Kleine Tiere in großer Zahl
Vom Sussexhahn bis zum Zwergkaninchen: Einmal im Monat verwandelt sich die Haslacher Markthalle in die wohl größte Kleintierbörse Südbadens. Beim Stelldichein der Hobbyzüchter wird verkauft und gekauft – und fleißig gefachsimpelt.
Um 10 Uhr ist der Markt schon annähernd verlaufen. Die Kleintierzüchter in der Haslacher Markthalle packen nach und nach wieder alles zusammen, was sie in Kisten und Käfigen sitzen hatten. Schieben ganze Rolltische aus der Markthalle oder setzen Hühner zurück in Transportkäfige. Auch Afrim Mashollaj holt ein Tier ums andere aus den Ställen, die der Verein zur Verfügung stellt. Perlhühner, Sussexhähne, Enten, immer gleich mehrere pro Rasse. Zufrieden ist der Geflügelhändler trotzdem, er kommt gern und regelmäßig zur Kleintierbörse nach Haslach: »Eine gute Atmosphäre, die Menschen sind nett hier«, sagt er. Gerade eben hat Mashollaj noch ein kleines Geschäft gemacht. Ein Paar aus Rottweil legte einen Schein für zwei Hähne auf den Tisch. »Ich will glückliche Hühner«, sagt die Frau.
Der bisherige Hahn hat ein Völkchen mit 20 Hennen – Grün-, Weiß- und Braunlegerinnen –, jetzt soll er Unterstützung bekommen. »Wir hatten jetzt sechs Küken und brauchen neues Blut«, erklärt der Mann. Das Paar war an diesem Sonntagmorgen das erste Mal in Haslach – eine Empfehlung. »Die Atmosphäre ist super«, sind sie sich einig. Seit 1966 existiert die Börse, bei der sich Tierfreunde einmal im Monat ihr Stelldichein geben.
Los geht es um 8.30 Uhr. Kein Problem, die meisten sind ohnehin Frühaufsteher, weil sie ihre Tiere versorgen müssen. Und sonntags, da haben sie endlich mal ein bisschen Zeit. »Wir hatten mal auf Samstag verlegt, da kam keiner«, erinnert sich Josef Nock. Samstags sind Stallungen misten, Heu machen oder andere landwirtschaftliche Arbeiten angesagt – aber kein Bummel durch die traditionelle Kleintierbörse, die seit 49 Jahren immer am dritten Sonntag im Monat unter der Regie der Kleintierzüchter »C 70 Haslach« stattfindet. Werbung, sagt Nock, habe man für die Veranstaltung noch nie machen müssen: »Unser Verein hat noch nicht einmal eine Homepage.«
Die Szenekenner sind trotzdem alle bei der wohl größten Kleintierbörse Südbadens. Manche Verkäufer schaffen es mit ihren Transportboxen kaum bis zur Einkaufstür: Schon am Parkplatz wird gelauert, was die Einzelnen so anbringen, wird vorab ein Blick in die Käfige geworfen. »Wie früher, als noch der Tiermarkt für Schweine war; da hätten die ganz Cleveren die Bauern schon bei der Anfahrt gestoppt«, erinnert sich jemand.
Gerhard Loris aus Lahr gehört zu den ganz klassischen Ausstellern: »Wer kommt, kauft auch – ich kaufe auch.« Allerdings hat er keine Laufente gefunden. »Es ist schwierig, weil sie meist nur paarweise verkauft werden«, sagt er. Sein Erpel bleibt fürs Erste weiterhin Witwer. Das Angebot sei auch kleiner geworden, bedauert Loris. Schuld, sagt er, sei die Impfpflicht. Dem Geflügel ein paar Tröpfchen der Medizin zu verabreichen, sei zu teuer für viele Hobbyzüchter. »Die Industrie stellt nämlich nur große Chargen her«, erklärt er. Es werde mal wieder nur an die gedacht, die im ganz großen Stil produzieren.
