Zehnteilige Serie (8): Klimawandel in der Region

Die Auswirkungen des Klimawandels auf den Tourismus

Markus Fix
Lesezeit 5 Minuten
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18. Mai 2017
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(Bild 1/2) Wandern, wie hier am Himmelssteig, aber auch Radfahren, sind zwei Hauptgründe, weshalb Touristen in die Region kommen. Und das können sie auch weiterhin, der Klimawandel sorgt sogar dafür, dass die Bedingungen immer besser werden. ©David Lohmüller

Mit dem Schwarzwald hat die Region einen Tourismusmagneten direkt vor der Haustür, und in den vergangenen Jahrzehnten wurde dieser auch hervorragend ausgebaut. Der Klimawandel sorgt aber auch im Tourismus dafür, dass man sich anpassen und in manchen Bereichen umdenken muss.

Baden-Württemberg liegt bei den Übernachtungszahlen im deutschen Tourismus auf Platz zwei – nur in Bayern wollen noch mehr Menschen Urlaub machen. 2015 wurden im gesamten Bundesland über 50 Millionen Übernachtungen gezählt, 2016 gab es alleine im Gebiet der Schwarzwald Tourismus GmbH 21,54 Millionen Übernachtungen von 5,78 Millionen Bundesbürgern und 2,34 Millionen Ausländern. Und da die Statistik ausschließlich Betriebe mit mindestens zehn Betten berücksichtigt, könnte die Gesamt-Übernachtungszahl sogar bei mehr als 30 Millionen liegen.

Durch die Schaffung des »Nationalpark Schwarzwald« werden die Übernachtungen wohl auch weiterhin steigen, da vor allem ausländische Touristen nun endlich einen exakten Anlaufpunkt haben, wenn sie den berühmten »Black Forrest« besuchen wollen. Die Zahlen zeigen, wie wichtig der Tourismus für unsere Region ist und auch bleiben wird.

Und für den Tourismus ist wiederrum das Wetter enorm wichtig, womit wir auch schon beim Klimawandel und seinen Auswirkungen sind. Tourismusbetriebe sind vom Wetter abhängig, vielleicht abgesehen vom Europa-Park, der genügend Angebote für jedes Wetter hat und somit den Klimawandel nicht zu fürchten muss. Aber in der »realen Welt« sieht es nun mal anders aus, schließlich wandert niemand gerne im Regen, liebt es im Nebel Fahrrad zu fahren oder badet bevorzugt bei Kälte. Das alles wird glücklicherweise auch nicht notwendig sein, denn für die Schönwetteraktivitäten im Sommer sieht es eigentlich sehr gut aus.

»Manche Winter werden grün bleiben, andere werden viel Schnee bringen.

Anders als beim Wintersport, denn dem Skitourismus stehen magere Zeiten bevor. Wobei es nicht so ist, dass es durch den Klimawandel gar keinen Schnee mehr geben wird. »Es wird sicherlich immer Winter geben, in denen auch mal wieder viel Schnee fallen wird.

Nur wird die Verlässlichkeit des Schneefalls, und das ist ja eben das wichtige für Liftbetreiber und sonstige auf den Wintersport angewiesene Branchen, noch weiter abnehmen«, sagte Wulf Westermann, Projektleiter des vom Bundesumweltministerium geförderten Klimaanpassungsprojektes »AKKlima-Oberrhein«, vergangenes Jahr in einem Interview mit der Mittelbadischen Presse. »Manche Winter werden grün bleiben, andere werden dennoch viel Schnee bringen. Die Frequenz der schneereichen Winter wird aber wahrscheinlich abnehmen.«

Klimatologen gehen nach Berechnungen der Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) für die kommenden Winter davon aus, dass die Westwetterlagen mit ihren wärmeren und feuchteren Luftmassen zunehmen, während die arktischen Kälteschocks zurückgehen. Für die Jahre 2041 bis 2050 rechnen die Forscher deshalb mit 25 bis 44 Prozent weniger Schneetagen für die Gipfellagen des Schwarzwalds als noch in den Jahren 1994 bis 2003, in den Höhenlagen zwischen 500 und 1000 Metern sogar mit einem Rückgang von bis zu 65 Prozent. Für die tiefer gelegenen Lift- und Loipenanlagen steigt das Risiko unwirtschaftlich zu werden dadurch immens.

