Whatsapp soll bei der Suche nach Opfern helfen
Wer in Not ist, wählt die 110 oder 112. Was aber, wenn Hilfesuchende nicht wissen, wo sie sich genau befinden? Künftig sollen sie die Positionsdaten per Whatsapp übermitteln, damit Rettungskräfte den Unfallort in abgelegenen Gegenden noch schneller finden.
»Ein Radfahrer stürzte am 6. Juli, um die Mittagszeit, in einem Waldgebiet bei Zunsweier – und verletzte sich. Der Mann, um die 60 Jahre, wählte vorbildlich den Notruf. Auf die Frage, wo er sich denn befinde, konnte er jedoch keine klare Antwort geben«, schilderte Torsten Wiucha, stellvertretender Leiter der Integrierten Leitstelle für den Bereich Brand- und Katastrophenschutz Ortenau, einen Fall.
Nach einer Stunde geborgen
Kein Einzelfall, wie Wolfgang Drescher, Pressesprecher der Polizei in Offenburg, weiß. »Dass Einsatz- und Rettungskräfte den übermittelten Einsatzort zunächst nicht finden können, das ist durchaus Alltag«, sagt Drescher. Auch er habe bereits einen Fall erlebt, bei dem erst nach einer Stunde die Verletzten geborgen werden konnten.
In anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen habe sich in solchen unauffindbaren Einsatzorten die Whatsapp-Methode bereits bewährt, macht Wiucha deutlich. »Wer über Whatsapp verfügt, erhält aus der Leitstelle eine Nachricht. Die Person antwortet dann und gibt über die Whatsapp-Funktion den Standort exakt an. Dank der Methode konnte der Radfahrer im Sommer nach 30 Minuten sicher geborgen werden.« Aus diesem Anlass diskutierten Rettungskräfte ortenauweit, ob Personen in Not künftig über Whatsapp geortet werden sollen, berichtet der Experte.
Maximal 15 Minuten
Die Frist, innerhalb derer Hilfe vor Ort sein muss, liegt in Baden-Württemberg bei zehn Minuten bis höchstens 15 Minuten. In 95 Prozent der Fälle treffe der Krankenwagen auch in dieser Zeit ein. »Diese Regelung gilt nicht für abgelegene Einsatzorte«, räumte Wiucha allerdings ein.
Auf öffentlich zugänglichen Straßen sei es in der Ortenau noch nicht vorgekommen, dass Rettungskräfte den Unfallort nicht finden konnten, versichert er. Einsatzorte »in der Pampa« seien zwar selten, aber lassen sich in ländlichen Gebieten, wie sie auch in der Ortenau gegeben sind, nicht vermeiden. So sei es in den letzten Monaten zwei Mal vorgekommen, dass die Rettungskräfte auf die Bergwacht angewiesen waren, weil sie den Anrufer nicht orten konnten.
Fristen uneinheitlich
»Bundesweit sind die Hilfsfristen uneinheitlich und liegen zwischen fünf und 17 Minuten«, bemängelte Notarzt Karlheinz Bayer aus Bad Peterstal-Griesbach. Baden-Württemberg habe mit der »doppelten Hilfsfrist« ein unnötig kompliziertes System. Nach dem Notruf soll sowohl der Rettungswagen als auch der Notarzt vor Ort sein.
Um abgelegene Orte zu finden, seien ortsansässige Helfer besonders wichtig. Bei Vermisstensuchen, Einsätzen im Wald oder in den Bergen geht es laut Bayer nicht ohne die Feuerwehr, das DRK, die Bergwacht, die DLRG, das THW oder sogar den Baggerführer vor Ort. Diese Helfer seien vor allem wegen der technischen Ausrüstung wichtig: Ob nun mit der Drehleiter oder mit Stromgeneratoren.
Eine handvoll Fälle
In den 35 Jahren, in denen Bayer Notarzt sei, habe es gerade einmal »eine handvoll Fälle« gegeben, in denen er Schwierigkeiten hatte, den Unfallort zu finden. Meist hatten dabei Patienten den Unfallort verlassen. In manchen entlegenen Tälern hapert es laut dem Notarzt an der Beschilderung und am Funkempfang.
»Wird ein Einsatzort angefahren und dort ist niemand als Anrufer bemerkbar, so erfolgt zuerst ein polizeilicher Rückruf beim Mitteiler. Geht der ins Leere, wird versucht mit der Telefonnummer oder dem übermittelten Namen zu recherchieren, um weiterzukommen«, erläuterte Drescher.
Manchmal liege es jedoch an banalen Dingen, dass der Unfallort nicht auffindbar ist: »Manche Anrufer verwechseln schlichtweg Ortschaften oder denken nicht daran, dass sie, wenn sie von Elchesheim-Illingen aus die 110 wählen, dann in Offenburg beim Polizeipräsidium ankommen.« Wer dann nur als Einsatzort die Gartenstraße angebe, müsse sich nicht wundern, wenn die Einsatzkräfte länger brauchen.
Whatsapp-Methode viel exakter
Wer mit dem Mobiltelefon die Notrufnummer wählt, wird mit einer Leitzentrale verbunden. Dort können Mitarbeiter anhand der Rufnummererkennung die nächste Funkstelle am Unfallort auf einer Karte sehen. »Diese Zelle kann aber in ländlichen Gebieten sehr groß sein«, erläuterte Torsten Wiucha, stellvertretender Leiter der Integrierten Leitstelle für den Bereich Brand- und Katastrophenschutz Ortenau. Die Whatsapp-Methode sei viel exakter. Allerdings müsste die hilfesuchende Person Internetempfang und die App auf dem Smartphone installiert haben, damit sie die Nachricht über Whatsapp auch erhalten.