Ortenauer Landwirte sind wütend auf die Obstdiebe
Für die Diebe mag es eine lässliche Sünde sein. Für die Ortenauer Landwirte ist der Obstklau nicht nur ein großes Ärgernis, sondern auch mit finanziellen Einbußen verbunden.
23 Äpfel hatten zwei Spaziergängerinnen bei Sasbach auf einer Streuobstwies mitgehen lassen. Die Polizei erwischte sie dabei und die Frauen mussten die Äpfel wieder auf die Wiese zurücklegen. Als sie das auf dem Facebook-Auftritt der Mittelbadischen Presse liest, macht Sabine Ziegler in einem Kommentar ihrem Ärger Luft. »Wenn wir kommen und unsere Äpfel, die wirklich viel Pflege bekommen, aufsammeln wollen, dann sind sie weg.«
Problem ist extrem
Grund genug, sie anzurufen. Ziegler ist keine Landwirtin, aber bewirtschaftet zusammen mit ihrem Mann drei Streuobstwiesen in Ottenheim und eine in Grafenhausen. Dieses Jahr sei das Problem extrem, klagt sie. »Alles, was gut ist, wird aufgehoben oder abgerissen.« Häufig würden die Bäume Schaden nehmen, weil die Äpfel noch gar nicht reif sein.
Kein Einzelfall
Ein Einzelfall ist das offensichtlich nicht, wie ein Gespräch mit Karl-Wendelin Spinner ziemlich schnell deutlich macht. Er betreibt zusammen mit seiner Familie einen Obsthof in Oberkirch-Nußbach.
Er hat im Laufe der Jahre sogar eine Typologie der Diebe entwickelt. »Spontandiebstahl« nennt er es, wenn Spaziergänger auf seinen Anlagen Kirschen oder Äpfel pflücken. Dann gebe es die Leute, die ihren Diebstahl planen würden und sich tagsüber schon mal umschauten. »Abends kommen sie dann mit ihrem Auto und füllen ein paar Tüten.« Den größten wirtschaftlichen Schaden verursachen die Diebe, die ihre Beute weiterverkaufen wollen. »Vor zwei Jahren haben in einer Kirschenanlage mehrere Hundert Kilo gefehlt«, berichtet der Landwirt.
Kein Respekt
Fast noch mehr als der finanzielle Verlust schmerzt Spinner etwas anderes: »Diese Menschen haben keinen Respekt vor dem Eigentum und der Arbeit anderer.« Auch Ziegler sagt: »Es geht ja nicht nur um die Äpfel, sondern auch um meine Arbeit.«
Auch bei den Weinreben greifen Wanderer schon mal zu. Für Peter Wohlfahrt, den Geschäftsführer des Badischen Weinbauverbandes, ist das zwar ärgerlich, »aber kein großes Problem«. Matthias Wolf, der Geschäftsführer des Weinguts Schloss Ortenberg, weiß auch warum: »Unsere Trauben eignen sich einfach nicht so gut zum Verzehr.«
Wie Mundraub behandelt
Auch beim Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverband (BLHV) in Freiburg kennt man das Problem mit den Obstdieben. In diesem Jahr habe das teilweise immense Ausmaße angenomen, erklärt Pressesprecher Padraig Elsner. »Die Polizei hat das wie einen Mundraub behandelt«, kritisiert er. Viele Landwirte seien enttäuscht gewesen von der Arbeit der Polizei.
»Diese Aussage muss so entschieden zurückgewiesen werden«, sagt dazu Wolfgang Drescher, einer der Sprecher des Polizeipräsidiums Offenburg. »Die Polizei kann nur anzeigen, was ihr bekannt und angezeigt worden ist«, macht der Sprecher deutlich. Da nütze es nichts, sich gegenüber dem BLHV über Diebstähle zu beschweren, sich aber nicht an die Polizei zu wenden.
Drescher kann das auch mit Zahlen untermauern. Im laufenden Jahr sei bisher nur ein Fall aus dem Bereich Willstätt angezeigt worden. Damals ging es um fünf Kästen voll mit Äpfeln. Er geht aber von deutlich mehr Fällen in diesem Bereich aus. Das Dunkelfeld sei mit Sicherheit enorm hoch. Drescher appelliert deshalb an die Landwirte, die Diebstähle auch anzuzeigen. Zumindest Spinner hat er damit auf seiner Seite. Er zeigt die Leute an. »Nur dadurch kann man etwas erreichen.«
Den Tätern, so die Erfahrung Dreschers, fehle jedes Unrechtsbewusstsein. Das kann unangenehme Folgen haben. »Wer auch nur einen Apfel vom Baum oder eine Erdbeere vom Strauch pflückt, begeht Diebstahl«, erklärt Drescher.
Diese Strafe drohen den Dieben
»Wer auch nur eine Kirsche pflückt oder einen heruntergefallenen Apfel aufhebt und mitnimmt, aber auch an Ort und Stelle verzehrt, der begeht einen Diebstahl geringwertiger Sachen«, erklärt Polizeisprecher Wolfgang Drescher. Das bedeutet eine »Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe«. Außerdem gelte: »Der Versuch ist strafbar.«
Wer einen Zaun übersteigt oder ihn aufschneidet, begeht besonders schweren Diebstahl. Die Strafandrohung dafür liegt laut Drescher zwischen drei Monaten und zehn Jahren. Nebenbei mache sich der Dieb auch des Hausfriedensbruchs schuldig.