Freiburg

Freiburger fährt Deutschlands erstes Pilgertaxi

Steve Przybilla
Lesezeit 4 Minuten
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28. März 2017
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Eine Bibel auf dem Armaturenbrett oder ein Kreuz am Rückspiegel: Taxifahrer Christian Dieckmann nutzt seinen Glauben auch geschäftlich.

(Bild 1/2) Eine Bibel auf dem Armaturenbrett oder ein Kreuz am Rückspiegel: Taxifahrer Christian Dieckmann nutzt seinen Glauben auch geschäftlich. ©Steve Przybilla

Bibel, Kreuz, Maria: Der bekennende Katholik Christian Dieckmann steuert Deutschlands erstes Pilgertaxi. Doch nicht alle Fahrgäste mögen seine erzkonservativen Ansichten.

Vom Rosenkranz ist am Rückspiegel nichts mehr zu sehen. »Der baumelte immer so sehr«, sagt Christian Dieckmann und schaut etwas verlegen. Macht aber nichts, denn der Mercedes des 53-jährigen Taxifahrers sieht immer noch aus wie ein rollender Schrein. Bibel, Kreuz, Maria-Bilder – in Deutschlands erstem Pilgertaxi ist die Religion immer an Bord.

Eigentlich ist Dieckmann ein ganz normaler Taxifahrer. Mit Janker und Schal wartet er am Freiburger Hauptbahnhof auf Kunden. Doch Dieckmann ist noch etwas anderes, und zwar mit Leib und Seele: Katholik. Als Kind wurde er christlich erzogen, später hat er eine Zeit lang im Kloster gelebt. Noch heute verbringt er jeden Tag etwa eine Stunde mit Beten. Sein Glaube gehört für ihn zum Leben dazu, und das zeigt er auch bei der Arbeit.

Frömmigkeit genutzt

Dass Jesus als Bild über dem Handschuhfach klebt, hat aber nicht nur spirituelle Gründe. Als selbstständiger Taxifahrer nutzt Dieckmann seine Frömmigkeit auch geschäftlich. »Für mich zählt das Wort Gottes«, sagt der Katholik mit leiser, fester Stimme. Umso mehr freut er sich, wenn er Gleichgesinnte zu entlegenen Pilgerorten fahren kann. »Um finanziell zu überleben, brauche ich lange Fahrten.« Daher die Idee mit dem Pilgertaxi. Was eine Pilgerfahrt kostet, lässt sich pauschal nicht sagen. Auf seiner Homepage empfiehlt er die Strecke Freiburg, Koblenz-Vallendar, Paris, Lisieux, Lourdes, Santiago de Compostela (und zurück). 

Gefahren ist er eine solch große Tour bislang nicht, aber das Geschäft stehe ja auch erst am Anfang. »Wallfahrtsorte haben mich schon immer begeistert«, sagt der 53-Jährige. In seiner Freizeit fahre er regelmäßig nach Altötting und Medjugorje (Bosnien), um dort zu beten. Nicht verwunderlich also, welche Musik im Pilgertaxi läuft: Ave Maria. »Ich stelle aber auch gerne um. Schließlich habe ich Kunden aus allen Schichten.«

Wenn Dieckmann von seiner Religion erzählt, glänzen seine Augen. Er spricht dann hastig, geradezu euphorisch. Er habe schon viele Politiker, Prominente und Würdenträger gefahren, zum Beispiel Jogi Löw oder den früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker. Aber am liebsten würde er einmal den Gesundheitsminister kutschieren – um über die heilende Kraft des Glaubens zu diskutieren. 

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Fahrgast sofort ausgestiegen

Bei den Kunden rufen solche Aussagen ganz unterschiedliche Reaktionen hervor. Manche wollen mit Religion nichts am Hut haben, andere suchen das Gespräch. Der Freiburger Krankenpfleger Mehari Weldai, 52, ist schon mehrfach mitgefahren. »Ich glaube schon immer fest an Gott, aber nach der Fahrt fühle ich mich gesegnet«, sagt  Weldai. Einmal habe ihn Dieckmann sogar kostenlos mitgenommen. »Er macht viele fromme Sachen.« Auch mit Fahrgästen anderer Religionen habe er kein Problem, betont Dieckmann. Die meisten muslimische Fahrgäste wüssten seine Religiosität zu schätzen: »Viele können es gar nicht glauben, dass jemand in Deutschland so gläubig ist.« 

Doch es gibt auch Erlebnisse, die zeigen, dass der Taxifahrer nicht nur fromm, sondern erzkonservativ ist.  Einmal, sagt Dieckmann, habe er einen schwulen Mann mitgenommen. »Er hat mich direkt gefragt, was ich von Homosexualität halte. Da habe ich ihm ehrlich geantwortet, dass es eine Krankheit ist, die man heilen kann.« Der Fahrgast sei daraufhin sofort ausgestiegen.

Im Pilgertaxi wolle er niemanden missionieren, beteuert der Chauffeur. »Wenn ich gefragt werde, dann antworte ich aber auch« – wenngleich seine Meinung zu Homosexualität auch vielen Katholiken zu radikal erscheinen dürfte. Finanzielle Unterstützung durch die Kirche erhält Dieckmann nach eigenen Angaben nicht. »Aber natürlich fahre ich hin und wieder einen Pfarrer.«

Pilgertaxi geblitzt

Die Erzdiözese Freiburg arbeitet mit Dieckmann nicht zusammen. »Uns ist lediglich die Existenz des Pilgertaxi-Angebots bekannt«, sagt Sprecherin Lisa Maria Plesker. »Stattdessen bieten wir eigene Pilgerreisen an.« Zu den kontroversen Ansichten des Taxifahrers möchte sie sich nicht äußern. 

Bleibt nur noch eine Frage: Wie hält es der fromme Taxifahrer eigentlich selbst mit der Sünde? Dieckmann überlegt kurz. Dann sagt er: »Das entscheidet der liebe Gott.« Vielleicht aber auch der Blitzer: Das Pilgertaxi, sagt Dieckmann, sei kürzlich genau 21 Kilometer pro Stunde zu schnell gefahren. »Deswegen muss ich gleich noch zum Anwalt.« Richtig Sorgen mache er sich wegen solcher Dinge aber nie: »Ich bin beschützt – vom Himmel.«

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