Die Kunden bringen eigene Gefäße mit

»Unverpackt«-Laden in Karlsruhe: Einkauf ohne Verpackungsmüll

Steve Przybilla
Lesezeit 3 Minuten
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12. Mai 2016
Kundin Carmen Umbach im Karlsruher »Unverpackt«-Laden: Die 42-Jährige versucht, nach dem Prinzip »Zero Waste« (null Abfall) zu leben.

Kundin Carmen Umbach im Karlsruher »Unverpackt«-Laden: Die 42-Jährige versucht, nach dem Prinzip »Zero Waste« (null Abfall) zu leben. ©Steve Przybilla

In Karlsruhe hat am Donnerstag das landesweit dritte Geschäft eröffnet, das Produkte ohne Verpackung verkauft. Der »Unverpackt«-Laden will dazu beitragen, unnötigen Abfall zu vermeiden. Am Eröffnungstag war der Andrang groß.
 

Am Müsli-Spender klebt ein handgeschriebenes Preisschild, die Bedienung der Waage fällt den Mitarbeitern noch schwer: In Karlsruhes erstem Unverpackt-Laden, Bahnhofplatz 8 am Hauptbahnhof, muss sich der Betrieb am Tag der Eröffnung erst einspielen. Trotzdem ist die Resonanz beachtlich. Schon um kurz nach sieben Uhr kommen die ersten Kunden. Weil sie anders einkaufen wollen: nachhaltig, ökologisch, und am liebsten komplett ohne Verpackungsmüll.

Anderthalb Jahre hat Inhaberin Antonia Wucknitz (42) an ihrem Projekt gefeilt, hat existierende Unverpackt-Läden in ganz Deutschland besucht. »Ich habe mich oft darüber geärgert, dass im Supermarkt jedes Produkt in Plastik eingewickelt ist«, sagt die gelernte Groß- und Außenhandelskauffrau. Obst und Gemüse könne man auf dem Wochenmarkt lose mitnehmen. »Aber der Rest? Da wird’s schwierig.«
Für Wucknitz lag die Lösung auf der Hand: ein eigenes Geschäft. »Ich habe keinerlei Vorkenntnisse in diesem Bereich«, sagt sie offen, »aber ich glaube, dass der Bedarf wirklich groß sein wird.« Tatsächlich existieren in Baden-Württemberg erst zwei vergleichbare Geschäfte.

Der Karlsruher »Unver-packt«-Laden sieht von innen aus wie ein Frühstücksbuffet mit Müsli-Spendern, Karaffen und Einmachgläsern. 450 Produkte stehen zur Auswahl, darunter Trockenfrüchte, Eier, Öl, Essig, Reinigungsmittel, Gemüse oder Schokolade. Bevor Kunden ihre mitgebrachten Gefäße befüllen, müssen sie sie wiegen. An der Kasse wird das Gewicht wieder abgezogen.  Für Kunden, die keine eigene Verpackung mitbringen, liegen Stoffbeutel, Gläser und Papiertüten bereit.

Ausgewaschene Joghurtgläser statt Tüten

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»Man muss sich erst ein bisschen orientieren, aber es macht Spaß«, sagt Ann-Kathrin Brill (23), eine der ersten Kundinnen. Die Studentin hat ausgewaschene Joghurtgläser mitgebracht, um sie mit Kichererbsen, Chia-Samen und Müslikörnern zu befüllen. »Das Gute ist, dass man nicht verpflichtet ist, eine bestimmte Menge zu kaufen«, sagt Brill.

Dass die Kunden – zumindest bei der Eröffnung – so zahlreich in den Laden strömen, hätte die Inhaberin selbst kaum erwartet. Sie hat ihre fünf Mitarbeiter zunächst in Teilzeit eingestellt.

Weil im »Unverpackt«-Laden nach Gewicht bezahlt wird, fällt es Ungeübten zunächst schwer, die Preise mit denen aus dem »normalen« Supermarkt zu vergleichen. Ein Beispiel: 100 Gramm Roggenflocken kosten 40 Cent; 100 Gramm Haferflocken 14 Cent. »Wir liegen preislich irgendwo zwischen Supermarkt und Bioladen«, sagt Wucknitz, die biologische und konventionelle Produkte führt. Auch die Lieferanten könnten dank des Unverpackt-Konzeptes sparen: »Sie müssen ja selbst kein Geld für Verpackungen ausgeben.«

Hygienische Bedenken habe bisher niemand geäußert, beteuert die Inhaberin. »Das Gesundheitsamt hat die Sache ganz entspannt gesehen. Eine Voraussetzung war, dass alle unsere Oberflächen abwaschbar sein müssen.« 

Die nächste Kundin heißt Carmen Umbach. Die 42-Jährige erzählt, sie versuche nach dem Prinzip »Zero Waste« (null Abfall) zu leben. Im Unverpackt-Laden hat sie einen ganzen Weidekorb gefüllt – mit Allzweck-Reiniger, Spülmittel, Müsli, Mehl, Sonnenblumenkernen, Haarseife und Zahnpasta-Tabletten. »Die lösen sich im Mund auf und können deshalb ins Glas abgefüllt werden«, erklärt Umbach. Ihr Fazit: »Eine gute Idee, und man kann sogar direkt vor dem Laden parken.«

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