Kongress in Boppard
Dossier: 

»Fakten aus der Lärmhölle«

Andreas Richter
Lesezeit 3 Minuten
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23. November 2013

Ein Güterzug in Südbaden. ©Ulrich Marx

Der zweite internationale Bahnlärmkongress in Boppard hat die Dringlichkeit von Lärmschutz an hochbelasteten Bahnlien unterstrichen.

Zum zweiten Mal nach 2010 hatten die Bahnbürgerinitiativen Pro Rheintal und IG Bohr jetzt zu der Veranstaltung – »Silent Europe Rail«-Symposium – mit zahlreichen technischen Fachvorträgen an den Mittelrhein geladen. »Sie sind alle hier«, sagte der Offenburger Landtagsabgeordnete Thomas Marwein (Grüne) in seinem Grußwort, »weil Sie wissen, dass Lärm krank macht.«
Die Mediziner  Eberhard Greiser (Musweiler, Österreich) und Thomas Münzel (Mainz) unterstrichen die gesundheitsschädigenden Auswirkungen von Lärm. Insbesondere nächtliche Dauerschallpegel können nach den Ausführungen der habilitierten Ärzte zu Schlafstörungen führen, die   Herz-Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck und Depression auslösen können. »Auch wenn Sie durchschlafen, wird ihr Körper reagieren«, sagte Münzel. Erwiesen sei etwa, dass nächtlicher Fluglärm zu Gefäßschädigungen führe.
Die Sprecher der Bahnbürgerinitiativen, Frank Gross (Pro Rheintal) und Roland Diehl (IG Bohr), untermalten mit »Fakten aus der Lärmhölle« (Gross) die Notwendigkeit eines verbesserten Lärmschutzes an Bahnstrecken. Vor allem im Weltkulturerbe Mittelrheintal seien die Anrainer hochbelastet. Die gesetzlichen Grenzwerte seien, auch dank des sogenannten Schienenbonus, viel zu hoch. Zudem würden sie oft überschritten. Wie es hieß, würden Schallpegel von über 100 dB(A) gemessen.
»Wir haben einen dringenden gesetzlichen Regulierungsbedarf«, sagte Gross, das derzeitige Immissionschutzgesetz sei »wirkungslos«. Roland Diehl nannte den Schienenbonus einen »Sündenfall«, der jahrzehntelang Investitionen in Lärmschutz verhindert habe. »Alles ist in den letzten 30 Jahren leiser geworden«, nur die Bahn nicht. Diehl betonte: »Nur eine leise Bahn ist eine wettbewerbsfähige Bahn.«
Die jetzt angestoßene große Rheintalstudie soll nach den Vorstellungen der Bürgerinitiativen die Grundlage für weiteres Vorgehen gegen die Bahnlärmverursacher liefern. Wenn die Untersuchung bestätige, dass Bahnlärm krank mache, könne dies zu »Schadenersatz in Millionen- oder gar Milliardenhöhe führen«, sagte Gross.
Der Epidemiologe Greiser verwies darauf, dass es zwar gesetzliche Regelungen zur allgemeinen Nachtruhe (22 bis 6 Uhr) oder zum Flugverbot am Frankfurter Flughafen (23 bis 5 Uhr) gebe, für die Bahn aber sei nichts geregelt. In der angestrebten Studie seien ähnliche Resultate wie bei der Fluglärmstudie am Köln-Bonner-Flughafen zu erwarten, weil beide Geräuschquellen vergleichbar seinen: In die Stille brächen plötzlich die Geräusche der Züge.
Gross forderte schon mal präventiv ein Nachtfahrverbot für Güterzüge im Mittelrheintal. Auch EU-Verkehrskommissar Siim Kallas habe erklärt, dass Fahrbeschränkungen und Tempolimits mit EU-Recht durchaus konform seien.
In den Fachvorträgen von deutschen und internationalen Firmen wurde eine Vielzahl technischer Innovationen zum Lärmschutz vorgestellt. Diese Neuerungen, so zeigte sich mehrfach, wären zwar in der Lage, Bahnverkehre leiser zu machen, doch gibt es dafür kaum eine Nachfrage. Weil: zu teuer und gesetzlich nicht vorgeschrieben.

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