"Das wichtigste ist Liebe zu den Kindern"
Bärte und Bischofsroben sind gerichtet – die Nikolause der Ortenau sind bereit für ihren großen Einsatztag. Ein bisschen Lernen gehört ebenfalls dazu: Auf Einladung der Erzdiözese drückten jetzt einige »Heilige« beim ersten Nikolauskurs im Europa-Park die Schulbank.
Als die Nikolause vor die Tür treten, sind sie sofort umringt: Die Parkbesucher zücken ihre Handys und nehmen die Kinder auf den Arm. Bischof Nikolaus – und das gleich 25-mal! Die Männer mit den weißen Rauschebärten und der Mitra auf dem Kopf gehen noch zur Stabkirche, als Abschluss des Seminartages. Dort gibt es den Segen zur Entsendung – und vermutlich freuen sich alle Nikolause, denn jeder einzelne weiß: Seine Rolle wird er in diesem Jahr noch besser ausfüllen. Alle haben sich einen Tag Zeit genommen, um mit frischen Tipps und Hintergrundwissen ihr Amt noch besser auszufüllen.
Rolle des heiligen Bischofs von Myra
»Das Wichtigste kann man nicht lernen, das ist die Liebe zu den Kindern und der Sache«, sagt Seminarleiter Tobias Aldinger, Referent für Katechese, Katechumenat und Bonifatiuswerk, vorweg. Das steht aber außer Frage. Die Nikolause, die sich angemeldet haben, schlüpfen meist schon seit Jahrzehnten in die Rolle des heiligen Bischofs aus Myra. Etwa Thomas Feger aus Ettenheim-Münchweier. Der 61-jährige Bäckermeister hat das »Amt« von seinem Vater geerbt. Was ihn seit mindestens 20 Jahren motiviert? »Das sind die strahlenden Augen der Kinder!«
Dennoch bewegt viele die Frage, was sie tun können, wenn die Kleinen ängstlich sind. Obwohl der Bischof längst nicht mehr die Strafinstanz der Eltern ist, zeigen die Kinder immer noch großen Respekt. Das könne mit einer freundlichen Begrüßung abgefangen werden, stellen die Referenten klar. »Ich lasse das Kind zu mir kommen und halte die Hand«, berichtete einer. Das hilft meist, trotz der Handschuhe.
Im Nikolausseminar gibt es aber noch einen weiteren Tipp für die Bartträger: einfach ein Glöckchen mitbringen. Das fesselt die Aufmerksamkeit, sorgt für mehr Ruhe – auch bei denjenigen, die mehr als nur die Kinder einer Familie als Publikum haben. »Bei mir sind es rund 500 Personen bei der Weihnachtsfeier des Sportvereins«, sagt Robert Disch aus Rheinhausen. Da Ruhe in den Saal zu bekommen, sei nicht ganz einfach. Denn während die Kinder gebannt zur Bühne schauten, tratschten die Erwachsenen oftmals weiter. Keine schöne Sache für den Nikolaus. Disch ist dann auch der Erste, der sich bei der Abschlussrunde nach vorn wagt: Einmal soll der Nikolaus-Auftritt, der im Lauf des Tages in fünf Sequenzen gegliedert worden war, durchgespielt werden.Schnell die Mitra aufgesetzt und die Stola um – das sind neben dem Hirtenstab mit die wichtigsten Zeichen für den Nikolaus, der ja Bischof war. Das Glöckchen klingelt, dann wendet sich Disch mit ruhigen Worten an sein nicht mehr ganz so kindliches Publikum. Er schaut hierhin und dorthin und spricht langsam, damit ihn jeder gut verstehen kann.
Inzwischen ist Ulrich Glawunder eingetroffen. Er ist der Mann, der im Europa-Park für die Shows zuständig ist, Schauspieler und Sänger. Er hört aufmerksam zu und beobachtet die kleinste Geste. Danach beteiligt er sich an der Manöverkritik: Den ersten Nikolaus ermuntert er zu mehr Fröhlichkeit. Dann hat er für die Kollegen den Rat, sich richtig in die Rolle einzufühlen: Es gelte, eigene Anteile in die Rolle hineinzulegen. Erst dann wirke der Auftritt authentisch.
Rötlichen Bart wachsen lassen
Das versucht Oliver L’Gaàl aus Krauchenwies bei Sigmaringen. Im Ort ist die Kirche dem heiligen Nikolaus geweiht. Der stattliche Mann hat sich für den Auftritt im Kinderheim extra seinen rötlichen Bart wachsen lassen. Ob das funktioniert? Wahrscheinlich nicht: Er ist zu sehr er selbst, einfach zu leicht zu erkennen. Der üppige Rauschebart und die Perücke kommen also doch zum Einsatz. Seinen Auftritt will L’Gaàl in einem weiteren Punkt neu gestalten: »Er baut sich einen neuen goldenen Hirtenstab.« Und »der kommt immer in die linke Hand«, sagt Kursleiter Aldinger, als bei einer weiteren Szene einer der Männer ihn in der rechten hält. Die Rechte muss frei bleiben – denn mit ihr wird gesegnet.
»Ich wusste bisher nicht, dass die Rute früher Segensinstrument war«, nimmt Ralf Schöffmann neue Erkenntnisse aus dem Tagesseminar der Erzdiözese mit. Mit seinen 32 Jahren gehört er zu den jüngsten Nikolausen, doch auch er hat auch schon seine 14 Einsatzjahre »auf dem Buckel«. Er mag es, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. »Man braucht gute Antworten, schließlich weiß der Nikolaus ja alles«, stellt er mit einem Augenzwinkern fest.
Das Treffen und den Austausch findet Schöffmann motivierend, denn in den Gruppen kann man allerlei Interessantes durchsprechen. Bernhard Adam beispielswiese verrät, dass er im Advent vier bis fünf Auftritte pro Abend hat. Insgesamt ist die Kolpingsfamilie in Ettlingen, der er angehört, mit bis zu sechs Gruppen unterwegs. Sich in einen Nikolaus zu verwandeln, ist gar nicht so einfach. Als sich die Nikolause bereit machen, braucht jeder ein bisschen Hilfe. Die weiße Alba geht noch, bei Bart und Wallehaar wird es dann schon schwieriger. Spätestens beim Chormantel ist dann jeder froh, wenn er helfende Hände hat.
»Das Auto parken wir immer ein Stückchen vom Haus entfernt«, sagt Adam. Grund genug, ein paar zusätzliche Mandarinen, Nüsse oder Weckmänner einzustecken. »Wenn wir unterwegs angesprochen werden, haben wir so auch für andere Kinder eine kleine Gabe«, sagt er – also eigentlich immer. Das wird bei der Prozession zur Stabkirche klar: Die Nikolause stehen im Mittelpunkt. Gut, wenn man dann gelernt hat, was Show-Profi Glawunder vom Europa-Park den Nikolaus-Darstellern ans Herz gelegt hat: »Tun Sie nicht nur so als ob: Sie müssen der Nikolaus sein!« Und das sind sie.