Herbstzeit: Achtung, Einbrecher!
Mit dem Beginn der dunklen Jahreszeit schießt die Zahl der Einbrüche in die Höhe, sagt die Polizei. Wo es in der Ortenau besonders gefährlich ist und wie Sie sich schützen können, erfahren Sie in unserem multimedialen Online-Paket.
Der Rundgang beginnt im Garten. Zusammen mit Hausbesitzerin Judith Schwarz (Name geändert) inspiziert Kommissar Ralf Kaufmann mögliche Schwachstellen, die Einbrecher nutzen könnten. Der erfahrene Polizist gibt in der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle Tipps gegen Einbrüche - und nimmt Wohnungen und Häuser vor Ort in Augenschein. "Das sind schon etwa zwei bis drei Beratungen täglich", berichtet Kaufmann. An dem schmucken Reihenhaus ist er auch gleich fündig geworden.
Die Schwachstellen am Haus - klicken Sie sich durch!
Quelle: Kölner Studie 2011. Dafür werden regelmäßig Zahlen aus Köln und Leverkusen ausgewertet. Die bundesweit anerkannte Studie ist eine der wichtigsten und detailliertesten zu dem Thema.
"Hier sollten Sie etwas machen", sagt Kaufmann und deutet auf die Terrassen-Tür. "Die kann schnell und relativ unauffällig aufgehebelt werden." Fast die Hälfte der Einbrüche wird an dieser Stelle verübt. Zugute kommt Einbrechern, wie auch in diesem Fall, dass die Hinterseite des Reihenhauses nur schwer einsehbar ist. Dichte Hecken bieten potenziellen Langfingern Schutz vor aufmerksamen Nachbarn. "Über die Möbel, die hier stehen, könnten Einbrecher auch auf den Balkon klettern", hat Kaufmann schon den nächsten Schwachpunkt entdeckt und deutet auf einen Gartenstuhl.
Deutlicher Anstieg in Kehl
Judith Schwarz ist erst vor wenigen Wochen nach Kehl gezogen und hat sich gleich für die kostenlose Beratung der Polizei angemeldet. "Wenn man ein eigenes Haus besitzt, achtet man doch eher darauf, als wenn man nur zur Miete wohnt," sagt die Mutter von zwei Kindern. Gerade in Kehl sind die Einbruchszahlen in den vergangenen Jahren wieder deutlich gestiegen, wenn auch nicht auf die Ausmaße wie im Jahr 2011, als die Polizei 143 Wohnungseinbrüche zählte.
Quelle: Krimnalstatistik 2013, 2014, 2015, Polizeipräsidium Offenburg
Auffällig: Während die Einbruchszahlen in Kehl wieder steigen, gehen sie in Offenburg stark zurück. In Lahr bleiben die Zahlen zwischen 2012 und 2014 weitgehend auf einem ähnlichen Niveau. Liegt es nun hauptsächlich an der Grenznähe, dass Kehl wieder verstärkt mit Einbrechern zu kämpfen hat? "Tendenziell haben sich einbrecher in den vergangenen Jahren eher von Grenzgebieten wegbewegt", erklärt Polizeisprecher Patrick Bergmann. Gerade im Stuttgarter Raum hätten Einbrecher wesentlich massiver zugeschlagen, als das in der Ortenau der Fall sei. Tatsächlich ist die Zahl der Wohnungseinbrüche zwar kreisweit von 427 (2013) auf 453 (2014) gestiegen - die Ortenau steht mit einem Plus von rund sechs Prozent aber weitaus besser da als Baden-Württemberg insgesamt (+19,4 Prozent).
Einbrecher kommen über Autobahn und Bundesstraße
Ein großer Teil der Einbrüche, die in der Ortenau verübt werden, dürfte nach Einschätzung der Polizisten auf das Konto von Tätern gehen, die auf der Rückreise von anderen Tatorten hier noch einmal zuschlagen. Dafür spricht, dass mit Kehl, Willstätt, Appenweier, Offenburg und Lahr besonders Gemeinden betroffen sind, die an der B 28 und der A 5 liegen. Mehr dazu erfahren Sie in unseren interaktiven Karten:
Quelle: Krimnalstatistik 2013, 2014, 2015, Polizeipräsidium Offenburg
Deutlich wird auch, dass es keine nennenswerten Abweichungen zwischen so genannten "Tageswohnungseinbrüchen", die zwischen 6 und 21 Uhr verübt werden, und den Einbruchszahlen insgesamt gibt. Aber gibt es nicht vielleicht doch Zeiten oder Tage, an denen Mieter und Hausbesitzer besonders wachsam sein sollten? "Es ist weniger die Urlaubszeit im Sommer als die dunkle Jahreszeit", klärt Ralf Kaufmann Judith Schwarz in Kehl auf. Das belegen auch die Zahlen der repräsentativen Kölner Studie. Besonders im November, Dezember und Januar häufen sich die Einbrüche. Auch bei den Wochentagen und Uhrzeiten gibt es deutliche Unterschiede. Auf den Punkt gebracht könnte man sagen: Ein Freitag oder Samstag im Winter, zwischen 16 und 20 Uhr, liegt Einbrechern am meisten.
