Ausbau der Rheintalbahn
Dossier: 

Bahnausbau wird Chefsache

Andreas Richter
Lesezeit 3 Minuten
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26. Juni 2015
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Steht das Signal zum viergleisigen Weiterbau der Rheintalbahn nach der Projektbeiratssitzung nun auf Grün? Erst muss noch die Politik ihre Hausaufgaben machen, bis der ersten Spatenstich getan ist. Unser Foto zeigt die Gleisanlage nördlich von Offenburg. ©dpa

Der Projektbeirat hat seine Arbeit nach dem zehnten Treffen gestern mit maßgeblichen Beschlüssen zum Bahnausbau in Südbaden beendet. Auch wenn die Frage nach den Kosten nicht gänzlich  vom Tisch ist.

Stuttgart. Ganz Südbaden war gestern nach der Sitzung des Projektbeirats in Stuttgart zufrieden. Wirklich alle?  Nein. Zehn kleine Kommunen an der Autobahn zwischen Offenburg und Riegel trotzen den Mehrheitsbeschlüssen zur Autobahnparallele. Sie ließen gestern nach dem Treffen per Pressemitteilung wissen: »Wir missbilligen den Weg der Entscheidungsfindung (...) Solche Entscheidungen sind rechtlich normierten Verfahren vorbehalten.« Jochen Paleit, der Bürgermeister von Kappel-Grafenhausen und Sprecher der Unterzeichner der sogenannten Grafenhausener Erklärung, der gestern in Stuttgart dabei war, verließ nach Teilnehmerangaben die Sitzung vorzeitig – ohne ein Wort gesagt zu haben.
Alle anderen waren glücklich. »Großartig« nannte Freiburgs Regierungspräsidentin Bärbel Schäfer (parteilos) die finale Einigung im Projektbeirat. »Hervorragend«, befand der Direktor des Regionalverbandes Südlicher Oberrhein, Dieter Karlin.

Offenburg kriegt endlich seinen Tunnel – zu Mehrkosten von rund 1,1 Milliarden Euro. Das treffe ihn »am härtesten«, scherzte Michael Odenwald (CDU), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium.  Den Tunnel wird der Bund allein finanzieren. Für die  Autobahnparallele werden laut Odenwald nun rund 480 Milliarden Euro veranschlagt, 30 Millionen wird die abgespeckte »Beste Lösung« für Müllheim-Auggen samt der niveaufreien Verknüpfung von Güterumfahrung und Bestandsstrecke kosten; beides wäre Fifty-fifty von Bund und Land gemeinsam zu finanzieren.  Mit den bereits vor Jahren zugesagten 250 Millionen Euro für Freiburger Bucht und Bürgertrasse im Markgräflernand ergeben sich Mehrkosen von fast 1,8 Milliarden Euro.

Odenwald betonte vor diesem Hintergrund, dass der Bahnausbau in Südbaden ein »Alleinstellungsmerkmal« habe, das diese finanziellen Aufwendungen rechtfertige.  Schließlich sei die Verbindung Rotterdam-Genua eine internationale Verkehrsverbindung und die meist frequentierte Güterstrecke iin Deutschland.

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An der A5-Trasse wird es nun aller Voraussicht nach keine Tieflagen und Untertunnelungen geben. Dies sei nicht vorgesehen, bestätigte Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Der Ortenauer Landrat Frank Scherer (pareilos) ergänzte, dass Tieflagen nach  der sogenannten Herrenknecht-Variante nicht vorgesehen seien, sie könnten aber im weiteren Planungsprozess durchaus in Erwägung gezogen werden. Mehrfach wurde gestern vor allem gewürdigt, dass die Kommunen an der Autobahn alle den Lärm-Vollschutz erhalten werden. Damit wird ein maximaler Lärmpegel von 49dB(A) nachts gewähhrleistet – ohne passiven Lärmschutz. 

Strittig blieben gestern in Stuttgart zwei Punkte. Der Bund beharrt auf hälftige Teilung auch  der Planungskosten; da müssen zu den Gesamtkosten laut Hermann  noch einmal 400 Millionen Euro draufgerechnet werden.
Zweiter Streitpunkt bleibt überhaupt die Kostenbeteiligung des Landes. Baden-Württemberg müsste die Hälfte von A5-Trasse und Beste Lösung tragen, also 255 Millionen Euro. Nach offiziell  nicht bestätigten Angaben hatte Hermann bei der Kabinettsitzung  Anfang der Woche vom Regierungschef höchstpersönllich eine Deckelung von 215 Milliionnen Euro verpasst bekommen – mit einer Verhandlungsoption leicht nach oben. Die nun gestern genannten Summen –  insbesondere bei Hinzurechnung des Planungskostenanteils von 200 Millionen  Euro – überschritten das Verhandlungmandat des Verkehrsministers deutlich.

So beteht nun Einigkeit in der Sache, bei den Kosten bleibt es beim Fragezeichen. Diese Unklarheiten  sollen nun »auf  Regierungsebene« verhandelt werden – also zwischen Ministerpräsident Kretschmann und Bundesverkehrsminister Dorindt.  Und die würden sich beeilen, meinten Odenwald und Hermann unisono. Nach der parlamentarischen Sommerpause soll laut Odenwald der Bundestag die Entscheidungen des Projektbeirats festklopfen. Der Landtag in Stuttgart soll da nicht nachstehen.  »Das können wir auch  schaffen«, meine Hermann.

Hintergrund

In »Fairness und Offenheit«

Als ein »gelungenes Pilotprojekt« hat der Ortenauer Landrat Frank Scherer (parteilos) den Abschluss der Arbeit im Projektbeirat bezeichnet. Es sei schön, dass sich in einem überregulierten Rechtsstaat ein Gremium ohne Geschäftsordnung auf weitreichende Beschlüsse in »Fairness und Offenheit« einigen könne.

Erwartungsgemäß seien nicht alle zufrieden, sage Scherer gestern in Stuttgart nach dem Treffen in einem Gespräch mit der Mittelbadischen Presse. Mit dem erzielten Kompromiss werde es aber für niemanden an der Alt- und Neubaustrecke lauter; für manche an der Bestandstrasse zwischen Offenburg und Riegel werde es sogar leiser. Vor dem Hintergrund der nicht abschließend geklärten Kostenbeteiligung des Landes geht der Landrat davon aus, dass sich die grün-rote Regierung noch bewegen werde: »Der Deckel wird gelupft.« Schließlich seien die Mehrkosten für die A5-Trasse von rund 480 Millionen Euro vernünftige Zusatzinvestitionen.
Fünf Jahre lang stand Scherer dem »Cluster 3« genannten Ausbauabschnitt zwischen Offenburg und Riegel vor. »Jetzt geht’s weiter«, so Scherer gestern. Wenn die Bahn nun neu plane und baue, müsse man das Projekt ja weiter begleiten: »Dann heißt es: gegenchecken!«

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