Telefonaktion der Mittelbadischen Presse zum Erbrecht
Erben und vererben geht alle etwas an. Und aktuell wird in der Ortenau viel vererbt und viel verfügt. So hatten die drei Fachanwälte Rita Pertschy, Martina Tauchert-Nosko und Markus Lorenz am Donnerstag im Rahmen der Telefonaktion der Mittelbadischen Presse pausenlos zu beraten.
Dass das eigene oder gemeinsame Hab und Gut nach dem Tod in die richtigen Hände kommt, treibt viele Ortenauer um. Und sie wollen überwiegend testamentarisch verfügen, so ein Schwerpunkt, der sich bei der Telefonaktion herauskristallisierte. Weiterer Schwerpunkt: Dabei kann viel falsch gemacht werden. Eine Auswahl der wichtigsten Fragen und Antworten:
Meine Eltern haben ein Berliner Testament verfasst. Als die Mutter gestorben ist, habe ich meinen Pflichtteil geltend gemacht. Meine drei Geschwister haben nichts gefordert. Nun hat mein 90-jähriger Vater das Haus den Geschwistern übertragen, ich bin leer ausgegangen. Habe ich noch irgend einen Anspruch?
Martina Tauchert-Nosko: Sollte Ihr Vater das Haus an die Geschwister mit einem sogenannten lebzeitigen Eigeninteresse übertragen haben, weil er zum Beispiel von den Geschwistern versorgt wird, dann ist die Übertragung wirksam. Sie haben kaum Anspruch auf weitere Zahlungen. Sie können aber nach dem Tod Ihres Vaters einen Pflichtteilergänzungsanspruch geltend machen.
Ich möchte mich neutral von einem Fachanwalt beraten lassen. Was kostet das?
Rita Pertschy: Die Rechtsanwaltsvergütungsverordnung ( RVG) sieht für eine erste Beratung eine Gebühr von maximal 190 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer vor. Dabei handelt es sich um eine Rahmengebühr. Ob der Anwalt den Rahmen voll ausschöpft, liegt in seinem Ermessen. Es kann auch eine Honorarvergütung vereinbart werden.
Wir sind eine Erbengemeinschaft, Mutter, mein Bruder und ich. Nun ist mein Vater verstorben, die Mutter möchte die Hälfte der Wohnung an meinen Bruder übertragen, da er die Pflege übernehmen soll. Ich wurde gebeten, auf meinen Pflichtteil zu verzichten. Was raten Sie mir?
Pertschy: Ob Sie auf Ihren Pflichtteil verzichten, liegt bei Ihnen. Sie haben dann aber bei Ableben ihrer Mutter möglicherweise keinerlei Ansprüche aus dieser Übertragung. Wichtig bei der Übertragung an ihren Bruder ist, dass festgelegt wird, bis zu welchem Pflegegrad oder in welchem Umfang die Pflege durchzuführen ist und ob die Miete der Wohnung in entstehende Heimkosten fließen soll. Am besten, Sie lassen sich den Entwurf des Notars einige Tage zuvor aushändigen und überprüfen die einzelnen Punkte in aller Ruhe mit einem Anwalt.
Wir sind verheiratet, haben weder Ehevertrag noch Testament. Ich möchte nun im Testament festlegen, dass meine Frau ein Viertel meines Vermögens erbt, mein Sohn drei Viertel. Geht das?
Markus Lorenz: Das können Sie so im Testament verfügen, denn Sie lösen damit keine Pflichtteilsansprüche aus. Ihre Frau bekommt normalerweise die Hälfte ihres Vermögens, der Pflichtteil liegt bei einem Viertel. Bedenken Sie aber, dass Sie erbschaftssteuerfrei an ihre Frau bis zu 500 000 Euro übertragen können, an den Sohn 400 000 Euro. Sollten diese Summen überschritten werden, so überlegen Sie sich, ob Sie nicht von einer sogenannten Verfügung unter Lebenden Gebrauch machen.
