Fuchs und Marder vor der Haustür
Gärten und Straßen statt Wald und Wiese – immer mehr Wildtiere zieht es in die Nähe des Menschen. Sie haben Städte als neuen Lebensraum entdeckt. Welche Folgen das hat und welche Maßnahmen getroffen werden müssen, um am besten mit der Situation umzugehen, das erforscht der Arbeitsbereich Wildtierökologie und Wildtiermanagement der Universität Freiburg.
Füchse im Garten, Wildkaninchen im Park und Steinmarder auf dem Dachboden: Wildtiere haben längst die Vorteile entdeckt, die ein Leben in von Menschen bewohnten Gebieten mit sich bringt. In Städten finden sie reichlich Nahrung, ausreichend Deckung sowie Rückzugsmöglichkeiten, und das Klima ist milder. Doch wie mit den wilden, tierischen Nachbarn umgehen? Was muss getan werden, damit das Nebeneinanderleben von Menschen und Wildtieren im Siedlungsraum klappt? Mit diesen Fragen beschäftigt sich Geva Peerenboom, Wissenschaftliche Mitarbeiterin des Arbeitsbereichs Wildtierökologie und Wildtiermanagement der Albert-Ludwig-Universität Freiburg.
»Damit wir Lösungswege für das Land Baden-Württemberg aufzeigen können, mussten wir zunächst eine Bestandsaufnahme machen. Wir untersuchten, welche Wildtierarten in den Siedlungen Baden-Württembergs vorkommen und welche Auswirkungen, positive wie negative, das auf den Menschen hat. Bei den Arten haben wir uns auf jene konzentriert, die auch im Jagdgesetz stehen«, sagt Peerenboom.
In den vergangenen Jahren hat die Zahl der Wildtiere im Siedlungsraum zugenommen. Auch immer mehr Arten lassen sich in der Nähe des Menschen nieder. So wird sich nach Einschätzung der Diplom-Forstwirtin der Waschbär in Deutschland weiter ausbreiten. Östlich von Stuttgart ist der Vertreter aus der Familie der Kleinbären bereits heimisch.
Viel größere Tiere, nämlich Wildschweine, sorgen in Baden-Baden und Mannheim für erhebliche Schäden in Gärten und im Straßenverkehr, so ein Ergebnis aus Peerenbooms Forschung. Füchse, die in bewohnten Gebieten sehr verbreitet sind, verursachen hingegen selten Sachschäden. »Bei ihnen ist die Bevölkerung eher wegen der Übertragung von Krankheiten besorgt. Wegen Tollwut muss sich dank Impfködern niemand mehr vor einem Fuchs fürchten«, erklärt Peerenboom. Der Fuchsbandwurm hingegen ist ein Thema – die Übertragungsrate auf den Menschen sei jedoch sehr gering.
Der von vielen Autofahrern gefürchtete Steinmarder wiederum macht gerne Dachstühle zu seinem neuen Zuhause. Leise geht es bei der Aufzucht ihrer Jungen nicht zu. Auch können die Tiere Schäden verursachen, beispielsweise an der Dämmung. Wer das verhindern will, sollte darauf achten, dass der Dachstuhl für Marder unzugänglich ist beziehungsweise gemacht wird.
»In Baden-Württemberg ist noch nicht geregelt, wer zuständig ist, wenn es zu Problemen mit Wildtieren kommt«, erklärt Peerenboom. Das soll sich durch ihre Forschung ändern. Verwaltung und Land sollen Anlaufstellen schaffen, an die sich die Menschen wenden können, wenn beispielsweise eine Gruppe Wildschweine im Garten steht. Berlin ist da schon weiter. In der Hauptstadt wurde ein Wildtiertelefon eingerichtet. Auch aus Gründen des Tierschutzes sei es wichtig, dass die Bevölkerung aufgeklärt werde und sich an jemanden wenden könne, der im Umgang mit Wildtieren ausgebildet sei, betont die Doktorandin. »Methoden wie auf eigene Faust Fallen aufzustellen, Gift auszulegen oder die Tiere auf eine andere Weise zu töten, gehen gar nicht«, stellt Peerenboom klar.
Für sie hat es keinen Sinn, Tiere zu fangen oder zu töten, wenn die Gründe für das Auftauchen der Tiere nicht beseitigt werden. Und die sind oft vom Menschen gemacht (siehe Hintergrund), ebenso wie die Gründe, die manche Wildtierarten dazu bringen, sich im Siedlungsraum niederzulassen. Wildkaninchen beispielsweise, die aufgrund intensiver landwirtschaftlicher Nutzung auf weiter Flur weniger Futter finden. Eine Geburtenkontrolle, wie sie bei Zootieren erfolgt, ist bei den meisten Wildtieren natürlich nicht möglich, völlig ausgeschlossen ist diese Maßnahme aber nicht, wie Peerenboom an einem Beispiel erklärt: »An Gewässern und in Parkanlagen haben sich Wildgänse stark vermehrt, was wegen des Drecks für Seen und Teiche nicht gut ist. In München gehen fachkundige Personen deshalb an die Gelege und bohren Löcher in einen Teil der Eier, damit nicht mehr so viele Küken schlüpfen«, sagt Peerenboom.
Welche Änderungen es in Baden-Württemberg braucht und wie sie erreicht werden können, dazu wird es im Herbst Expertenworkshops geben. Vorgesehen sind zwei Workshops in jedem Regierungsbezirk. »Vertreter der Gemeinden, der Jagd und aus dem Tierschutz werden Pläne erarbeiten«, so Peerenboom.
Nicht füttern!
Diplom-Forstwirtin Geva Peerenboom von der Universität Freiburg rät davon ab, Wildtiere zu füttern. »Die Tiere verlieren dadurch schnell ihre Scheu vor dem Menschen und gewöhnen sich an die Fütterung«, sagt sie. Auch Komposthaufen sollten so angelegt werden, dass Wildtiere nicht rankommen.