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Herausforderung: Wintersportangebote müssen angepasst werden

Wenn die Tourismusbranche im Winter also weiterhin genügend Touristen anlocken möchte, um genügend Betten belegen zu können, steht sie vor der Herausforderung, die Wintersportangebote anzupassen und darüber hinaus auch neue Reiseanlässe und Urlaubsaktivitäten zu präsentieren. Die Ausrichtung des touristischen Angebots auf ganzjährige und wetterunabhängige Aktivitäten ist ein Möglichkeit, die auch schon wahrgenommen wird, zum Beispiel mit immer mehr Wellness-Angeboten in Hotels oder auch durch das Hallenbad »Badeparadies Schwarzwald« in Titisee.

Erfreulicher als der Blick auf die zuküpftigen Winter sind wie schon erwähnt die Aussichten für den Sommertourismus in der Region. Die Zahl der warmen Sommertage wird laut Forschern zunehmen, sodass die Sommersaison früher beginnen und später enden kann. Das Forschungsvorhaben »Klimawandel – Auswirkungen, Risiken, Anpassung« (KLARA) hat für die Wandertage im Schwarzwald die tägliche Höchsttemperatur, die Luftfeuchtigkeit und die täglichse Sonnenscheindauer untersucht. Laut den Ergebnissen können die Wandertouristen der Zukunft in den Jahren 2026 bis 20505 wahrscheinlich mit einer weiteren Erhöhung der Sonnenscheindauer im Frühjahr und Sommer rechnen, zudem wird es insgesamt trockener und wärmer.

Wanderer werden im Schwarzwald also vom Klimawandel profitieren und mit ihr der Tourismus, denn je länger die Sonne scheint und je weniger Regen fällt, desto mehr Wanderer schnüren sich ihre Schuhe, sind im Schwarzwald unterwegs, kehren zur Brotzeit in den Wirtschaften ein und übernachten in den Hotels. Davon werden natürlich auch die Radtouristen profitieren, und von denen gibt es immer mehr in der Region. Der Schwarzwald ist ein über die Grenzen bekanntes Mountainbike-Gebiet, für die auch immer mehr Wegenetze  speziell ausgeschildert werden. Und in der Rheinebene kann man als Genussradler seinen Spaß haben und zählt wohl auch zu den Stadt- und Kulturtouristen, von denen es laut LUBW immer mehr gibt und geben wird.

Negative auch für den Sommertourismus

Das klingt für den Sommertourismus alles sehr positiv, aber auch hier hält der Klimawandel negative Aspekte bereit. Denn gleich nach warm kommt heiß, und Hitze ist für den Tourismus – vor allem für den Aktiv-Tourismus – auch nicht wirklich von Vorteil.  So schön es für Touristen und einheimische auch ist, bis in die Nacht hinein bei angenehmen Temperaturen in T-Shirt und kurzen Hosen mit einem Glas Wein aus der Region draußen zu sitzen, so anstrengend sind andauernde hohe Temperaturen tagsüber.

Die gesundheitliche Belastung steigt,  insbesondere wenn es über eine längere Periode deutlich zu heiß ist, wenn das Thermometer also mehrere Tage hintereinander über 30 Grad anzeigt. Solche Phasen gab es in den vergangenen Jahren im Sommer immer öfter – und es werden noch mehr werden.