Wir haben aktuell ein Berliner Testament zu Gunsten unserer Kinder verfasst. Das können wir ja zu Hause deponieren …
Lorenz: Das ist die schlechteste Lösung. Ich empfehle Ihnen, das Testament beim Nachlassgericht zu hinterlegen. Das Original natürlich. Kopien können Sie zu Hause aufbewahren. Die Hinterlegung kostet Sie – egal wie viel Sie vererben – einmalig 75 Euro. Derzeit können Sie noch beim staatlichen Notariat in Ihrer Nähe hinterlegen, ab 2018 hat jedes Amtsgericht eine eigene Abteilung dafür.
Ich bin Witwe und möchte ein Haus verkaufen. Der Erlös soll an meine Tochter, die Enkel und den Schwiegersohn in spe fließen. Wie könnte das gehen?
Pertschy: Bedenken Sie, dass der künftige Mann Ihrer Tochter nicht mit Ihnen verwandt ist, also nur bis zu einem Freibetrag von 20 000 Euro beschenkt werden kann, ohne dass Schenkungssteuern anfallen. Ihre Tochter kann mit bis zu 400 000 Euro, die Enkelkinder jeweils mit 200 000 Euro steuerfrei bedacht werden.
Ich bin ledig, habe keine Kinder, aber eine Schwester mit Kindern. Nun möchte ich ihr und gemeinnützigen Organisationen etwas vererben. Wie geht das?
Pertschy: Am besten Sie verfassen ein Testament, in dem Sie festlegen, wer die Erben sein sollen – Ihre Schwester allein oder Schwester und Kinder. Dann ordnen Sie für die gemeinnützigen Organisationen Vermächtnisse in bestimmter Höhe an. Wichtig: Die Organisationen müssen so genau wie möglich benannt werden.
Ich bin geschieden und habe einen Sohn. Ist er Alleinerbe?
Tauchert-Nosko: Ja, im Moment schon. Sollten Sie wieder heiraten und oder noch einmal Vater werden, dann ändert sich der Fall.
Mein Bruder ist im vergangenen Jahr verstorben, die Eltern schon lange. Nun bleiben meine Schwestern und ich übrig. Im Nachlass meines Bruders befindet sich eine Immobilie, die meine Schwestern gerne versilbern würden. Ein Testament ist nicht vorhanden. Was nun?
Tauchert-Nosko: Sie alle sind eine Erbengemeinschaft und erben zu gleichen Teilen. Heißt bei der Immobilie: Falls Sie sich mit Ihren Schwestern nicht einigen, droht die Teilungsversteigerung.
Mein Mann und ich haben ein Berliner Testament verfasst, in dem wir uns gegenseitig als Erben einsetzen. Schlusserbin soll die Tochter meines Mannes aus erster Ehe sein. Nun ist mein Mann verstorben. Kann ich am Testament etwas ändern und kann die Tochter ihren Pflichtteil geltend machen?
Tauchert-Nosko: Sollte das Testament keine Änderungen nach dem Ableben eines Verfassers erlauben, so haben Sie keine Chance, Sie können nichts mehr ändern. Die Tochter aus erster Ehe kann also den Pflichtteil fordern und bleibt Schlusserbin.
Ich habe eine Eigentumswohnung, die mir alleine gehört, möchte sie meiner Tochter vermachen, meiner Frau aber das Wohnrecht übertragen. Geht das?
Lorenz: Bitte überlegen Sie zuerst, wer Erbe wird. Wird das Ihre Frau, dann wenden Sie die Wohnung als Vermächtnis ihrer Tochter zu. Ihrer Frau wenden Sie als Gegenvermächtnis das Wohnrecht zu. Achtung: Sie müssen den Pflichtteil beachten. Ob dieser gewahrt ist, berechnen Sie, indem Sie vom Wert der Wohnung den Wert des Wohnrechts abziehen. Dafür wird die Jahreskaltmiete ermittelt und mit einem Faktor unter Berücksichtigung der Lebenserwartung multipliziert. Am besten, Sie suchen den Rat eines Fachanwalts oder eines Notars, um das zu berechnen.
Ich bin 80 Jahre alt, habe keine Kinder, nur entfernte Verwandte, dafür zwei Häuser, an denen aber niemand Interesse hat. Wem soll ich jetzt vererben?
Lorenz: Verkaufen Sie die Häuser und genießen Sie Ihren Lebensabend in vollen Zügen. Den Rest vererben Sie karitativen Organisationen durch einen Testamentsvollstrecker.