Neuer Falter in Gengenbach
Manche Schätze sind so klein, dass man sie kaum sieht. In Gengenbach und Umgebung zählt nun ein weiteres Kleinod dazu: Es ist der kurzschwänzige Bläuling, wissenschaftlich Cupido argiades.
Cupido – Begierde – ist der Beiname des römischen Liebesgottes Amor und wird in der bildenden Kunst meist als Kleinkind dargestellt, das mit Pfeil und Bogen schießt – und wer davon getroffen wird, verfällt der Liebe.
Argia ist eine der griechischen Meeresnymphen. Wie trefflich dieser Schmetterlingsname gewählt ist, wird beim näheren Betrachten dieses Bläulings schnell deutlich: Denn das Schwanzende jedes Hinterflügels sieht von der Seite aus wie ein kleiner Pfeil. Und die Männchen tragen eine meerblaue Farbe. Die Weibchen sind aus Gründen der besseren Tarnung bräunlich gefärbt. Der kurzschwänzige Bläuling ist übrigens der einzige Bläuling in Europa mit einem Schwanz und mit einer Länge von 25 bis 35 Millimetern der zweitkleinste in Europa. Es sind kleine Tagfalter, von denen es in Europa mehr als 140 Arten gibt.
Der wärmeliebende Falter ist gerne am Mittelmeer zuhause; sein Verbreitungsgebiet reicht bis nach Ostasien. Doch er ist durchaus heimisch in Baden-Württemberg und hier seit mehr als 100 Jahren wissenschaftlich nachgewiesen, allerdings vorwiegend im südlichen und nördlichen Oberrheingebiet, wobei man ihn in den 1980er Jahren kaum noch irgendwo angetroffen hatte. Erst seit dem Millennium verbreitet er sich von dort aus in benachbarte Zonen, vor allem entlang der Flusstäler wie Neckar, Elsenz, Walzbach und Pfinz.
Fund bei Bergach
Im Jahre 2013 wurden erstmals im Kinzigtal einige wenige Falter entdeckt, an einem Südhang zwischen Gengenbach und Bergach. Sie lieben Ränder von Wegen und anderen Strukturen, an denen Männchen und Weibchen kaum aneinander vorbeifliegen können. Es ist durchaus möglich, dass der Falter noch weiter vorgedrungen ist, bislang jedoch noch nicht entdeckt wurde. Als im Juni 2014 einige wenige Exemplare bei Haigerach entdeckt wurden, stand fest: Der kurzschwänzige Bläuling hat sich im Kinzigtal angesiedelt.
Vielfältige Wiesen
Die milden Winter der vergangenen Jahre tragen dazu bei. Auch verändern sich Ortsrandlagen: Viehweiden werden seltener, die dann entstehenden Wiesen und Landschaftsbereiche werden weniger stark genutzt, sind vielfältiger und bieten vielen Tieren und Pflanzen bessere Möglichkeiten.
Die nur zehn Millimeter langen Raupen sind wenig anspruchsvoll und fressen die fast überall vorhandenen Pflanzen Klee, Hornklee, Wicken, Luzerne und Ginster; daher sind sie keine Schädlinge.
Obwohl sich der kurzschwänzige Bläuling langsam ausbreitet, ist seine Population noch lange nicht groß genug oder gar so stabil, dass er ungefährdet ist. Jene wenigen Flecken, an denen er sich angesiedelt hat, könnten durch Insektizide und Mahd zur falschen Zeit schnell verschwinden. Ebenso könnten einige strenge Winter ausreichen, ihn wieder aussterben zu lassen. Die Falter werden nur wenige Wochen alt. Sie fliegen von Ende April bis Mitte Juni in der ersten, von Juli bis August in der zweiten Generation; in manchen Jahren oder an manchen Standorten, wenn der Frühling warm war, kann es sogar eine dritte Generation geben. Es ist übrigens verboten, sie zu fangen, denn sie stehen sowohl auf der Roten Liste der gefährdeten Tierarten als auch unter Naturschutz.