Viele Flüchtlinge sind in der Ortenau ohne Arbeit
Auch wenn es positive Beispiele gibt. Zwei Jahre nach dem großen Flüchtlingszustrom ist in der Wirtschaft Ernüchterung eingekehrt. Die Hoffnungen, die Flüchtlinge könnten in der Ortenau die Lücken auf dem Arbeitsmarkt schließen, haben sich bisher nicht erfüllt.
Die Frage, wie viele Flüchtlinge arbeiten, lässt sich für die Ortenau nicht beantworten. »Es gibt keine spezifische Arbeitslosenquote für Flüchtlinge«, sagt Armin Mittelstädt, der Amtsleiter der Kommunalen Arbeitsförderung Ortenau. Einen Anhaltspunkt liefert die Zahl der anerkannten Flüchtlinge, die, wenn sie arbeitslos sind, einen Anspruch auf das Arbeitslosengeld 2 haben. Ihre Zahl gibt Mittelstädt für den März mit 2167 an. Wie viele Flüchtlinge in der Ortenau insgesamt leben, lässt sich laut Landratsamt nicht ermitteln.
Unbeschränkter Zugang
Anerkannte Flüchtlinge haben laut Mittelstädt unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt. Alle anderen dürfen erst nach drei Monaten in Deutschland arbeiten.
Bei der Handwerkskammer Freiburg und bei der Industrie- und Handelskammer (IHK)Südlicher Oberrhein weiß man mangels Meldepflicht nicht, wie viele Flüchtlinge für die Mitgliedsunternehmen arbeiten. Von 140 Auszubildenden spricht die Handwerkskammer. Bei den IHK-Betrieben sind es 40 junge Flüchtlinge, die eine Ausbildung machen.
Großer Bedarf
Wie groß der Bedarf der Unternehmen nach Flüchtlingen als Arbeitskräfte ist , macht das Beispiel des Reiff Verlags, der Reiff Zeitungsdruck GmbH und des Mittelbadischen Presse Zustellservice deutlich. Für die Unternehmen ist bisher kein Flüchtling tätig, obwohl der Bedarf vorhanden wäre. Karin Pollak, die Marketingleiterin des Verlagsmarketings, ist dringend auf der Suche nach Zeitungzustellern. »Wir würden Flüchtlinge etwa beim Erwerb des Führerscheins unterstützen, wenn sie für uns als Zusteller arbeiten möchten«, erläutert sie. »Auf unsere Stellenanzeigen hat sich bislang noch kein Flüchtling gemeldet, sagt Ewald Hauser, der Geschäftsführer von Reiff Zeitungsdruck.
Vor allem zwei Probleme
Im Gespräch mit den Vertretern der Kammern und der Verantwortlichen in den Unternehmen tauchen vor allem zwei Probleme immer wieder auf. »Es fehlt den Flüchtlingen oft an ausreichenden Kenntnissen der deutschen Sprache«, sagt Olga Heiland, Sprecherin der IHK. Nahezu wortgleich äußert sich auch Mittelstädt. »Die fehlenden Sprachkenntnisse sind das größte Hindernis.« Das Problem haben die Behörden erkannt. Jeder Flüchtling muss Sprachkurse besuchen.
»Einen Flüchtling zu beschäftigen, benötigt Engagement«, berichtet Gregor Peters, Geschäftsführer des Berghauptener Unternehmens Hilberer Schrauben. Er beklagt vor allem die Unsicherheit über den Aufenhaltstatus und die Arbeitserlaubnis der Flüchtlinge. Ein Problem, das auch Mittelstädt kennt.
Erfahrungen machen Hoffnung
Hoffnung machen allerdings die Erfahrungen der Unternehmen, die bereits Flüchtlinge beschäftigen. Bei Hilberer Schrauben in Berghaupten sind drei von 25 festangestellten Mitarbeitern Flüchtlinge. Sie arbeiten als Maschinenbediener und Schleifer. Geschäftsführer Peters lobt ihre Zuverlässigkeit und die Motivation.
Beim Schwarzwald Eisenhandel in Lahr sind sogar vier von 25 Mitarbeitern Flüchtlinge. Dort ist man mit ihnen so zufrieden, dass das Unternehmen laut Sandra Grimmer, der Assistentin der Geschäftsleitung, darüber nachdenkt, ihnen eine Ausbildungsstelle anzubieten. Markus Sansa, der Vorstand von Riverside Customs in Offenburg, ist da schon einen Schritt weiter. Bei dem Verein beginnt ab kommendem September ein junger Syrer aus Homs seine Ausbildung zum Lackierer.
Beschäftigen Sie Flüchtlinge?
Die Mittelbadische Presse interessiert sich für die Erfahrung der Unternehmen in der Ortenau, wenn es um die Beschäftigung von Flüchtlingen geht. Sind Flüchtlinge für Sie tätig? Leisten sie gute Arbeit? Fühlen Sie sich von den Behörden ausreichend unterstützt? Welche Wünsche haben Sie an die Politik?
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