 2016
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(Bild 1/2) ©Privat

Elvira Hamzic aus Offenburg ist verärgert. Ein Flüchtling ist wegen defekter Bremsen am Fahrrad auf den VW Golf ihres Sohnes aufgefahren. Der Schaden beträgt rund 3000 Euro. Doch auf dem bleibt die Familie sitzen. Was sie stört: Im Kreis Rastatt sind Flüchtlinge von Amts wegen haftpflichtversichert, in der Ortenau nicht.

Der Fall ist eigentlich glasklar, ist es aber doch nicht: Am Samstag war der Sohn von Elvira Hamzic in Offenburg-Hildboltsweier gegen 18.20 Uhr im Dahlienweg unterwegs, als er bei der Kirche anhalten musste. Er habe noch im Rückspiegel zwei Radfahrer und dann das Unheil kommen sehen, sagte Elvira Hamzic der Mittelbadischen Presse. »Der Radfahrer fuhr ungebremst auf und prallte gegen das Heck«, bestätigte Wolfgang Drescher, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Offenburg, weitere Angaben der Offenburgerin. Ursache für die Kollission seien kaum funktionsfähige Bremsen gewesen.

Dieser Unfall hat einen Schaden von rund 3000 Euro verursacht. Das Heck ist verbeult, die Heckscheibe zersplittert. Der Radfahrer ist mit leichten Verletzungen davongekommen, der Sohn im Auto ist unverletzt. Doch Familie Hamzic bleibt auf dem Schaden sitzen. »Im Kreis Rastatt und in Bayern sind Flüchtlinge haftpflichtversichert. Warum nicht in der Ortenau?«, fragt sie und fordert, dass sich das ändern muss.

Kai Hockenjos, Pressesprecher des Landratsamts, erklärte auf Anfrage der Mittelbadischen Presse: »Der Ortenaukreis schließt für Asylbewerber keine Haftpflichtversicherungen ab. Das Haftpflichtrisiko ist auch für einen beträchtlichen Teil der deutschen Bevölkerung nicht abgesichert, beispielsweise von Leistungsberechtigten nach SGB II. Von einem nicht versicherten und zahlungsunfähigen Dritten geschädigt zu werden, ist demnach leider allgemeines Lebensrisiko.«

»Inhaltlich bedenklich«

Ähnlich sieht es die Landesregierung. Auf eine Anfrage der FDP teilte Innenminister Thomas Strobl am 22. Juni den Liberalen unter anderem mit: »Ein genereller Abschluss von Haftpflichtversicherungen für Asylbewerber wäre inhaltlich bedenklich. Asylbewerber sollten nicht anders behandelt werden als Sozialleistungsempfänger. Zudem sollte nicht der Eindruck erweckt werden, dass von dieser Personengruppe für ihre Umgebung ein besonderes Gefahrenpotenzial ausgeht.« Deshalb fördere das Land Versicherungen für Flüchtlinge nicht.

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»Sozialer Frieden«

Ganz anders denkt der Landkreis Rastatt. »Wir haben für alle Flüchtlinge im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Haftpflichtversicherungen für Flüchtlinge. Und wir sind gottfroh, dass wir diese haben«, betonte Pressesprecherin Gisela Merklinger. »Wir haben das Gefühl, dass dies zum sozialen Frieden beiträgt, und der ist uns ganz wichtig.«

Bis zu zwei Jahre bleiben Asylbewerber in der Zuständigkeit der Landratsämter, danach gehen sie in die Verantwortung von Städten und Gemeinden über. Im Kreis Rastatt hat sich deren Mehrheit wie das Landratsamt eine Versicherung abgeschlossen. Es gibt viele Anbieter. Das Landrats­amt Rastatt hat sich für den Badischen Gemeinde-Versicherungs-Verband in Karlsruhe entschieden. Dieser informierte auf Anfrage unserer Zeitung, dass er 144 Verträge mit Kommunen habe, das seien rund 30 Prozent der Gebietskörperschaften in Baden.

31.500 Euro pauschal für den Kreis

Der höchste Beitrag liege bei 41,33 Euro pro Flüchting/Familie. »Hier gehen wir in der Staffel von rund 400 Flüchtlingen pro Kommune aus. Der Ortenaukreis würde in die Staffel von 2500 bis 3250 Flüchtlinge fallen. Das würde pro Jahr pauschal 31.500 Euro kosten.« Weil der Ortenaukreis diese Versicherung nicht hat, bleiben Geschädigte wie Elvira Hamzic auf ihren Kosten sitzen. Es bliebe zwar der Weg der Zivilklage. Doch der komme nicht in Frage. »Bei dem Flüchtling wäre nichts zu holen. Ein Prozess würde nur noch mehr Kosten verursachen«, sagt die Offenburgerin.

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