Quelle: Kölner Studie 2011
Zehn Tipps der Polizei gegen Einbrüche
- Halten Sie die Hauseingangstür auch tagsüber geschlossen. Prüfen Sie immer, wer ins Haus will, bevor Sie die Tür öffnen.
- Achten Sie bewusst auf fremde Personen im Haus oder auf dem Grundstück und sprechen Sie diese Personen gegebenenfalls an.
- Schließen Sie Ihre Wohnungseingangstür immer zweimal ab und lassen Sie die Tür nicht nur "ins Schloss fallen". Auch Keller- und Speichertüren sollten immer verschlossen sein.
- Verstecken Sie Ihren Haus- und Wohnungsschlüssel niemals außerhalb der Wohnung: Einbrecher kennen jedes Versteck.
- Verschließen Sie Ihre Fenster und Balkontüren auch bei kurzer Abwesenheit. Einbrecher öffnen gekippt Fenster und Balkontüren besonders schnell.
- Sorgen Sie dafür, dass Ihre Wohnung auch bei längerer Abwesenheit einen bewohnten Eindruck vermittelt. Lassen Sie z.B. den Briefkasten leeren.
- Tauschen Sie mit Ihren Nachbarn wichtige Telefonnummern aus, unter denen Sie im Notfall erreichbar sind.
- Bieten Sie Senioren aus Ihrer Nachbarschaft an, bei Ihnen anzurufen, wenn Fremde in deren Wohnung wollen.
- Informieren Sie die Polizei, wenn Ihnen etwas verdächtig vorkommt. Versuchen Sie niemals, Einbrecher festzuhalten!
- Lassen Sie fremde Personen nicht in Ihre Wohnung.
Wenn's passiert ist
Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, gänzlich vor einem Einbruch geschützt ist niemand. Wie aber sollte man sich verhalten, wenn einmal jemand in das eigene Haus oder die eigene Wohnung eingestiegen ist? Kommissar Kaufmann gibt folgende Hinweise:
- Sie sollten umgehend die Polizei alarmieren!
- Fassen Sie nach Möglichkeit nichts an, damit keine Spuren verwischt werden!
Spezialisten der Kriminalpolizei werden dann fachmännisch Spuren sichern und auswerten. "Die Kriminaltechniker versuchen, alle tatrelevanten Spuren zu sichern - nicht nur für die Zeitim Haus, sondern auch davor und danach", erläutert Bergmann. Hinweise könnten etwa Werkzeugspuren oder Fußabdrücke liefern. Auch DNA-Spuren können zur Aufklärung beitragen. Erst im Juli wurde vor dem Landgericht Baden-Baden gegen einen Serieneinbrecher verhandelt, der anhand von Genmaterial überführt werden konnte.
Doch trotz aller akribischer Ermittlungen, die Aufklärung von Einbrüchen ist schwierig. Nur rund jeder fünfte Wohnungseinbruch wird aufgeklärt. Warum das so ist, erklärt Polizeisprecher Patrick Bergmann: "Es handelt sich sehr oft um gut organisierte, reisende Tätergruppen, die keinen Bezug zum Objekt haben, in das sie einbrechen." Häufig würden Einbrecher zufällig auswählen, wo sie einsteigen. Das macht es für die Polizei schwierig, die Täter zu ermitteln.
Neben materiellen Schäden bleiben Ängste
Fast 500 Millionen Euro haben die deutschen Versicherer im vergangenen Jahr dafür ausgegeben, um Schäden durch Einbrüche zu regulieren. Doch neben dem materiellen Schaden bleibt für viele Opfer auch ein psychischer. Besonders innerhalb der ersten acht Wochen nach einem Einbruch wird fast die Hälfte der Opfer von Unsicherheitsgefühlen geplagt. Sechs Prozent gaben einer Studie des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft zufolge sogar an, wegen eines Einbruchs einige Zeit nicht mehr zur Arbeit oder zur Schule gegangen zu sein. Erfahren Sie mehr dazu in unseren interaktiven Diagrammen:
Quelle: GDV Einbruch-Report 2015
Damit Judith Schwarz nicht ein ähnliches Schicksal erleiden muss, will sie nun einige Schwachstellen an ihrem Haus beseitigen. "Die Beratung hat sich auf jeden Fall gelohnt, da mir Stellen gezeigt wurden, auf die ich selbst nicht gekommen wäre." Vor allem im Keller, an der Rückseite zur Terrasse und den Balkons will sie nun zusätzliche Sicherungen anbringen. Eine Maßnahme, die sie mehrere tausend Euro kosten wird. Einen Teil davon kann sie aber vom Staat als Zuschuss erhalten - und der soll in den kommenden Wochen sogar noch aufgestockt werden. Schwarz sagt: "Ich mach das, damit ich mich in meinem Haus noch sicherer fühle."
Kostenlose Beratung der Polizei
Sie wollen sich von einem Präventionsbeamten der Polizei kostenlos beraten lassen? Über die kriminalpolizeiliche Beratungsstelle am Offenburger Flugplatz können Sie einen Termin mit Ralf Kaufmann und seinen Kollegen vereinbaren. Kontakt: telefonisch unter 07 81/21-45 31, -45 15 und -10 41 oder via E-Mail an offenburg.pp.praevention@polizei.bwl.de.