Sprachenzentrum der Hochschule ist bei Studenten beliebt
Die Zeiten, als Ingenieure sich ausschließlich mit Zahlen und Technik auskennen mussten, sind lange vorbei. Das hat auch die Hochschule Offenburg erkannt. Der Weg zum Bachelor- und Masterabschluss führt für viele Studenten deshalb auch über den Besuch von Kursen im Sprachenzentrum.
»Die Firmen haben Bedarf an Absolventen, die einen gewissen Sprachschatz mitbringen«, erklärt Anne Najderek, die wissenschaftliche Leiterin des Sprachenzentrums an der Hochschule. Gefragt bei den Unternehmen sei nach wie vor gutes Englisch. Die Hochschule hat auf diese Anforderung reagiert, indem sie im Studienplan für angehende Betriebswirte zum Beispiel festgelegt hat, dass Studenten Kurse in Wirtschaftsenglisch oder -französisch belegen müssen. Wobei die Englischkurse deutlich beliebter seien, wie die Professorin verrät. Die angehenden Ingenieure bereitet das Zentrum unter anderem mit »Technischem Englisch« auf ihre künftigen Berufe vor.
Studenten ohne Abitur
Dabei gibt es nicht den einen Standard-Englisch-Kurs, wie Najderek deutlich macht. »Die Studenten bringen sehr unterschiedliche Sprachkenntnisse ins Studium mit. Es gibt Leute, die haben kein Abitur gemacht«, erläutert sie. Den Zugang zu einer Hochschule kann man nicht nur durch die schulische Hochschulreife, sondern durch berufliche Qualifikationen erwerben.
Niveau ist anspruchsvoll
Ausgelegt sind diese Kurse für das Niveau B2. Was das bedeutet, ist im gemeinsamen europäischen Referenzrahmen für Sprachen festgelegt. Der versteht darunter die selbstständige Sprachverwendung. Das umfasst das Verstehen komplexer Texte zu verschieden Themen. Aber auch mit einem Muttersprachler sollten sich die Studenten ohne Mühe unterhalten können. Najderek selbst findet das Niveau B 2 schon relativ anspruchsvoll.
Welche Vorteile Sprachkenntnisse jenseits von Englisch im Berufsleben bieten können, macht die Professorin am Beispiel von Chinesisch oder Schwedisch deutlich: »Wenn man das spricht, ist das vor Ort ein Türöffner.« Sprachkenntnisse zeigten das Interesse des Sprechers an der Kultur seines Gegenübers.
Viele kommen aus Interesse
Die Studenten, die einen Kurs besuchen müssen oder sich berufliche Vorteile davon versprechen, machen nur einen Teil der Zielgruppe des Sprachenzentrums aus, erklärt die Professorin. Viele kämen auch aus reinem Interesse. Die am meisten nachgefragten Kurse bei diesen Studenten sind laut Najderek neben Spanisch die beiden exotischen Sprachen Chinesisch und Japanisch. Aber auch Schwedisch hat das Zentrum im Angebot. Das skandinavische Land sei bei den Studenten nicht nur für ein Auslandssemester heiß begehrt, verrät sie.
Bei seinem Kursangebot ist das Sprachenzentrum flexibel. Die Studenten können auch Kurse vorschlagen. »Wenn eine Gruppe zum Beispiel vorhätten im nächsten Semester nach Bali zu gehen, dann würden wir versuchen, einen Indonesischkurs anzubieten.«
Passendes Angebot
Es gibt noch eine dritte Gruppe von Studenten, die Kurse am Sprachenzentrum belegt: Auch für junge Menschen, die aus dem Ausland nach Baden kommen, gibt es an der Hochschule passende Angebote. Die tragen dann Titel wie »Deutsch als Fremdsprache« oder auch »Technisches Deutsch«. Für sie bietet das International Office auch landeskundliche Kurse an, schließlich sollen sie nicht nur die Sprache, sondern auch die Kultur ihrer Heimat auf Zeit kennenlernen.
Die Art und Weise, wie Sprache vermittelt wird, hat sich in den letzten Jahrzehnten drastisch gewandelt. »Wir hatten Angst, Fehler zu machen«, erinnert sich die Professorin an ihren Fremdsprachenunterricht. Das sei heute viel weniger der Fall. Für Najderek hat das mit einem grundlegenden Wandel in der Didaktik zu tun. Neben Grammatik lernten die Studenten kommunikations- und handlungsorientiert und gleichermaßen interaktiv über das Hörverstehen. »Die Studenten sollen Spaß haben, wenn sie Sprachen lernen«, betont die Professorin. Ganz wichtig sei auch, dass die junge Leute beim Sprechen Hemmungen abbauen.
Größe der Kurse
Als sehr wichtig für den Lernerfolg erachtet die Expertin die Größe der Kurse. Bei Sprachkursen sei die Zahl der Teilnehmer grundsätzlich auf 25 begrenzt. Wichtig sei, sagt sie, dass man auch zum Sprechen komme. Bei zu großen Gruppen sei das nicht möglich.
»Sprachen eröffnen den Zugang zu einem Land«, ist die 41-Jährige überzeugt. Bei Najderek sind das keine leeren Worte. Sie kann das mit ihrem Lebenslauf belegen. Immer wieder war sie während ihres Studiums im Ausland. Ihr Erasmus-Semester hat sie in Bilbao verbracht. Mit einem Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes war sie ein Jahr lang in Frankreich als Fremdsprachenassistentin für Deutsch als Fremdsprache an einer Schule tätig. Außerdem hat sie bei Siemens in Peking ein Praxissemester absolviert. Den Studenten rät sie, es ihr gleichzutun. »Gehen Sie jetzt ins Ausland. Wenn man erst mal im Arbeitsleben steht, bekommt man nicht so entspannt wieder die Möglichkeit.«
Das was sie dort erlebt hat, wollen die Professorin und ihre Mitarbeiterinnen auch den Studenten vermitteln. »Ich bin davon überzeugt, das erst Sprachen einem den Zugang zu einem Land eröffnen.« Wenn man die Sprache der Menschen in einem Land beherrsche, gebe das Sicherheit, und es eröffne viele weitere Chancen, ist Najderek überzeugt.
Anne Najderek
Anne Najderek wurde 1975 geboren und hat ein Kind. Sie ist seit 2012 Professorin mit den Lehrgebieten Buchführung, Bilanzierung, Kosten- und Leistungsrechnung und Internationale Rechnungslegung. an der Hochschule Offenburg. Nach ihrem Studium der »Philologie mit wirtschaftswissenschaftlicher Qualifikation« an der Uni Mannheim hat sie dort auch promoviert. Leiterin des Sprachenzentrums ist sie seit März 2016. Das liege an ihrem sprachenlastigen Hintergrund, sagt sie.