Hintergrund

Lobgesang auf den Schwarzwald

Arbeitsplätze

Mit über 50 Millionen Übernachtungen in Baden-Württemberg ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für das Land. Laut dem Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft erwirtschaftet die Branche mit etwa 280 000 tourismusabhängigen Arbeitsplätzen jährlich einen Nettogesamtumsatz von 22,4 Milliarden Euro und eine Wertschöpfung von 7,5 Milliarden Euro. Um diese Zahlen zu halten oder sogar noch auszubauen muss der Tourismus auf den Klimawandel reagieren, um die Chancen zu nutzen. Im Sommer wird die Region touristisch noch interessanter werden, da der Mittelmeerraum sehr heiß wird und der kühlere Schwarzwald dadurch an Attraktivität gewinnt. 

Wandern im Schwarzwald

Kreuz und quer pflegen die Mitglieder des Schwarzwaldvereins in der Region fast 24 000 Kilometer ausgeschilderte Wanderwege. Der berühmteste dürfte der Westweg sein, der von Pforzheim nach Lörrach auf 285 Kilometern über die Höhen des Schwarzwalds führt. Aber auch Halbtagstouren oder ganztägige Wanderungen sind jederzeit und überall möglich. Zum Beispiel bieten Premiumwege und Genießerpfade überall im Schwarzwald Ruhe, Ausblicke und Naturerlebnisse, was sowohl einheimische als auch auswärtige Touristen fast das ganze Jahr über anlockt.
www.schwarzwald-tourismus.info/entdecken/Wandern

 

Erhardt im Schwarzwald

Schon Heinz Erhardt hat 1960 in seinem Film »Der letzte Fußgänger« als Gottlieb Sänger mit der jungen Christine Kaufmann als Kiki an seiner Seite feststellen können, wie schön der Schwarzwald ist und welch vielfältige Möglichkeiten  für den Tourismus er bereithält. Vielleicht hatte er damals ja auch die Ideen zu seinen Gedichten »Das Reh« und »Der Specht«: 

Das Reh springt hoch, das Reh springt weit. Warum auch nicht – es hat ja Zeit!

Auf einem Baume saß ein Specht. Der Baum war hoch. Dem Specht war schlecht.
 

Liftanlagen

Was das alpine Skilaufen und Snowboarden betrifft, kann sich der Schwarzwald natürlich nicht mit den Alpen messen. Es gibt aber viele lokale Skilifte, vor allem im nördlichen Schwarzwald entlang der Schwarzwaldhochstraße zwischen Baden-Baden und Freudenstadt, und auch zusammenhängende Skigebiete mit Pisten aller Schwierigkeitsgrade bis zur Weltcup- Abfahrt im südlichen Schwarzwald. Vor allem die Lifte entlang der Schwarzwaldhochstraße, wie beispielsweise Mehliskopf, Seibelseckle und Ruhestein, die alle in einer Höhe von um die 1000 Metern liegen, werden durch den Klimawandel immer weniger Schneetage zu vermelden haben. fi

Info

Alle Folgen der Klimaserie im Überblick

Teil 1: Übersicht über die globale Entwicklung und die Auswirkungen auf Baden-Württemberg.

Teil 2: Auswirkungen des Klimawandels und des damit verbundenen Gesundheitsrisiken auf die Menschen in der Region.

Teil 3: Auswirkungen des Klimawandels auf die Wassersituation und damit verbundene Probleme in der Region.

Teil 4: Auswirkungen des Klimawandels auf die Beschaffenheit und die Ertragfähigkeit der Böden in der Region.

Teil 5: Auswirkungen des Klimawandels auf die Arbeit in der Landwirtschaft in der Region.

Teil 6: Auswirkungen des Klimawandels auf die Forstwirtschaft und die Arbeit im Wald in der Region.

Teil 7: Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur und den Artenschutz in der Region.

Teil 8: Auswirkungen des Klimawandels auf den Sommer und Wintertourismus in der Region.

Teil 9: Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft und die Arbeitsverhältnisse in der Region.

Teil 10: Interview mit einem Klimaexperten, wie es aufgrund des Klimawandels 2050 in der Region aussehen könnte.

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