An der Tür kontrolliert Nock die Impfscheine, die inzwischen Pflicht sind. Anfangs, erinnert er sich, habe er fast die Hälfte der Aussteller abweisen müssen. Inzwischen wissen die Insider, dass bereits an der großen Hallentür vier Info-Seiten angepinnt sind, die darauf hinweisen, dass ohne Papiere kein Einlass für Geflügel ist.
Frank Pöhlandt aus Freiburg hat seine gefiederten Tiere ebenfalls zu Hause gelassen. Dieses Mal sitzen »Kleinsilber Schwarz« in seinen Kisten und mümmeln an den Karotten. »Eine schwierigere Sorte für die Zucht«, sagt er. Das ältere Tier hat zarte silberne Grannen im Fell, bei den erst drei Monate alten Tieren wird sich das Farbspiel noch entwickeln. In zwei Monaten, sagt der gebürtige Hofstettener, wird er wiederkommen. Er mag die Besuche und den Austausch unter Gleichgesinnten – schließlich kennt er die Veranstaltung von klein auf.
Meist sind es die Kaninchen, die die Kinder faszinieren. Der Niedlichfaktor spielt hier eine große Rolle. »Besonders auf Ostern werden sie für die Kinder gekauft«, weiß Nock. In den Sommermonaten sei es etwas ruhiger, im Herbst ziehe die Nachfrage wieder an. Der stellvertretende Vorsitzende Bernd Nock sieht immer, wie viel Freude den Kindern die Tiere machen. Mehr noch: »Die Kinder lernen dabei, Verantwortung zu übernehmen.«
Ein Hahn will seinen verspäteten Morgengruß loswerden. Es ist wie beim Stammtisch – an der Theke treffen sich die Besucher zum Plaudern. Lange Rohholzplatten geben den Tischen eine urige Form, es passt zum »Landleben« ringsumher. Man kennt sich, fachsimpelt ein bisschen. Eine Cola und eine Wurst gehören genauso zum Programm wie der Rundgang in der Halle. Die ist übrigens versetzt worden: Ein Bundeswehrhubschrauber hat Segment für Segment etwas näher an den Ort herangeflogen – bis zum heutigen Standort vor dem Tennisplatz. Ein Fischerbacher packt einen Karton unter den Arm. Er hat auf den letzten Drücker noch ein paar größere Exemplare erstanden – in Schwarz-Weiß und Schwarz.
Die Kaninchen sollen sich künftig in seinem Streichelzoo wohlfühlen, zusammen mit Ziegen und Hühnern. Was wäre ein Kauf ohne einen flotten Spruch: Es wird herumgeblödelt, dann kommen noch ein paar Möhren als Wegzehrung in den Karton. Da fällt jemandem ein, dass er ja auch noch Möhren gebrauchen könnte. Wo war nochmal der Händler, der sie säckeweise anbot? Draußen? Am Parkplatz wird zwar gern noch geplaudert, aber der Verkäufer mit den Möhren ist schon weg.
Auch drinnen nähert sich der Ausstellungstag dem Ende zu: Was nicht zwei Flügel oder vier Füße hat, hat zumindest Rollen. In der Halle ist so ziemlich alles mobil. Nachdem die Käfige wieder ausgeräumt sind, ist der Arbeitstrupp dran. Mit der Sackkarre werden sie hinter einen Verschlag gefahren, eins ums andere. Nock und ein weiterer Helfer klappen die Biertische zusammen, einer nach dem anderen wandert auf den Rollwagen. Vom Eingang rücken bereits die Vereinssenioren mit dem Besen an. Kein Strohhalm, der ihnen entgeht. Die Laune ist trotz der Arbeit gut. Franz Eble hat auch allen Grund zur Freude. Er hat seine Hühner verkauft – Federfüßige in zarter Isabella-Farbe. »Zwerge gehen immer«, verrät er sein Erfolgsgeheimnis. Kein Wunder, dass er den Bogen raus hat: Seit 28 Jahren züchtet er als Mitglied im »C70« Tiere.