Krankenversorgung von Flüchtlingen

»Kosten steigen von Jahr zu Jahr«

Stefan Angele
Lesezeit 3 Minuten
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06. März 2015

Verdacht auf Masern: Die Flüchtlingsunterkunft am Flugplatz Lahr. ©Anja Rolfes (Archiv)

Tuberkulose-Fall in Ettenheim, Masern-verdacht am Lahrer Flugplatz: Krankheitsfälle haben Flüchtlingsheime zuletzt in die Schlagzeilen gebracht. Wie ist der Gesundheitszustand der Asylsuchenden? Wie läuft die Krankenversorgung ab? Die Mittelbadische Presse hat bei Landratsamt und Kreisärzteschaft nachgefragt.

Das Landratsamt Ortenaukreis meldete am Mittwoch den Verdacht auf Masern in einer Flüchtlingsunterkunft am Lahrer Flugplatz. Sofort wurden Untersuchungen eingeleitet, deren Ergebnisse für Freitag erwartet werden. Am Donnerstag fand in der Unterkunft eine großangelegte Impfaktion statt. Mitte Februar trat in Ettenheim sogar ein Fall von offener Lungentuberkulose auf. Michael Loritz, Leiter des Migrationsamts am Landratsamt, bewertet den Gesundheitszustand der in der Ortenau ankommenden Flüchtlinge zwiespältig: Auf der einen Seite würden eher jüngere, also gesundheitlich zumeist stabile Menschen Asyl suchen. Vereinzelt gebe es Krebs- oder Dialysepatienten. »Auf der anderen Seite sind Armutsflüchtlinge aus dem Balkan häufig krank, vor allem die Kinder«, sagte Loritz auf Anfrage der Mittelbadischen Presse.

13 260 Euro für 18 Monate
13 260 Euro erhält der Ortenaukreis vom Land Baden-Württemberg – pauschal, pro Flüchtling, für 18 Monate. Damit abgedeckt sein sollen sämtliche anfallenden Kosten: Ernährung, Unterkunft und eben auch die Krankenversorgung. »Die Kosten steigen von Jahr zu Jahr«, sagte Loritz. Das Geld müsse zum Teil an anderer Stelle eingespart werden, beispielsweise bei der Betreuung. Aufgrund der großen Zahl an Asylsuchenden, vor allem aus dem Kosovo (siehe Artikel auf der nächsten Seite), würde die Betreuung ohnehin ebenso leiden wie Arbeitsvermittlungen und Integrationsmaßnahmen. Loritz: »Pro Flüchtling machen wir gerade etwa 1300 Euro Minus.«

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Nur wenn sie akute Schmerzen haben, dürfen Flüchtlinge einen Arzt aufsuchen. Dazu benötigen sie gemäß Asylbewerberleistungsgesetz jedes Mal einen Krankenschein. Den bekommen sie vom Landratsamt. Facharzttermine, etwa beim Kinder- oder Frauenarzt, sind teilweise sofort möglich. »Ausgenommen sind zudem Notfälle«, erklärte Loritz. Den Krankenschein rechnen die Ärzte hinterher mit dem Migrationsamt ab. Ähnlich wie bei Privatpatienten. »Der Aufwand ist etwas größer, aber es ist für Ärzte eigentlich recht attraktiv«, sagte Loritz. Dennoch sei zu beobachten, dass manche Ärzte keine Flüchtlinge behandeln möchten. »Zum Teil gibt es Vorbehalte«, berichtete Loritz.

Vorbehalte problematisch
Ulrich Geiger, Vorsitzender der Kreisärzteschaft, hat keine Kenntnis über derartiges Verhalten Ortenauer Ärzte. »Es ist sicher ein Klientel, das aufgrund sprachlicher und kultureller Barrieren mehr Zeit benötigt. Das ist für manche vielleicht nicht attraktiv«, sagte Geiger gegenüber der Mittelbadischen Presse. Sollte dieser Vorwurf zutreffen, sähe er das aber problematisch. Aus seiner Warte gibt es in der ärztlichen Versorgung von Flüchtlingen im Kreis keinen Mangel.

In seiner eigenen Praxis seien Flüchtlinge bisher nicht merklich zahlreicher geworden. Sie seien indes oft traumatisiert, manche hätten hierzulande seltene Infektionskrankheiten. Eine Hauptschwierigkeit sei die Organisation von Dolmetschern. Eine weitere das deutsche Versicherungssystem: »Für fast alle ist da gut gesorgt, aber gerade für Flüchtlinge müssen immer wieder Wege gefunden werden.«

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